TAIZÉ (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

TAIZÉ ist eine Gemeinde in Frankreich etwa genau zwischen Dijon und Lyon, Sitz der 1949 von Roger Schutz gegründeten Communauté de Taizé, einer überkonfessionellen christlichen Bruderschaft mit weltweiter Ausstrahlung. Die Brüder (gegenwärtig rund 100 aus über 20 Ländern) verpflichten sich zu Ehelosigkeit, Gütergemeinschaft und Gehorsam. Das gemeinsame Leben konfessionsverschiedener Christen soll gleichnishaft auf die Einheit der Kirche hindeuten. Große Anziehungskraft üben die jährlich von der Gemeinschaft veranstalteten ökumenischen Jugendtreffen aus, die inzwischen sozusagen Dauerzustand sind.

Das Besondere ist, daß sich das Leben in jeder Woche in gewisser Weise an der Karwoche mit dem Abschluß der Auferstehung orientiert und daß die zumeist jungen Besucher weitgehend auch in die Organisation eingespannt werden, daß also alles sozusagen auf ehrenamtlicher Basis läuft. 

Vor allem die vielen für Taize typischen Lieder haben eine ganz große Bedeutung und bilden sozusagen den grandiosen Hintergrund für alles und werden von den jungen Menschen so gut angenommen, daß sie sogar gerne zu den täglichen Gottesdiensten kommen: "Nichts führt in innigere Gemeinschaft mit Gott als ein meditatives gemeinsames Gebet mit nicht endenden Gesängen, die in der Stille des Herzens weiterklingen, wenn man wieder allein ist." 

Aus der Sicht von basisreligion ist das alles eine hervorragende Sache - und vor allem auch dieses Sichhinwegsetzen über alle dogmatischen Verkrustungen in unserem Glauben - und es ist zu wünschen, daß Taizé noch viele Jahre wirken kann. Doch das Problem bleibt, daß alles ein wenig nach "Friede - Freude - Eierkuchen" aussieht, wie mir ein Busfahrer sagte, der während des Aufenthalts seiner Busgesellschaft in Taizé blieb, ein wenig mitmachte, doch letztlich alles ein wenig aus seiner kritischen Distanz beobachtete. Die jungen Leute kehren voller religiöser Begeisterung nach Hause zurück und fallen letztlich doch genauso in die Fallgruben des Lebens hinein wie ihre Kameraden, die nicht in Taizé waren. Die Ursache ist, man verzeihe mir die kritische und drastische Bezeichnung, daß alles ziemlich einem Ansatz entspricht, der hier mit "pharisäischem" (siehe Pharisäer) oder auch "inquisitorischen Ansatz" (siehe Inquisition) bezeichnet wird, also erst der Glauben und dann "vom Glauben zu allem weiteren", also der weg über ein über-ich-gesteuertes Gewissen. Vielleicht hierzu eine Idee, damit Taizé noch mehr Menschen erreicht: Was wäre, wenn nicht der Glaube im Vordergrund steht, sondern die Idee einer wirklichen christlichen Moral - entsprechend dem Stichwort Glaube und Moral? Die Großzügigkeit gegenüber der Dogmatik ist ja schon einmal da! (Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)