"Abendmahl": Solche Kultfeiern, auch mit Brot und Wein, gab es auch bei den alten Griechen als "symposion" und in anderen antiken Religionen, etwa im Mithraskult. In diesem Kult wurde zum Zeichen des Sieges des Guten über das Böse ein Stier geschlachtet, der Mithraskult war also durchaus eine blutige Angelegenheit. Im Christentum war dagegen alles "unblutig", der blutige Teil war längst erledigt. Daher dann eben das "unblutige Opfer", das immer wieder wiederholt wird.


Mithras tötet den Stier.

Siehe hierzu auch das Buch "Gott essen - eine kulinarische Geschichte des Abendmahls" von Anselm Schubert (2018). Sie werden sehen, dass es das Abendmahl bzw. die Kommunion keinesfalls von Anfang an so gab wie wir das heute kennen.

Dazu Deschner (S. 117 ff): "Schon in den totemistischen Mysterien gibt es, wenn auch in primitiver Form noch, ein Opfermahl, das Kommunion mit der Gottheit ist: Das Totemtier wird in sakraler Mahlzeit genossen, um eins zu werden mit dem göttlichen Wesen. Ein solches Opfertier bei den Griechen, deren Vorstellung von der Himmelsspeise, die Unsterblichkeit verleiht, bis auf Homer zurückgeht, war der Bock im Dionysoskult.

Dionysos, ein leidender, sterbender, wieder auferstehender Gott, Sohn des Zeus und einer sterblichen Frau, erlangte in Griechenland schon vom 8. vorchristlichen Jahrhundert an Geltung und wurde zum Lieblingsgott der antiken Welt. Er war bereits Arzt, Gottessohn in Menschengestalt, Gott des »Geistes« und der Weissagung, auch eng mit dem Wein verbunden - dann erscheint Jesus so im Johannesevangelium, das einen der bekanntesten Titel des Dionysos, »der Weinstock«, auf Christus überträgt, nun »der wahre Weinstock«. Auch das Wunder auf der Hochzeit zu Kana, die Verwandlung von Wasser in Wein, wurde bereits von Dionysos vollbracht. Endlich bezieht das Johannesevangelium die Wendung für das Abendmahl, »Wer nicht mein Fleisch mit den Zähnen zerbeißt und mein Blut austrinkt«, von der Dionysosreligion. Sie findet sich weder bei Paulus noch Jesus. Wohl aber tritt in der Dionysosreligion der Gott in den Leib seiner Verehrer ein: Im Dionysosmythos zerfleischen die Titanen das göttliche Kind, verspeisen seine Glieder, und im Taumel des Dionysoskultes zerrissen und aßen die Mänaden rohes Fleisch (Omophagia), um in sakramentaler Vereinigung mit dem Gott unsterblich zu werden. Verehrten die Dionysosgemeinden ja auch, wie feststeht, bereits in vorchristlicher Zeit ihren Gott über einem Altartisch mit Weingefäßen am Kreuz. Schon diese Parallelen sind entlarvend. Doch gab es das heilige Mahl noch in anderen Kulturen.
Die sakrale Speise bei Attis bestand wahrscheinlich aus Brot und Wein. Sie wurde nach Fastenübungen aus Musikinstrumenten verzehrt und drückte sowohl die Verbundenheit der Mysten als auch ihr Verhältnis zur Gottheit aus.

In den Mysterien der Attargatis genossen syrische Priester die Göttin beim Essen von Fischen. Sie waren ihr heilig, wurden in Teichen nahe den Tempeln gehalten und in einem sakralen Mahl als Fleisch der Göttin verspeist. Einer ihrer Tempel, wiederholt im Alten Testament erwähnt, stand in Karnion, westlich vom See Genezareth. Später wurde der Fisch, Sinnbild weitverbreiteter heidnischer Fischmysterien, das Symbol der christlichen Eucharistie, die nun als »das wahre Fischmysterium« galt, als »der eine reine Fisch«.

Bezeichnenderweise erfolgte die Übernahme des Fisches als Kultsymbol zuerst durch die Christen in Syrien, wo die Fischverehrung am bekanntesten war. Dann bildete das griechische Wort für Fisch, »ichthys«, ein Anagramm für den griechischen Namen »Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland«.
Auch der Mithraskult - dessen Priester sich häufig »Vater«, dessen Gläubige sich »Brüder« nannten und der, wie dann die katholische Kirche, sieben Sakramente kannte - besaß außer Taufe und Firmung eine Kommunion. Sie bestand aus Brot und Wasser oder einem Gemisch aus Wasser und Wein und wurde, wie im Christentum, zum Gedächtnis an eine letzte Mahlzeit des Meisters mit den Seinen begangen. Die Hostien trugen ein Kreuzzeichen, die Messe fand täglich statt, die wichtigste jedoch am Sonntag, wobei der Zelebrant über Brot und Wasser die heiligen Formeln sprach.

Üblich sind in antiken Religionen auch »heilige Getränke« gewesen.

Das persische Haoma und sein indisches Äquivalent waren ein berauschender Trank, von dem man glaubte, er vertreibe den Tod. In der vedischen Religion galt Soma als Göttergetränk, aber auch als Unsterblichkeitstrank für die Menschen. »Wir haben den Soma getrunken, wir sind unsterblich geworden, wir sind zum Licht gekommen, wir sind zu den Göttern gelangt. Was kann das Üble uns nun tun, wie kann die Feindschaft eines Sterblichen uns, die Unsterblichen, bekümmern.«

Beim Gottesdienst des Mithraskultes gebrauchte man die gleichen Mahlgeräte wie bei der christlichen Eucharistie, Kelch und Patene. Auch vermischte man bei Mithras, wie meist bei der Messe, den Wein mit Wasser und verbeugte sich vor dem heiligen Kelch. Doch gab es heilige Getränke auch in den eleusinischen und dionysischen Mysterien.

Schon jetzt sind die Parallelen zum christlichen Abendmahl verblüffend. Bevor wir aber weitere ziehen, sei mit allem Nachdruck betont: Weder Jesus noch die Urapostel praktizierten ein sakramentales Mahl. Die synoptische Stiftung des Herrenmahles ist seit W. Heitmüller als Kultlegende erkannt und bleibt ... für Aussagen über den historischen Jesus besser außer Betracht."

Doch über die Problematik des Abendmahls habe ich nicht zum ersten mal durch Deschner erfahren, sondern die erste Information hatte ich bei einer Fortbildungsveranstaltung für Religionslehrer durch einen Achener Theologieprofessor in Düren. Ich war also sozusagen längst vorbereitet gewesen, als ich die kritische Sicht von Deschner hörte.



www.michael-preuschoff.de