PISA (Basislexikon: kompetent-kritisch-konstruktiv)

PISA-STUDIE. Bei der weltweit größten Schulleistungsstudie PISA (Programme for International Student Assessments) haben die deutschen Schülerinnen und Schüler schlecht abgeschnitten. Am 4. Dezember 2001 stellte der Direktor des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung (MPIB), Jürgen Baumert, die PISA-Befunde der Öffentlichkeit vor. Danach landet das deutsche Schulwesen im internationalen Vergleich mit 32 Nationen nur auf Platz 25.

Alle sind bestürzt von den Ergebnissen der Studie und überlegen fieberhaft, woher das schlechte Abschneiden Deutschlands kommt, und wie das alles geändert werden kann. Vieles ist da gewiß reiner Aktionismus. Unabhängig von jeglichem nationalem Ehrgeiz sei hier einmal auf ein grundsätzliches Problem hingewiesen, das den Lernerfolg unserer jungen Menschen ganz allgemein nachhaltig negativ beeinflußt, und das ist die Rolle der Religion - ganz gleichgültig, wie die jungen Menschen nun zur Religion stehen oder nicht: 

Mangelhafte Ökonomie unseres Bildungskonzepts gerade in den für junge Menschen wichtigsten Dingen: Rein in die Kartoffeln - raus aus die Kartoffeln!

Eine Schülerin warf einmal im Unterricht in die Diskussion, daß sie zuerst in der Grundschule ja nicht geglaubt hätte, was ihnen da im Religionsunterricht erzählt worden sei. Doch dann sei von ihrem früheren Lehrer überzeugt worden - und jetzt käme ich, und würde sagen, daß sie mit ihrer ursprünglichen Auffassung doch recht gehabt hatte - nein, sie würde sich jetzt nicht mehr ändern und bei dem bleiben, wovon man sie überzeugt hätte... Und es ist ja nicht nur er Eindruck von Kindern, daß da etwas nicht stimmt: Früher einmal wurde das als das Problem "doppelte Wahrheit" bezeichnet, inzwischen kam für denselben Sachverhalt der Fachbegriff sacrificium intellectus - "Opfer des Verstandes" auf. Damit wird in der Theologie ganz offiziell etwas bezeichnet, was eigentlich jeder Logik widerspricht, jedoch von einem "anständigen und gläubigen" Menschen für wahr gehalten werden muß, weil es den Forderungen seiner Religion entspricht.  

So lernen die Kinder im Religionsunterricht etwa von einer Erschaffung der Erde in sechs Tagen und dass Adam und Eva die ersten Menschen waren, die Gott selbst modelliert hatte, im Erdkunde- und Biologieunterricht lernen sie die Geschichte vom Urknall und von der Entwicklung aus den Einzellern bis hin zum hochkomplexen System des Menschen und so weiter. Diese Zweigleisigkeit wirkt sich schließlich nicht nur zum Nachteil unserer Religion und jeder vernünftigen Moral aus, sondern auch unseres Denkens, denn

-     die jungen Menschen entscheiden sich irgendwann einmal für das, was für sie logischer und plausibler ist und kümmern sich nicht mehr um das, was ihnen von der Religion erzählt wurde, ja sie kümmern sich schließlich um überhaupt nichts mehr, was mit Religion zu tun hat. Das ist ganz gewiß auch einer der Gründe, warum die christlichen Kirchen heutzutage so wenig moralische Autorität haben.

-     Und selbst wenn die jungen Menschen noch weiter zur Religion halten, ist diese Zweigleisigkeit zumindest unökonomisch für ihr Denken: Es ist in jedem Falle Verschwendung geistiger Energie, in jedem System anders denken zu müssen, statt auf dem Wissen, was man in dem einen System gelernt hat, in dem anderen System aufbauen zu können.

Doch das alles muß nicht so sein – in einem recht verstandenen christlichen Glauben! Die Mythen und Legenden müssen nämlich immer aus der Zeit heraus verstanden werden, in denen sie entstanden sind oder in unseren oder den jüdischen Glauben übernommen wurden, auf dem wir schließlich aufbauen, siehe Entmythologisierung. Und dann haben sie einen völlig anderen Sinn als den, unter dem wir sie heute kennen, siehe etwa Kerygma und religionsgeschichtlicher Ansatz. Die Aufgabe des Konzepts basisreligion  ist, das ursprüngliche Anliegen der Mythen und Legenden in unsere heutige Zeit zu transformieren.

In diesem Sinn geht es dann zwar "nur" oder zumindest weitgehend um eine Moral aus der Vernunft, und dabei auch vor allem um eine der Liebe und Partnerschaft zwischen Mann und Frau. Leider spukt da immer noch ein Irrglauben durch die Köpfe vieler Erwachsenen, daß ein Wissen darum und vor allem die Überlegungen zu sinnvollen Strategien die Unschuld der Kindheit zerstöre. Die Erfahrung lehrt hier ganz anderes, wenn wir nur darauf eingehen, was die Kinder wirklich wollen, dann wird allenfalls Naivität zerstört, aber nicht Unschuld, siehe Kindererziehung. Und so dürfte es schon für die jungen Menschen (und nicht nur für die!) von Vorteil sein, wenn sie bei der Bewältigung dieser Fragen in ihrem Leben auch die Vernunft einfließen lassen und dadurch intensive Impulse erhalten, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Denn gerade in der Jugend sind die Fragen von Partnerschaft und Sexualität absolut wichtig. Wenn junge Menschen hier ihre Vernunft im Sinn eines gesunden Eigeninteresses (siehe Egoismus) anwenden (würden) und vor allem feststellen (würden), wie sinnvoll ist, damit zu arbeiten, dürfte die Vernunft dann auch in anderen Bereichen des Lebens einen ganz anderen Stellenwert haben und damit auch Denkfeindlichkeit abgebaut werden, siehe auch Theorie und Praxis. Und es ist nicht einzusehen, warum sich das dann nicht auch auf die nächste Pisa-Studie auswirken sollte!

Wir brauchen keine Mythen und Legenden, die schließlich bei unseren jungen Menschen geradezu als Spinnereien, wenn nicht gar als Lügen, ankommen. Und wir Christen können nun wirklich offen sein, in unserem Glauben ist nun wirklich ein ethisch-rationaler Ansatz möglich, der unser Denken nicht beeinträchtigt oder gar zerstört, sondern in jeglicher Hinsicht fördert!

Wir alle hätten einen Vorteil davon: Denn nur, wenn viele “anders” denken und vielleicht auch irgendwann handeln, kann sich etwas in unserer Welt ändern! Und so ganz nebenbei werden unsere jungen Leute auch noch zugänglicher für Mathematik (und damit für wirklichen technischen Fortschritt) und eventuell sogar für Latein (also für erfolgreiche Kommunikation weltweit, und man muß ja nicht unbedingt bei dieser Sprache hängen bleiben, denn wer eine Sprache von früher Kindheit kann, kann auch viel schneller die nächste)!

(Wörterbuch von basisreligion und basisdrama)