ABENDMAHL nennen wir das Mahl, das Jesus vor seinem Leiden und Sterben mit seinen Jüngern (und vermutlich auch Jüngerinnen) gehalten hat. Besonders evangelische Christen (siehe christliche Konfessionen) verwenden diesen Begriff auch heute für die Erinnerungsfeier an dieses Mahl. Doch hat auch diese Feier zumeist genauso wenig etwas mit einem wirklichen Mahl und damit mit dem zu tun, um was es vermutlich Jesus ging, wie die entsprechende Kommunion- oder Eucharistiefeier bei katholischen Christen. Zunächst einmal: Es gibt heute durchaus ernst zu nehmende Erkenntnisse (ich erinnere mich an ein Referat eines Aachener Theologen), nach denen dieses Mahl überhaupt nicht stattgefunden hat, und wenn, dann auf alle Fälle ohne die uns bekannten Einsetzungsworte, nach denen Jesus dabei das Brot und den Wein in sein Fleisch und Blut verwandelte und seinen Jüngern zur Speise und zum Trank gab. Für diese These spricht etwa: - Das "Essen" vom Fleisch eines Gottes und mehr noch das Trinken von Blut gehören in der Antike zu durchaus üblichen jedoch typisch heidnischen, also nichtjüdischen Kulten. Den Juden wäre so etwas unvorstellbar und geradezu ein Greuel gewesen. Es ist also zu vermuten, daß der Bericht von den Einsetzungsworten und vom anschließenden gemeinsamen Essen und Trinken für die Heidenchristen geschrieben wurde, die solches "Gott essen" kannten und die "so etwas" von einer "vernünftigen Religion" einfach erwarteten. - Beim ersten
"nachösterlichen" Abendmahl, nämlich dem zusammen
mit den Jüngern in Emmaus (Lukas 24, 13f), segnet
Jesus zwar das Brot und den Wein, jedoch ist keine
Rede von irgendwelchen Verwandlungsworten, ebenso
auch nicht im Kapitel 21 des Johannesevangeliums, wo
es auch einen Bericht gibt, daß der "nachösterliche"
Jesus seinen Jüngern etwas zu essen gibt, diesmal
allerdings Brot und Fisch. Auch kannte die
Jerusalemgemeinde, die noch am besten das Gedenken
an Jesus gepflegt haben dürfte, nur das Brotbrechen,
während Paulus (s. nächster Punkt) so nach und nach
alle sonstigen Gemeinden, auch in der ganzen damals
bekannten Welt, überzeugt haben dürfte, das
Abendmahl in seinem Sinn zu begehen. -
Als die Kirche und das Neue Tetament entstanden, war
der Mithraskult
weit verbreitet und sehr beliebt. Bei ihm gab es
genau eine solche Abendmahl-Kultfeier mit Brot und
Wein. Bei der Konstruktion des christlichen
Glaubens, wie wir ihn kennen, dürfte also die
Abendmahl-Kultfeier vom Mithraskult geschickt
übernommen worden sein. Wie könnte nun
ein Mahl aussehen, das dem entspricht, was Jesus
wollte? Unsere Messe als Vorbild? Selbst wenn ich
hin und wieder tatsächlich gern in eine Messe -
zumindest wenn mit klassischer Musik - gehe und auch
Freunde aus aller Welt und mit den
unterschiedlichsten Religionen mitnehme, so bin ich
mir doch sehr sicher, daß solche Messen nicht im
Sinne Jesu sind: Bürgerlich-braves Sitzen und Stehen
und Knien und Zuhören und Ergriffen-Sein und gegen
Ende dieses Empfangen des verwandelten Brotes und
bisweilen des Nippens an einem Kelch, das ist es
gewiß nicht, selbst wenn das alles noch so heilig
und durch lange Traditionen
als wahr zementiert ist! Der Talmudphilologe Hyam Maccoby (engl-jüd., 1924 - 2004) hat in seinem Buch über Paulus "Der Mythenschmied") hervorragend recherchiert, dass das Abendmahl, bei dem Jesus Brot und Wein in sein Fleisch und Blut verwandelt, eine Erfindung des Paulus ist. Hier der Schlussabsatz (S. 128) zum entsprechenden Kapitel in dem Buch:
Ob wir nicht also einmal bei den Konzepten für eine sinnvolle Feier heute auf die sonstigen Speisungen zurückgreifen, die von Jesus berichtet werden? Irgendetwas wird dabei ja vermutlich historisch, also wirklich geschehen sein. Wenn sich auch hinter den
"wunderbaren Brotvermehrungen" aus dem Neuen
Testament, die hier infrage kommen, vermutlich
sogenannte "metaphysische Wunder"
verbergen, doch dürfte es auch nicht so falsch sein,
wenn wir sie als Idee für das Konzept unseres
Gottesdienstes als "soziale Wunder"
sehen. Das heißt, daß die Menschen, die damals zu
Jesus in die Wüste strömten, durchaus ihr "Picknick"
dabei hatten, wenigstens die meisten, dach daß sie
erst durch die Predigt Jesu bereit waren, das alles
auch mit anderen zu teilen. Ein Internetfreund
schrieb mir hierzu seine Version: Die Menschen, die mit Jesus in die Wüste gingen und Frau, Kind und Kegel dabei hatten, waren nicht so dumm, kein Essen mitzunehmen. Nur zeigten sie es nicht, sondern hielten es unter ihren weiten Gewändern verborgen - aus Furcht vor Dieben, und um es nicht teilen zu müssen. Zum Glück konnte einer über seinen Schatten springen und gab etwas von seinem Essen her. Jesus fing an, es an die Jünger auszuteilen (nicht einmal an die Leute), und startete damit die Kettenreaktion, dass alle nun ihr mitgebrachtes Essen mit anderen teilten. Sein Anfangen hatte ihnen die Angst davor genommen. Wäre es denn wirklich ein größeres Wunder gewesen, wenn er die Brote herbeigezaubert hätte? Was wäre, wenn wir unsere Gottesdienste in diesem Sinn gestalteten? Sehen wir uns also so ein "Mahl in der Wüste" im Markusevangelium, Kapitel 14, einmal an:
30 Und die Apostel versammeln
sich zu Jesus; und sie berichteten ihm alles,
was sie getan und was sie gelehrt hatten. 31 Und
er sprach zu ihnen: Kommt, ihr selbst allein, an
einen öden Ort und ruht ein wenig aus! Denn
derer, die kamen und gingen, waren viele, und
sie fanden nicht einmal Zeit, um zu essen. 32
Und sie fuhren in einem Schiff allein an einen
öden Ort; 33 und viele sahen sie wegfahren und
erkannten sie und liefen zu Fuß von allen
Städten dorthin zusammen und kamen ihnen zuvor.
34 Und als Jesus aus [dem Schiff] trat, sah er
eine große Volksmenge und wurde innerlich bewegt
über sie; denn sie waren wie Schafe, die keinen
Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu
lehren. 35 Und als es schon spät am Tag war,
traten seine Jünger zu ihm und sagen: Der Ort
ist öde, und es ist schon spät am Tag; 36 entlaß
sie, damit sie auf die umliegenden Höfe und in
die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen!
37 Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt
ihr ihnen zu essen! Und sie sagen zu ihm: Sollen
wir hingehen und für zweihundert Denare Brot
kaufen und ihnen zu essen geben? 38 Er aber
spricht zu ihnen: Wieviel Brote habt ihr? Geht
hin, seht nach! Und als sie es festgestellt
hatten, sagen sie: Fünf, und zwei Fische. Wäre das nicht ein schönes Modell für ein heutiges "Abendmahl"? Als ich vor ein paar Jahren einmal bei einer Erstkommunionfeier eingeladen war, da überlegte ich mir, wie diese Feier wohl eher gestaltet werden könnte, daß die Teilnehmer (die ja oft lange nicht mehr zu einem Gottesdienst waren, wenn überhaupt) wirklich etwas davon hätten und daß sie gleichzeitig auch im Sinne Jesu gewesen wäre. Könnte man nicht das anschließende "Brunch" bei meinen Freunden mit dem Festgottesdienst verbinden? Was wäre also, wenn es nach dem Gottesdienst nicht mehr einzelne Feiern in den Familien gäbe, sondern wenn alle Einzelgruppen ihr Essen - warmes oder kaltes Büfett - in dem Gemeindesaal (oder in der umgeräumten Kirche) aufbauten und wenn dann alle betroffenen Familien mit ihren Gästen gemeinsam äßen und sich dabei locker unterhielten. Und ich bin mir sicher, daß dabei das Gespräch durchaus auch auf die Idee eines solchen Gemeinschaftsessens und überhaupt auf das ethische Konzept der Erstkommunion im Hinblick auf das Glück der Kinder überhaupt käme. Natürlich wären einige wenige Worte des Pfarrers wichtig, doch viel ist ja nicht mehr zu sagen, da die Gemeinde aus der Vorbereitung der Kinder ohnehin weiß, um was es geht. Als ich von einer solchen Gestaltungsmöglichkeit eines Erstkommuniongottesdienstes in einer Klasse erzählte, protestierte zwar einmal ein Schüler und meinte, so eine große Sache hätte er doch nicht gewollt, denn das sei doch sein Fest und eine Familienangelegenheit. Nein, meinte ich, wenn er so denke, dann sei er nicht "kommunionfähig", was zu deutsch bedeute "gemeinschaftsfähig", er würde also am Sinn der "Kommunion" vorbeigehen, was ja "Gemeinschaft" heißt. Und dass ein solches Fest tatsächlich funktioniert, praktiziere ich "immer" bei meinen runden Geburtstagen. Da miete ich hier die Festzimmer eines Schlosses in der Nähe (nicht ganz billig, doch was soll´s), lasse Tische und Stühle aufstellen, besorge das Fleisch und bereite es zu ("Schinken wie gewachsen im Backofen", allerdings fachmännisch gewürzt von einem Freund), besorge die Getränke (durchaus auch <Riesling->Sekt und Wein und Bier) - und bitte die Gäste, als Geschenk lediglich einen selbst gemachten Salat oder einen Kuchen mitzubringen. Und beide Feste, die ich bisher auf diese Weise mit meinen Freunden, Kollegen, Verwandten und Nachbarn gefeiert habe, waren ein voller Erfolg, nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene freuten sich schon auf das nächste Fest. Eine Kollegin reimte zwar in einem von ihr vorgetragenen Festlied, dass ich die Leute zu missionieren versuchte, allerdings wolle keiner - doch ich hätte ja darauf hinweisen können, wie gut mir das gelänge, schließlich seien doch so viele zu meinem Fest gekommen und sie alle fühlten sich offensichtlich wohl - und das sei eben genau meine Mission, dass das so sei! Es gibt ja auch noch andere Gestaltungsmöglichkeiten für solche "Abendmahle". Natürlich sind sie mehr oder weniger aufwendig. Doch wenn wir schon ein Gedächtnismahl an Jesus feiern, darf das nicht auch ein wenig aufwendig sein? (Eine andere Idee, Mahl in einem größeren Kreis von Menschen, die sich nicht kennen, zu feiern, ist die der Buddhisten, die ich kennen gelernt habe, wenn ich mit meiner Gasttochter buddhistische Feste im Tempel besuche. Dort wird an vielen Ständen Essen zu einem angemessenen Preis angeboten und die Gläubigen verzehren diese an "Party-Tischen". Das Essen wird von den Nonnen des Tempels zubereitet oder von freiwilligen Helfern, und der Erlös hilft mit, den Tempel zu finanzieren. Für mich ist das Problem, daß ich mich gerne mit anderen Leuten unterhalten würde, doch das ist schwierig, nicht nur wegen der Sprache. Wenn wir so etwas übernehmen würden, bietet sich doch erst einmal eine Art Predigt an, die sinnvoller Weise provozierend ist, damit die Leute sich beim Essen über etwas unterhalten können. Manche Thesen von basisreligion bieten gewiß genügend Gesprächsstoff! Und damit das ganze auch ein Mahl im Sinne Jesu ist, könnte es vielleicht auch Wein geben - es muß ja nicht viel sein! So schlecht ist es ja nicht, wenn die Leute dadurch leichter miteinander reden können - der Wein hat schon seinen Sinn!)
Und hier zwei wichtige, allerdings im Grunde widersprüchliche Beiträge aus der Zeitung DIE WELT: In dem Beitrag vom 27. Mai 2003
anläßlich des Kirchentags in Berlin: "Leib?
Blut? Zeichen? Wunder? Was geschieht beim
Abendmahl?" gibt Gerhard Besier
einen historischen Abriß, wie es überhaupt zu
unserem heutigen Glauben und zu unserer heutigen
Praxis im Zusammenhang mit dem Abendmahl kam. Vollständige Url des Artikels: http://www.welt.de/data/2003/05/24/100821.html Hinweis für einen Freund: Wenn Sie einmal etwas zu drucken haben, dann fragen Sie doch einmal ihn nach einem Angebot: http://freenet-homepage.de/lotus/satzservice.htm .
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