Die fünf geistigen Wurzeln des Projekts basisreligion von einem Berufsschulreligionslehrer i.R. (Dipl.Theol.)

1. Katholisches theologisches Denken: Seit dem Mittelalter ist es vor allem Sinn der katholischen Glaubensforschung, den Glauben auch von der Vernunft her als sinnvoll und richtig zu erklären. Ein schönes Beispiel für diesen Grundsatz ist die Rede von Papst Benedikt XVI. am 12. September 2006 in Regensburg, in der die Vernunft über den Glauben gestellt wird: "Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Herausgeber, Theodore Khoury, kommentiert dazu: Für den Kaiser als einen in griechischer Philosophie aufgewachsenen Byzantiner ist dieser Satz evident. Für die moslemische Lehre hingegen ist Gott absolut transzendent. Sein Wille ist an keine unserer Kategorien gebunden und sei es die der Vernünftigkeit. Khoury zitiert dazu eine Arbeit des bekannten französischen Islamologen R. Arnaldez, der darauf hinweist, daß Ibn Hazm so weit gehe zu erklären, daß Gott auch nicht durch sein eigenes Wort gehalten sei und daß nichts ihn dazu verpflichte, uns die Wahrheit zu offenbaren. Wenn er es wollte, müsse der Mensch auch Götzendienst treiben."

Jedenfalls wird dieses Anliegen der katholischen Theologie hier auf die (Sexual-)Moral angewandt: Sie muss aus sich heraus sinnvoll und vernünftig sein - und nicht nur, weil sie von einem Gott oder von sonst wem da oben angeordnet ist. Und sie muss jungen Menschen zugänglich sein - also gerade für die, die einen sinnvollen Einstieg in ihr Leben brauchen!

Anmerkung: "Katholisch" bedeutet im wörtlichen Sinn "über alles" oder auch "für alle", und diesem Sinn fühlen sich viele katholische Theologen durchaus verpflichtet, wenn auch nicht alle. Denn manche verstehen unter "Katholischsein" auch eine dogmatische Enge, die eher auf eine sektiererische Weltfremdheit hinausläuft und die ich einfach nicht mehr mitmachen kann. Wie der jüdische Philosoph Baruch Spinoza (1632 - 1677) weigere ich mich, "unsinnige Irrtümer" Mysterien zu nennen, für mich sind sie schlicht ein Zeichen des Verfalls!

2. Deutsche evangelisch-protestantische Bibel- und Jesusforschung: Seit über 200 Jahren versuchen vor allem deutsche protestantische Glaubensforscher (oder eben Theologen), den wirklichen, oder eben den historischen oder geschichtlichen Jesus herauszubekommen - im Gegensatz zum Christus des Glaubens, den die Bibel und die Kirchen vertreten. Die Ergebnisse dieser Forschung waren bisher immer nur Diskussionsstoff in theologischen Zirkeln, vor allem auch deswegen, weil es nur immer Ansätze gab. Hier wird nun der Weg dieser Forschung konsequent weiter beschritten und sie wurde zu einer der Grundlagen überhaupt, denn welcher Jesus darf sonst interessieren als der wirkliche?

3. Die Worte des ostpreußischen Philosophen Immanuel Kant über das Firmament: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Ich sehe sie beide vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz" ("Kritik der praktischen Vernunft", 1788. Kapitel 34, Beschluß). Meine Folgerung daraus auch und gerade im Hinblick auf die Monogamie: Der Mensch will sie unbedingt, weil er auch auf diesem Gebiet ein hochmoralisches Wesen ist, doch er wird durch Gewalt oder durch Manipulation mit einer Scheinmoral und durch institutionalisiertes Unwissen, was hier richtig und was falsch ist, davon abgebracht. 

4. Mitteleuropäische Aufklärung bzw. mitteleuropäischer Humanismus: Gerade wir hier hier in der Mitte Europas neigen dazu, nichts als endgültig hinzunehmen und alles zu hinterfragen, ganz gleich ob in der Frage nach Gott, in der Psychologie, in der Philosophie... Und so werden auch hier - zunächst einmal in kleinen Kreisen - die Bedingungen der Moral ganz anders hinterfragt als sonst auf der Welt, etwa der Sinn oder Unsinn der (Sexual-)Scham. Damit kam bei uns auch die Idee des gemeinsamen Nacktbadens seit gut hundert Jahren auf. Und dabei wurde beobachtet, zunächst vielleicht sogar zum Erstaunen derer, die damit begonnen hatten, dass solche Nacktbaderei weder mit einer strengen noch mit einer lockeren (Sexual-)Moral viel zu tun hat, ja es sieht sogar danach aus, als das völlige Freisein schließlich moralischer ist als das Nichtfreisein. Doch haben sich diese Beobachtungen bisher in keiner Moralpädagogik niedergeschlagen, das alles ist in diesem Bereich immer noch ein Tabuthema. Mit diesem Tabu wird hier - in guter mitteleuropäischer Tradition - endlich gebrochen!

5. Die Erfahrungen mit meinen Schülerinnen und Schülern und mit anderen jungen und nicht mehr so jungen Menschen. Ich denke hier besonders auch an meine Pilgerei auf dem Jakobsweg in Spanien und die offenen Gespräche dabei mit anderen Pilgern. Doch es gibt auch viele andere Reisen, auf denen es immer wieder wichtige Gespräche mit vielen anderen Menschen in aller Welt gab!

Und diese fünf Wurzeln sind nun die Basis des Projekts basisreligion! So war das wenigstens bis etwa zur Jahrtausendwende. Und dann bin ich auf auf zwei Bücher  des dänischen Indologen Christian Lindtner und des engl.-jüdischen Talmudgelehrten Hyam Maccoby gestoßen. Und da wurde alles sehr konkret, siehe unter "Es ist alles ganz anders - Zwei Kriminalfälle!"

Wer nun von vornherein meint, dass dabei nur eine ungenießbare Vermischung von nicht miteinander harmonierenden Komponenten herauskommen kann, der sollte sich für seinen Argwohn schon eine genauere Begründung überlegen! Wenn die Autoindustrie einen besonders guten Rennwagen konstruieren will, dann hat sie jedenfalls keine Probleme, ein Fahrgestell von BMW, einen Motor von Mercedes und die Reifen von Goodyear zu komponieren. Und warum soll eine solche Komposition in der Theologie denn nicht funktionieren? Wer von vornherein meint, nur eigene Komponenten können wirklich gut sein und passen, der ist doch vermutlich nur dogmatisch und arrogant. Es kommt eben immer auf die Qualität der Komponenten an - und auch andere können doch wohl etwas qualitativ Hochwertiges fabrizieren?

www.basisreligion.de
www.michael-preuschoff.de