Dreifaltigkeitskonstruktion

Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass die Lehren von der Dreifaltigkeit (oder auch Dreieinigkeit, also von der Lehre von den drei Personen in einem Gott) wie auch die von der Gottesmutterschaft Mariens völlig anders entstanden sind als etwa die Lehren von der Jungfrauengeburt, von der Auferstehung Jesu und von seiner Himmelfahrt. Während diese Lehren bei der Komposition des Neuen Testaments eine Rolle spielten und also bereits von den Verfälschern der Ideen Jesu her rührten, kamen die Lehren von der Auferstehung und von der Gottesmutterschaft Mariens ab dem 2. Jahrhundert allmählich in den christlichen Glauben - nachdem Jesus durch seine Auferstehung und durch seine Himmelfahrt sozusagen zum Gott "befördert" worden war. Wir können also sagen, dass diese Lehren als Abrundung oder Perfektionierung des einmal von Gegnern in die Welt gesetzten Glaubens jetzt von Anhängern dieses Glaubens ergänzt wurden und diesen Glauben allerdings im Endeffekt auch nicht besser machten. Denn wenn etwas ein irrationales Phantasieprodukt ist, dann ist das, was daraus gemacht wird, nun einmal auch ein irrationales Phantasieprodukt.

Inwieweit die Lehre von der Dreifaltigkeit (und natürlich auch von der Gottesmutterschaft Mariens) von anderen Religionen beeinflusst wurde, ist nicht klar, liegt aber nahe, denn die Parallelen zu den anderen Religionen sind sehr deutlich, und schließlich dürften die anderen Religionen auch den frühen Theologen bekannt gewesen sein. Karlheinz Deschner sieht jedenfalls auch hier eine Plagiiererei ("Der gefälschte Glaube - Die wahren Hintergründe der kirchlichen Lehren", Seite 85f): "Wie nichts im Christentum originell ist, so selbstverständlich auch nicht die Lehre von der Trinität. Vielmehr gab es Trinitäten im Hinduismus und im Buddhismus ebenso wie in allen großen hellenistischen Religionen. Es gab eine Apis- und eine Sarapis-Trinitätslehre; gab eine Trinität in der Dionysosreligion: Zagreus, Phanes und Dionysos; gab eine Kapitolinische Trinität: Jupiter, Juno, Minerva. Auch in nachchristlicher Zeit setzen sich entsprechende Assimilierungen fort, erschallen Rufe wie: »Einer ist Bait, einer Athor, beider ist eine Kraft, einer ist Akori - o du teurer Vater des Alls, teurer dreigestaltiger Gott.« Oder: »Einer ist Zeus, Sarapis und Helios Hermanubis.« Oder: »Einer ist Gott: Zeus-Mithras-Helios, der unbesiegbare Weltherrscher,« Und im Mittelalter kehrt auch die dreiköpfige Gottheit - schon im Hinduismus und im Buddhismus Symbol der Trinität ebenso wie im vorchristlichen Heidentum - in Bild und Plastik als Symbol der christlichen Trinität, wieder. Darstellungen, die man begreiflicherweise bekämpft hat.

Dem Urchristentum allerdings waren trinitarische Vorstellungen völlig fremd. Jesus hatte offenbar keine Ahnung davon. Erst dem »Auferstandenen« legte Matthäus den angeblichen Taufbefehl in den Mund: »So gehet hin und lehret alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes ...«, nach Auskunft der gesamten kritischen Theologie eine Fälschung. Auch bei Paulus gibt es weder eine Trinitätslehre noch trinitarische Anspielungen. Fand man doch das Trinitätsdogma so spärlich in der Bibel bezeugt, daß es deshalb, wahrscheinlich im 4. Jahrhundert, zu einer der bekanntesten neutestamentlichen Fälschungen kam, dem sogenannten »Comma Johanneum«. Dabei änderte man, in mehreren Codices, die Stelle im ersten Johannesbrief; »Drei sind es, die da zeugen: Der Geist, das Wasser und das Blut, und die drei sind eins« um in: »Drei sind, die da zeugen im Himmel, der Vater und das Wort und der Heilige Geist, und die drei sind eins.«

Erst im 2. Jahrhundert entstand allmählich auch noch die Lehre vom Glauben an den Heiligen Geist. Doch ein Theologe wie Tertullian ordnete den »Geist« dem »Sohn« genauso unter, wie er diesen dem »Vater« unterordnete. Ebenso verfuhr Origenes, der auch die Anbetung der dritten göttlichen Person verbot, wie vor ihm bereits Kirchenvater Clemens von Alexandrien. Noch im Hinblick auf das beginnende 3. Jahrhundert schreibt der Theologe Harnack, »an die Persönlichkeit des Heiligen Geistes dachte kaum einer«."

Ich möchte dazu auch kurz auf die "Gotteskonstruktion" im Hinduismus eingehen: Die Gottheiten sind Brahma, der Urgrund von allem (könnte etwa unserem Gottvater entsprechen), Vishnu, der uns vom Bösen erlöst hat und das immer noch tut durch seine Wiedergeburten (könnte etwa dem Sohn Gottes entsprechen), und Shiva, der Gott des Geistes, der zerstört und neu schafft und im Himalaya auf den Bergen wohnt und ab und zu zu den Menschen kommt und Jungfrauen befruchtet (könnte unserem Heiligen Geist entsprechen). Wenn man gegenüber Hindus darauf zu sprechen kommt, dass Brahma, Vishnu und Shiva drei verschiedene Gottheiten sind, dann wird gleich protestiert: Nein, nein, das sei nur ein und dieselbe Gottheit, doch man könne Gott nun einmal nicht vorschreiben, unter welcher Gestalt er sich zeige. Irgendwie findet sich hier dieselbe Problematik wie mit der christlichen Dreifaltigkeit (drei Personen, aber ein Gott). (Anmerkung: Die Dreifaltigkeitsvorstellung gibt es erst recht spät im Christentum, beginnend im 4. Jahrhundert. Es ist nicht auszuschließen, dass sie vom "Osten" beeinflusst wurde, also von östlichen Religionen. Auf alle Fälle gab es immer regen Austausch mit dem Osten, und gewiss nicht nur in materiellen, sondern auch in geistigen Dingen.)

Und hier mal sehr krasse Dreifaltigkeitsdarstellungen aus dem christlichen Glauben, die ich im Kathedralmuseum in Lima/Peru entdeckt habe:


Dreifaltigkeit-Lima


Trinität Lima

Mir wollte ein katholischer Theologe einreden, dass die christliche und besonders die katholische Vorstellung von der Dreifaltigkeit völlig anders ist als die in den heidnischen Religionen, bei uns geht es um einen Gott in drei Personen und bei den Heiden geht es um die Einheit von drei Göttern. Ich jedenfalls kann da keinen grundsätzlichen Unterschied erkennen!

Ich möchte hier anmerken, dass in nicht denke, dass der Dreifaltigkeitsglaube bewusst-böswillig in den Glauben der frühen Kirche lanciert wurde (um den wirklichen Jesus auszulöschen), wie das mit der Jungfrauengeburt und den Wundern und der Auferstehung bis zur Himmelfahrt der Fall war. Ich denke viel eher, dass sich hier schlicht und einfach eine Glaubensentwicklung verselbständigt hatte: Wenn man schon mal dabei war, einige Anleihen aus anderen Religionen, die nichts mit einem "gesunden Menschenverstand" zu tun hatten, zu übernehmen, dann kam es dann auch sonst nicht mehr auf den "gesunden Menschenverstand" an und man blieb in dem einmal eingeschlagenen Fahrwasser. Warum also nicht auch noch weitere Anleihen aus anderen Religionen? Genau in diesem Sinn mag es dann auch zur Gottesmutterverehrung gekommen sein. 

Wichtig ist eigentlich nur, ob dieser Glaube das Anliegen Jesu deutlicher und besser für seine Verwirklichung in dieser Welt gemacht hatte. Und genau das bezweifliche ich sehr - und damit können wir eigentlich auf diesen Dreifaltigkeitsglauben verzichten (und zum Glauben der Urkirche zurück kehren).


Dreifaltige Lingams (Phallen) im Nationalmuseum in Pnom Penh in Kambodscha. Unten viereckig (Brahma), in der Mitte achteckig (Vishnu), oben "Kuppe" oder auch "Eichel" (Shiva). Zwischen den beiden vorderen Lingams ein Lingam in einer Yoni (Symbol für das weibliche Geschlechtsteil).

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