Big-Brother-Fahrt zum Nordkap im Sommer 2001

(oder: Kampfurlaub in Skandinavien)

Fahrt und Route

Ganz so schlimm von wegen Kampfurlaub war es vielleicht nicht, obwohl es zu oft zu kühl und zu regnerisch war, was ja einiges bedeutet, wenn immer gezeltet wird und die einzigen sicheren trockenen Stellen mal ab und zu ´ne Kirche oder ´ne Fähre sind (es gab allerdings auch andere Stellen - und immer geregnet hat es auch nicht)... Doch eine Big-Brother-Fahrt war es doch ein wenig, denn mit uns auf Trip war der Sohn Benjamin (18) einer Kollegin, der noch nie mit war, und dann gleich für eine so lange Fahrt, das ist schon ein wenig ein Risiko. Doch es ging gut - es ging sogar sehr gut und es hätte eigentlich gar nicht besser sein können. Vor ganz großem Vorteil war, daß der Junge einen Führerschein hatte und auch von seinen Fahrkünsten her ganz prima mit meinem alten Passat und mit den Straßenverhältnissen (und mit mir!) klar kam.

Doch der Reihe nach: So eine Skandinavienfahrt war eigentlich schon lange fällig und die ergab sich nun in diesem Sommer aus mehreren Gründen. Die Route über Dänemark - Schweden - Finnland - Norwegen - Schweden - Dänemark, die etwas unüblich ist (die übliche Route geht mit dem Uhrzeigersinn, also zuerst über Göteborg nach Norwegen und schließlich zurück über die schwedische Ostseeküste),  wählte ich vor allem aus dem Grund, daß man nach Norwegen nur 2 Liter Bier und 2 Liter Wein einführen darf und das auch nur von Personen ab 20 und daß ich gehört hatte, daß die bei der Grenze schon mal scharf kontrollieren. Doch für uns würde die erlaubte Menge nun wirklich zu wenig sein, schließlich wollten wir ja im Urlaub hin und wieder ein Bierchen trinken und vielleicht auch eins ausgeben und wenn das dann pro Dose über DM 6 kosten (in Norwegen in den Supermärkten), dann macht das keinen Spaß. Und da dachte ich, daß die in Nordnorwegen bei diesen einsamen Grenzübergängen dort gewiß weniger kontrollieren und nach Schweden darf man ja ohnehin genug einführen, also fuhren wir eben zuerst nach Schweden. Jedenfalls war unsere Passat so voll, denn es kamen ja auch noch einige Lebensmittel hinzu (die sinnvollsten Fleischkonserven sind diese 400-g-Einlagerungsdosen mit Schweinefleisch für 1,99 aus dem Hit, zum Ausgleich für die fehlenden Vitamine hatten wir einige Tüten Sauerkraut aus dem Aldi), daß er etwas schlingerte. Doch meinte mein Automechaniker, daß das kein Problem sei, allerdings empfahl er mir, etwas Gewicht von hinten nach vorne zu verlagern, das heißt, wir haben aus dem Kofferraum einige Büchsen und Flaschen nach vorne unter die Motorhaube verteilt. “Unter der Motorhaube” also nicht wegen es Schmuggelns, sondern wegen der Balance.

Die Kirchen in Skandinavien

Erster Höhepunkt war nach unserer Fährfahrt über die Vogelfluglinie ( wir wählten für die Hinfahrt die Fähren Puttgarden-Rödby und den Öresund, auf der Rückfahrt die beiden Brücken, bzw. das Tunnelteilstück) nach Schweden. der Dom von Roskilde bei Kopenhagen, für den wir sogar Freikarten bekamen, als das Mädchen an der Kasse keine Kreditkarten nahm und ich erzählte, daß sich Geldtausch für uns nicht lohnte, weil wir nur auf der Durchreise seien. Was es nicht für tolle Begründungen gibt! Immerhin eine wunderbare Kathedrale. Überhaupt ist uns gar nicht bewusst, welche großartigen Bauwerke es „dort oben“ gibt, die oft an die des deutschen Ostens, etwa an die Kirchen in Braunsberg und Frauenburg erinnern, wenigstens soweit sie im Ostseeraum stehen. Die Kirchen auf der Atlantikseite haben dagegen bisweilen sogar rheinischen Einfluss. Ach ja, von wegen des Eintritts in Kirchen. In Dänemark gibt es das hin und wieder, bisweilen allerdings recht niedrig, wie in den herrlichen Dom von Ribe gleich nördlich von Sylt. In Schweden sind grundsätzlich alle Kirchen frei, so wie bei uns, ja in Schweden wird sogar für einen Kirchenbesuch der Reisenden geworben, und zwar nicht nur aus Gründen der “geistigen Pflege”, sondern auch der “körperlichen”, “dort gebe es immer auch einwandfreie sanitären Anlagen” - und auf den Friedhöfen um die teilweise wunderbaren Dorfkirchen herum ist auch immer ein Wasserhahn. Der war für uns natürlich sehr wichtig, denn wir zelteten immer wild - und brauchten dafür vor allem Wasser... (Wohnmobilfahrer erzählten uns, daß sie das genauso angenehm fanden.) In Norwegen, das heißt im mittleren und südlicheren, dagegen waren die Kirchen entweder immer geschlossen, selbst die, die mit Hinweisschildern auf den Fernstraßen angekündigt sind, oder sie kosten zumeist saftigen Eintritt - wie der Dom von Trondheim oder die berühmten Stabkirchen. Beim Dom von Trondheim waren wir zu spät, wir fuhren also nach Besichtigung der imposanten Fassade mit den vielen Figuren (also die Eva sieht hier richtig apart aus, die hat unterhalb des Feigenblatts Beine, die auch heute noch einer Frau gut stehen!) und nach einem kleinen Stadtbummel gleich weiter. Bei den norwegischen Stabkirchen fanden im Hinblick auf den Eintritt wir ein praktisches Verfahren, das sehr gut funktionierte: Auf den Eintrittspreisschildern stand, daß zwei Erwachsene genausoviel kosteten wie eine Familie mit zwei Kindern bis 18. Also gingen wir auf kinderlose Paare mit einer Flasche Wein oder mit drei Büchsen Bier zu (natürlich die Getränke diskret verpackt) und baten sie, doch eine Familienkarte zu lösen. Für unsere Partner bedeutete das quasi freien Eintritt - und wir sparten viel, ich kam auf Seniorenkarte rein (allerdings auch kaum billiger). Ein norwegisches Paar verstand sofort und war hocherfreut, doch ein Ehemann war so verwirrt, daß er gleich seine Brieftasche zückte, um mir das Bier zu bezahlen, und auch, als ich mich weigerte, etwas anzunehmen, meinte er immer noch, daß er mir etwas schuldig sei, und wollte mir schließlich die gekaufte Familienkarte geben... “So etwas” macht man vermutlich in Norwegen nicht, man zahlt kritiklos, was gefordert wird, so wie man sich erfahrungsgemäß auch an die Geschwindigkeitsregelungen usw. peinlichst hält, wie das bei uns eigentlich niemand tut. Ursache mag wohl ein völlig ungebrochenes Verhältnis (vor allem der Norweger) gegenüber allen Anordnungen sein, die “von oben” kommen. Wir hier haben da zumindest seit den Debatten über den Gehorsam gegenüber unmenschlichen und unsinnigen Befehlen in der Nazizeit oder in der Zeit der DDR andere Einstellungen, wir nehmen hier nicht alles einfach hin. Zum Eintritt überhaupt: Ganz verstehe ich den nicht, solche Kirchen wie die Stabkirchen oder den Dom von Trondheim würde man auch ohne den Gewinn aus dem Eintritt nicht verfallen lassen und ich finde, zumindest die jungen Leute könnte man gratis in die Kirchen hineinlassen. So jedenfalls “kriegt man die nie” und schließlich haben die in Skandinavien gewiß dieselben Probleme mit der Kirchlichkeit der jungen Leuten wie wir hier! In Trondheim muß gerade so eine Art Musikwoche gewesen sein, bei den Gospelgesängen vor der Domfassade waren nur wenige junge Leute, beim Diskopop auf einem anderen Platz mit auf einer Bühne zu ohrenschmerzender Musik wild zuckenden leicht bekleideten Mädchen war alles dicht gedrängt. Man könnte in den Kirchen ja auch Ausstellungen machen, die auch die jungen Leute interessieren: Im Dom zu Schleswig haben wir gesehen, wie schön man mit Bildwänden und mit Anschlagtafeln für irgendwelche religiösen oder karitativen Ideen Reklame machen kann, da gibt es sicher auch noch anderes noch mehr junge Leute Ansprechendes. Bisweilen fand ich den Eintritt auch völlig überflüssig, ich verstehe nicht, was etwas an der Kirche in Kongsberg westlich von Oslo so sehenswürdig ist, ein nicht sehr kreativer protestantischer Barockbau mit einem typischen Predigtaltar, über dem Altar also die Kanzel und darüber die Orgel - mit einem Blick hatten wir uns da ausreichend informiert, und dann um die DM 10 Eintritt? Ob ich ein schlechtes Gewissen habe wegen der Umgehung des korekten Eintritts manchmal? Keinesfalls! Ich will hier gar nicht einmal auf die Problematik eingehen, daß die sehenswerten Kirchen weitgehend einmal katholisch waren, sondern ich meine, daß die Besucher aus anderen Ländern bei uns gratis in die Kirchen kommen, weil wir sie hier mit unseren Steuergeldern bezahlen, also sollten wir eigentlich zum Ausgleich zumindest bei denen frei in ihre reinkommen.

Doch noch aus einem anderen Sinn war ich in den Kirchen: Besonders in den schwedischen Kirchen gibt es immer Gästebücher und in die habe ich einen Hinweis auf meine Website mit einer kurzen Erklärung, um was es geht, gelegt. Warum auch nicht, denn schließlich kann man ja auch in die Kirche ein Gastgeschenk mitbringen! Und ich habe auch den Eindruck, daß meine Werbung etwas genutzt hat, ich werde doch häufiger angeklickt, in der Statistik bei “etracker” (das ist so eine Zählmaschine) ist ein deutlicher Aufschwung von “basisreligion” zu erkennen...

Zu den Kirchen selbst: In Schweden und in Dänemark sind es vor allem die alten Dorfkirchen, die so wundervoll sind, in Norwegen die Stabkirchen (die anderen waren ja nicht offen). Von den 28 erhaltenen Stabkirchen haben wir die wohl vier bedeutendsten besucht: Lom, Urnes, Borgund, Heddal. Wundervoll, wie da alte Schiffszimmerleute den romanischen Baustil, den sie aus dem südlicheren Europa kannten, so eigenständig in Holzbauweise umgesetzt haben, daß wirklich etwas Neues entstanden ist. Das Katholische in den skandinavischen Kirchen ist vielleicht am ehesten in Schweden rübergekommen, in manchen Dorfkirchen scheint dieselbe Ausstattung wie vor der Reformation zu sein, und auch der Gottesdienst scheint sich kaum zu unterscheiden, er heißt auch “Messe” oder so ähnlich auf Schwedisch.

Technische Monumente

Außer den Kirchen waren da für uns vor allem noch so manche technische Attraktionen: Zunächst einmal das Kupferbergwerk in Falun, in dem schon seit dem Mittelalter nach Kupfer gegraben wird und das sogar einmal vollkommen zusammenstürzte, weil die Schächte nicht mehr fachgerecht zugeschüttet wurden. Das große Problem in diesem Bergwerk war das immer wieder nachlaufende Wasser, das nach oben gebracht werden mußte (in Mansfeld in Mitteldeutschland konnte das Wasser seitlich abgleitet werden, weil da ein Tal war). Heute ist dieses Bergwerk wie auch das in Mansfeld, in dem ich schon einmal mit T. war,  nur noch technisches Museum, die Besucher werden in modernen Aufzügen aus der Zeit im 20. Jht, in dem noch gefördert wurde, nach unten und von unten transportiert. Aus Falun kommt übrigens auch der tiefrote Farbstoff (vitriolhaltig), mit dem in Skandinavien die Holzhäuser gestrichen sind. Wir konnten darüber Leute aufklären, denen man erzählt hatte, die rote Farbe rühre daher, weil die Farbe aus Rentierblut und noch einigen Zutaten hergestellt sei - wohl ein typisches Märchen für die neugierigen aber “dummen” Touristen. 

In die Eisenerzgrube in Kiruna kamen wir nur in für Besucher hergerichtete stillgelegte Schächte, mit einem Bus fuhren wir vom Platz vor dem Touristenbüro in flotten Tempo in den Berg hinein, etwa 1000 km solcher unterirdischer Straßen soll es da geben, die Hälfte davon asphaltiert. Der Führer erzählte uns, daß heute die Schächte gegenüber früher unbeleuchtet seien, da könne man besser sehen, wenn ein „Gegenbus“ um die Ecke käme. Schade, daß wir da nur in den Museumsteil kamen, doch unser Führer erzählte uns, daß der aktuell betriebene Teil der Grube so technisiert ist, daß selbst die in der Grube tätigen Arbeiter kaum etwas sehen. Die einzigen Waggons der Erzbahn sahen wir schließlich nur im norwegischen Narvik, ja, das sind alles Namen, die wir ja noch aus der Geschichte kennen: In Narvik wurde das Erz für die Rüstungsproduktion der Nazis verschifft, das vom Erzberg aus dem schwedischen Kiruna kam - damals war das noch ein Erzberg, heute ist der Erzberg abgebaut und es wird die mehrere Kilometer breite und um die 400 m dicke Erzader einige hundert Meter unter der Erde abgebaggert oder besser abgesprengt. Auch wird das Erz nicht einfach verladen, sondern erst einmal aufbereitetet und in der Form von kleinen Kügelchen, sogenannten “Pellets” verfrachtet, wir durften uns von diesen Pellets soviel mitnehmen, wie wir wollten. Es kann auf diese Weise einfacher transportiert und vor allem bei den Stahlwerken leichter verarbeitet werden. In das alte Silberbergwerk bei Kongsberg (s.o.) kamen wir leider nicht, das wird gerade für die Touristen restauriert.

Für mich war das eindrucksvollste “Industriedenkmal” der Fahrt das Wasserkraftwerk im Umeafluß (“Umeälv”) bei Umea/Schweden am Bottnischen Meerbusen. Dort ist der ganze recht große Fluß umgeleitet und treibt bei einer Fallhöhe von um 60 Metern vier Turbinen mit einer Gesamtleistung von über 500 Megawatt an, was 5 % der schwedischen Stromproduktion entspricht. Wir bekamen eigens eine deutsche Führung, obwohl´s viele schwedische Besucher gab, die in großen Gruppen zusammen gefaßt werden mußten. Unser Führer, ein netter Student, führte uns zum unterirdischen Einlaß des Flusses in die Fallrohre zu den Turbinen, und dann standen wir in der riesigen 24 m hohen Kaverne auf den leicht vibrierenden Generatoren, von denen nur die kaum mehr als mannshohen Gleichstromgeneratorteile (für die Erzeugung des Erregerstroms für den Generator) herausragen. Es ging dann noch eine “Etage” an den Generatoren vorbei tiefer, viel sahen wir nicht,  doch immerhin die Achse, die die Turbine und den Generator verbinden, ca. 4 m Durchmesser, die sich zwei mal in der Sekunde dreht. Irgendwie wahnsinnig, was da tief unten in der Erde läuft, und alles ist ganz schön warm, weil bei der Entstehung von so viel Strom nun einmal viel Hitze “entsteht” (von meiner Zeit bei Siemens weiß ich, daß die „Drähte“ in den Generatoren eher Rohre sind und von einer Kühlflüssigkeit durchspült werden, wohl zumeist Wasser, irgendwie muß eben die Hitze aus den “Drähten” heraus).

Und sonst natürlich die Natur!

Schade bloß, daß wir davon manchmal nicht viel mitbekamen, schon einmal von dem schönsten Stück der Strecke am Bottnischen Meerbusen sahen wir wegen des Nebels bzw. der Wolken nichts, dann auch nicht von den Lofoten, der Inselgruppe westlich von Narvik. Besonders dort sahen wir nur immer die “Bergfüße”, von denen überall frisches Wasser herunterbrauste, und gerade so das Meeresufer - darüber und dahinter nichts mehr, alles verschwand im Nebel. Wie haben wir uns auf den Lofoten auf die Fähre nach Bodö auf dem Festland gefreut und wie waren wir enttäuscht, als uns die erste, die nach einigen Ausfällen ging, kurz nach Mitternacht wegen Überfüllung nicht mitnahm! Und wie warteten wir nun sehnlichst auf die nächste Fähre im strömenden Regen? Zum Glück war da vor dem Ende der Europastraße E10, die dank einiger Brücken, eines Tunnels und einiger kleiner Fähren auf die Inseln führt und die man mit einer etwa vierstündigen Fährfahrt „abkürzen“ kann, auf einem Parkplatz beim Ort “A” (so heißt der wirklich) noch ein Tunnel. In dem warteten wir, um schließlich auch mal ohne Regen austreten zu können (und da lief ohnehin Wasser durch den Tunnel.).

Und wie zeltet man bei solchem Wetter? Das war eben der Kampfurlaub! Glücklicherweise fanden wir immer noch einen Zeltplatz mit einem Dach in der Nähe, wo wir wenigstens im Trockenen zu Abend essen und erforderlichenfalls auch noch frühstücken konnten, mal wie auf den Lofoten ein Buswartehäuschen (gleich dahinter war ein schöner kleiner Zeltplatz für uns, und daneben gleich das Meer), mal eine kleine Tribüne bei einem Sportplatz (da gab es sogar Stromanschluß für Benjamins Rasierer und für den Tauchsieder), mal zwischen Betonstelzen das Fundament eines stillgelegten Ferienheims (wohl heute Militärbesitz, wie uns ein Norweger sagte, der hier einmal einen schönen Kinderurlaub erlebt hatte) an einem bei schönem Wetter gewiß wunderschönen See. Und einen Campingtisch und Campingstühle hatten wir ja auch dabei... Der Vorteil beim Zelten hoch oben im Norden ist übrigens, daß wir uns sozusagen an keine Zeiten zu halten brauchten, es ist eben immer hell. Und wenn nicht gerade die Sonne scheint (wegen Regens oder weil es im Wald ist), ist es im Zelt auch nicht so hell oder so schwül, daß das mit dem Schlafen nicht ginge. Von Nachteil auf dem Steinacker auf dem Felsen beim Nordkap, wo einige Wohnwagen stehen, ist eben nur, daß man erst einmal wandern muß, wenn man austreten muß, es gibt keine Büsche und es ist nie dunkel im Sommer... Immerhin hat unser neues kleines Igluzelt einen kleinen Vorraum, doch den haben wir allenfalls zum Kochen gebraucht...

Doch nun wirklich der Reihe nach

Nach der Überquerung des Öresunds mußte ich in Lund, der Stadt mit dem schönen romanischen Dom, erst einmal zum Zahnarzt. In der Volksklinik ließ sich der Arzt vom Feriendienst (es war wirklich nicht viel los) auf meine Idee, den Problemzahn einfach zu ziehen (schließlich stehen da sowieso zu viele), gar nicht ein, er machte mit viel Mühe eine Wurzelbehandlung. Und die Rechnung dafür, die ich nach der Rückkehr vorfand, war gar nicht mal gewaltig, so um die 130 DM. In Kalskrona (jetzt in Richtung Stockholm) waren da außer zwei evangelischen Barockkirchen des bedeutenden schwedischen Barockbaumeisters Nicodemus Tessin vor allem ausgemusterte Schiffe der Marine, die für uns interessant waren. Weitere Stationen waren Kalmar und die Insel Öland (dorthin auf einer großen Brücke), Norrköping (mit einem Stadtteil, der fast ganz Industriemuseum ist). In Stockholm  waren leider schon die Kirchen zu (die deutsche Kirche kenne ich noch von früher, schade), wir bewunderten die herrliche Lage der Stadt und die zum Teil sehr schönen Jugendstilfassaden. Interessant wie da sehr oft ganz realistisch nackte Kinder dargestellt sind, heute hätte man damit gewiß absolute Probleme, entsprechende Künstler würden in unserer in dieser Hinsicht schon längst nicht mehr sachlichen und eher schon paranoiden Gesellschaft gewiß sehr schnell der Kinderschänderei verdächtigt. Dann die Universitätsstadt Uppsala mit dem herrlichen gotischen Dom, die Kupferstadt Falun, die Kirchstadt bei Lulea (um eine wunderschöne Kirche drängen sich auf Kirchgrund um die 400 Häuschen, die von den Kirchbesuchern aus der näheren und weiteren Umgebung ausschließlich beim Besuch der Gottesdienste benutzt werden und von ihnen auch instandzuhalten sind; zu diesen gottesdienstlichen Anlässen gehören auch die jährlichen beiden Konfirmandenwochen vor deren großem Fest!), und schließlich Happaranda an der schwedisch-finnischen Grenze, wo ein für die Stadt überdimensionierter Bahnhof  an die Zeiten des Ersten Weltkriegs (wo es eine Seeblockade gab)  und des Zweiten Weltkriegs erinnert. Unseren schönsten Zeltplatz hatten wir wohl dann in Finnland in der Nähe des Inarisees an einem “eigenen” kleinen See (wir nahmen ihn natürlich auch zum Baden wahr) mitten im “schütteren” Nadelwald, um es einmal so zu sagen. Gegen die Mücken, die wir zwar lästig, doch nicht sonderlich aggressiv empfanden, auch taten die Stiche nicht sonderlich weh, half sehr gut unser Moskitonetz, das wir an einer Schnur zwischen Bäumen aufgehängt hatten. Am Morgen kam nach vielen Rentieren, die neugierig einen Bogen um uns machten, mit einem Auto auf dem Sandweg daneben zwar eine Frau vorbei, die sich als Eigentümerin vorstellte (das soll man auch wissen), doch war sie wohl mehr als erstaunt und sogar ein wenig verlegen, als ich mit einer Flasche Wein zu ihr hinlief und sie ihr überreichte. Am Seeufer ein wenig im Sumpf fanden wir die interessant schmeckenden Moltebeeren, leider waren die meisten noch nicht so richtig reif. Oft genug fanden wir allerdings kleine und größere Blaubeeren, na ja, Vitaminversorgung! (Und einmal gab´s auf einem dänischen Autobahnrastplatz auch schwarze überreife wilde Kirschen, die waren wirklich lecker - niemand pflückte die...)

Kurz hinter der norwegischen Grenze hielten wir bei einem Sehenswürdigkeitenhinweisschild - und fanden die Ruinen des “deutschen Zentrallazaretts für den Norden” mit vielen Resten mit deutschen Aufschriften (etwa Roeder - Darmstadt; wir hatten in Fulda und zunächst in Köln ja auch noch einen Roeder-Gasherd!) und mit Hinweisen auf norwegisch und englisch. Hier waren die Mücken allerdings so lästig, daß wir schon fast im Dauerlauf  zu unserem Auto flüchteten.

Das Nordkap selbst (es ist noch nicht einmal der nördlichste Punkt Europas) ist ein rechter Rummel. Der Felsen ist zwar sehr eindrucksvoll, Benjamin hatte wohl den besten Blick auf ihn, als er von unserem Zeltplatz einige Kilometer vor dem Nordkap zu Fuß morgens einen Ausflug auf eine nördlichere Halbinsel machte), doch steht da ein riesiges Touristenzentrum mit Läden, Restaurants, einer winzigen Kapelle, Museum usw. Und jeder, der dorthin will, muß um die 40 DM Eintritt bezahlen... (Man kann natürlich sein Auto auf einem kleinen Parkplatz etwa 3 km davor abstellen und mit einem Bogen dorthin wandern, das ist gewiß sogar die schönere Methode zum Nordkap zu kommen, was macht man allerdings bei schlechtem Wetter? Immerhin hatten wir gutes Wetter, wenn auch einige Wolken den wirklich freien Blick ein wenig behinderten. Wie sehr das ganze Touristenrummel ist, zeigt schon, daß die dort Sonnentiefststand genau um Mitternacht “feiern”, wo dieser Tiefstand ja nicht nur durch die Sommerzeit verschoben ist, sondern auch durch die geografische Länge, wegen der an den meisten Orten der Erde ja Sonnenzeit und Uhrzeit ohnehin nicht übereinstimmen.) Auch muß man schon vorher Maut bezahlen. Das Nordkap liegt nämlich auf der Insel Mageröya, und auf die führt seit einiger Zeit ein Tunnel, dessen tiefster Punkt über 200 m unter dem Meer ist, klar der Maut dafür, der Tunnel ist das auch wert.

Vom Nordkap fuhren wir nach einem Abstecher nach Hammerfest (es regnete immer, doch wenigstens ich stieg auf dem befahrbaren Aussichtsberg über der Stadt noch kurz aus, um mir einen Blick auf die Stadt zu genehmigen) über das Rentierzuchtgebiet Finnmark noch einmal nach Finnland, nicht nur wegen des Tankens (in Finnland ist der Sprit von allen skandinavischen Ländern sowieso am billigsten und außerdem gibt es an den Tankstellen Zapfsäulen mit Heizöl, vor einigen Jahren war es für Ausländer offiziell erlaubt, dies zu tanken, jetzt nicht mehr, doch stört sich niemand...), sondern auch weil wir nach Kiruna wollten, um uns das Erzbergwerk anzusehen. Kurz vor Narvik hatten meine beiden Gefährten bei unserem Zeltplatz zwischen Wald und Strand ihren Spaß, als ich auf dem Weg zum Strand von Möwen attackiert wurde, von denen eine mir sogar auf den Kopf (oder besser auf meine Pläät) hackte - wie in Hitchcocks Film “Die Vögel”. Es half nicht, als ich Steine nach ihnen warf, erst ein Knüppel wehrte sie ab, doch entschloß ich mich, an einer anderen Stelle im Meer das Geschirr abzuwaschen, irgendwo waren da eben die Küken.

Nach einer kurzen Visite in Narvik ging´s auf die Lofoten, zunächst war das Wetter ja noch ganz passabel, doch je schöner nach unseren Führern die Landschaft werden sollte, desto unerquicklicher wurde das Wetter. Wenigstens ging es noch, als wir von dem Hafen Myre aus an einer Walsafari teilnahmen. Die Safari war zwar recht teuer (klar, da wird nichts mehr subventioniert und die Sache muß sich tragen, für uns drei bezahlte ich über DM 400) und eigentlich haben wir nur aus der Ferne mal die schwarzen Rückenpartien der Zahnwale gesehen, die es vor allem dort oben gibt, und die riesigen Schwanzflossen, die noch einmal durch die Luft geschwenkt werden, bevor die Tiere für mehr als eine halbe Stunde bis in Tiefen von um die 800 Metern abtauchen. Doch gelohnt hat es sich...

Bei der Fahrt durch Norwegen war für mich die Fahrt zwischen Lom (dem Ort mit einer Stabkirche) und dem Sognefjord über den Sognefjell sehr beeindruckend, zwar kaum mehr als 1400 m hoch, doch mit herrlicher Aussicht auf Gletscher ringsum, die kaum höher sind. Davor kamen wir zufällig am ärmlichen Geburtshaus von Knud Hamsun vorbei, in einem  Schaukasten gab es Zitate von Hemingway und Thomas Mann und anderer berühmter Schriftsteller über ihren norwegischen Kollegen. Ich weise hier auch auf die Meinung meines Vaters über diesen Schriftsteller hin, der sich zwar von den Nazis einlullen ließ, was er “hinterher” sehr bereute, der jedoch 1920 mit dem Nobelpreis geehrt worden war.

Und nach den Sognefjell fanden wir neben der nun wirklich engen und in vielen Karten gar nicht verzeichneten Straße am Südostufer des Sognefjords (hier ziemliches  Süßwasser) wohl unseren urigsten Zeltplatz inmitten eines dunklen Waldes, ich mußte erst einmal den Untergrund für unser Zelt mit meinem Klappspaten und mit herumliegendem Altholz herrichten und den Zugang von abgestorbenen Ästen an den dichtstehenden Bäumen freimachen. Leider regnete es am Morgen so, daß uns das Morgenbad im Fjord verging... Bei der zweiten Fähre über den Fjord (man muß hier sozusagen im Zickzack fahren, weil es nicht überall Straßen gibt) rief ich Trinh zu, daß es in einer großen Behindertentoilette eine hervorragende Möglichkeit zum Haarewaschen gibt, die sich auch gleich nutzte, was blieb ihr anders übrig? Leider hatte sie deswegen kaum Gelegenheit, die Fahrt über den Fjord zu genießen...

Von unserer anschließenden “Hausbesetzung” will ich lieber nicht groß berichten,  wegen des Dauerregens waren wir so verzweifelt, daß wir die Gelegenheit wahrnahmen, als Benjamin entdeckte, daß von einem alten Haus die Tür offen stand. Ganz offensichtlich hatten in diesem Haus manche Leute ihre Möbel und sonstiges Inventar abgestellt, denn da waren immer Bänder mit Namenszetteln, die kleine “Parzellen” abgrenzten. Wir brauchten das Zelt nicht aufzuschlagen, es reichte, daß wir es ausbreiteten. Mit ein paar Kartons von unserem “Kartonwein” und einem Dankschreiben und einer Reklame für meine Website bedankten wir uns bei den unbekannten Eigentümern. Hoffentlich treiben nicht spielende Kinder Unfug damit, doch wir hatten nicht den Eindruck, daß dieses Haus ein Spielplatz von Kindern war. ..

Einen sehr schönen Zeltplatz hatten wir wieder auf einem Waldparkplatz am Oslofjord, und Wetter und Wasser waren hier so schön, daß wir richtiges Badevergnügen hatten. Nur hatten wir dann in Oslo Pech: unser Auto wurde aufgebrochen. Wir hatten es auf einer Zufahrtsstraße zum Zentrum abgestellt, und als ich mal zwischendurch etwas holen wollte, sah ich, was geschehen war. Allerdings hat der Einbrecher im Grunde nur Dinge entwendet, die für ihn zumeist ohne jede Wert sind, deren Fehlen für uns jedoch ärgerlich sind: Trinhs Rucksäckchen mit ihrer schmutzigen und sauberen Wäsche (sie hatte sie auf einer Fjordfähre gewaschen und wir hatten alles mühsam auf dem Armaturenbrett getrocknet), ihrem Tagebuch und ihrem Adressenverzeichnis und ihrem “Handy”, das sie von Freunden geschenkt bekam. Wenigstens war es eines mit Kartenbenutzung, und auf der Karte waren auch nur noch Gespräche für kaum mehr als 2 DM. Und dann fehlten noch ein Handapparat für mein Garagentor (sonst zu nichts zu benutzen, ich habe zum Glück noch einen zweiten), eine flache Taschenlampe und zwei Kombiwerkzeuge, von denen eines auch schon zerbrochen war. Der Dieb könnte ein eher auffälliger Ausländer (ein Farbiger?) gewesen sein, der sehr in Hektik war, weil er auf keinen Fall erwischt werden wollte. Bei unserem Bummel durch Oslo haben wir unter den Arkaden einer Behörde (es war Sonntag) auch einige Fixer gesehen, oh, war das abstoßend, wie die sich selbst oder gegenseitig Spritzen in ihre Füße jagten.

Sonderlich interessant fanden wir Oslo nicht, jedenfalls weniger interessant als Stockholm und Kopenhagen, vielleicht haben wir manches auch nicht gesehen (unsere “Objekte” waren Dom, Schloß, Festung “Akershus”, Universität, Rathaus von außen mit den Reliefs aus den nordischen Mythen im halb offenen Innenhof, schade finde ich im Nachhinein, daß wir den bekannten Vigelandpark mit den vielen tollen Figuren nicht gesehen haben, na vielleicht beim nächsten Mal)! Übrigens: Oslo kostet wohl immer Straßenzoll, wenn man hinein und hinaus fährt, nicht viel, doch man muß das Geld dabei haben und immer bar bezahlen, wie auch die Fähren, die wir erlebt haben. 

Zum Abschied aus Norwegen hatten wir noch einen wunderschönen Zeltplatz hoch über einem See auf einem Privatgrundstück, wo ich der Frau des Besitzers, die gerade da war, einer Engländerin, wie sich herausstellte, eine Flasche Wein gab. Eigentlich waren diese Mitbringsel nicht als Bezahlung gedacht, sondern als Anlaß für ein Gespräch - und hier klappte das auch ein wenig. Etwas später fanden wir eine Werkstatt für landwirtschaftliche Geräte, wo wir uns einen “Siebenerinbusschlüssel” liehen, um die Bremsbeläge auszuwechseln, die nun doch sehr abgefahren waren. Immerhin fanden wir im Schrott der Werkstatt eine passende Schraube und eine kleine Metallplatte mit Loch, was wir als Werkzeug benutzen konnten, um das Bremssystem für die neuen dickeren Bremsbeläge passend zu machen. Überhaupt zu meinem alten Passat: Wirklich, er ist ein tolles Auto, er funktionierte immer und war absolut sparsam, einmal war der 65,7-Tank erst nach 1237 km leer, was einen Spritverbrauch von 5 1/3 Liter auf 100 km bedeutete, na ja, bei der langsamen Zuckelei in Norwegen da wirkt sich auch ein 1400-m-Paß nicht wesentlich auf den Spritverbrauch aus! Den Schaden hatten wir erst nach der Rückkehr auf unserer Mariae-Himmelfahrts-Fahrt nach Antwerpen (in der St. Paulus-Kirche gab es anlässlich des Marienfestes, der in Belgien Feiertag ist, die Jubelmesse von Carl Maria von Weber, das war so der katholische Abschluß der Fahrt), da leckte plötzlich die Ölwanne so sehr, daß wir eine kleine Resturlaubsfahrt ans Meer abbrechen mußten, in meiner Werkstatt wurde dann die Ölablaßöffnung aufgebohrt und ein Gewinde für eine größere Schraube eingeschnitten. Doch so etwas ist im Grunde normal, immerhin hat der Wagen jetzt über 500 000 km auf dem Buckel, die Hälfte davon seit ich ihn habe (ich habe allerdings recht bald den Motor restaurieren lassen, dabei hätten sie die Ölablassschraube gleich mitmachen sollen...), die Fahrt nach Skandinavien bedeutete allein fast 10 000 km!

Ende der Fahrt

Auf der Seitenstraße zur E6 nach Schweden, die wir befuhren, war bei der Grenze nach Schweden nun gar keine Kontrolle, Göteborg schenkten wir und (oder wie ein Schwede sagte “Gotenburg”), dafür hielten wir in den kleinen Städtchen Varberg, Falkenberg und Halmstad südlich davon. Im Badeort Varberg landete ich auf der Jugendstilinsel (?) auf Pfählen im Meer im offenen Männersolarium alter Art, was ich gleich wieder fluchtartig verließ. Besonders hübsch fand ich auf dem Markplatz den Brunnen mit zwei ballspielenden nackten jungen Leuten, ja wenn junge Leute einmal auch in Wirklichkeit so unbefangen miteinander umgehen könnten! Und erst recht wie schön wäre das, wenn dieses Bild ein Symbol für die gelungene Beziehung zwischen Völkern, ja zwischen Religionen wäre! (Leider konnte ich nur „gegen Licht“ fotografieren und musste das Bild fürs Internet korrigieren, damit man überhaupt etwas sieht, daher gibt es leichte Farbverzerrungen.) Ich schrieb diesen Wunsch auf eines meiner Werbeblätter, das ich ins Gästebuch der Kirche legte, ich glaube ja, daß so etwas grundsätzlich möglich ist, allerdings nur bei wirklich “hoher Moral”. In Falkenberg steht die wunderschöne Laurentiuskirche mit einem rieseigen Deckengemälde auf der verbretterten gewölbten Decke und in Halmstad gibt es neben alten Fachwerkhäusern (zumindest eines kann man gratis besichtigen) auf dem Marktplatz auch einen modernen Brunnen, hier schwingt sich die “Europa” mit Schwung auf einen mächtigen Stier, drumherum vier männliche “Nixen” oder wie diese Figuren heißen. Also ich finde, daß diese Ecke Schwedens (“Halland”) sich für einen gepflegten Urlaub eignet, so wie sich ihn mein Kollege Bernd G. vorstellt, der in diesem Jahr pensioniert wurde, und der manchmal mit uns eine kleine Tour unternimmt.

Zum Abschluß der Fahrt fuhren wir dann nach Dänemark über die neue Öresundbrücke bzw. durch den Tunnel und nach einem kleinen Bummel durch Kopenhagen über die Große-Belt-Brücke. Auf unserem Zeltplatz vor dem Pumpenhäuschen der Kopenhagener Wasserversorgung luden wir einen Anwohner, wie es sich herausstellte, ein LKW-Fahrer, zu einem Bierchen ein, und der gab uns den Tip, daß es in Dänemark auch wie in Finnland Heizöl (an manchen Tankstellen) zum Tanken gebe, das hier wegen der Krebsgefahr allerdings gelb eingefärbt sei. Wir haben das auch mal ausprobiert, auch das funktionierte anstandslos, allerdings ist zur Zeit gar nicht billiger als normaler Diesel hier bei uns in Deutschland.

Letzter Besichtigungsort in Dänemark war dann das alte Städtchen Ribe in Jütland nur wenig nördlich von Sylt: Außer einer wunderbaren Klosterkirche mit Kreuzgang in Backsteingotik gibt es einen romanischen Dom teilweise mit Tuffstein aus dem Kölner Raum (nach Norden transportiert als Ballast in bei der Rückfahrt leeren Segelschiffen wie später die Steine für manche  Kirchen in Südamerika?) und auch sonst eher rheinisch beeinflußt, interessant die moderne Chorausmalung. Wir hatten einen schönen Zeltplatz neben einem kleinen Feldweg gefunden mit schönem Blick auf das Städtchen, leider wurden wir beim Aufbau von heftigem Regen überrascht und dann wurden wir durch eine Hecke nur schwach von den starken nächtlichen Sturmböen geschützt. Am nächsten Tag regnete es zwar nicht, doch der Wind blieb und so hatten wir dann auch nicht viel Lust, lange auf Römö zu bleiben, der Insel, die nördlich von Sylt liegt, und über die sparsame Syltgäste mit der Fähre nach Sylt fahren, um den noch teureren Eisenbahntransport über den Hindenburgdamm zu umgehen. Witzig auf dieser Insel ist, daß man mit seinem Auto nicht nur auf den Strand fahren, sondern auf ihm regelrecht herumkurven kann, viele Autos parken dort auch, während die Besitzer baden. Allerdings kann es auch passieren, daß man bei einer Weichsandstelle einsinkt, die Gelegenheit für die Geländeautofahrer, die Leistungskraft ihrer Fahrzeuge zu demonstrieren und die versunkenen Autos herauszuziehen.

Auch in Schleswig-Holstein fanden wir gleich hinter der Grenze noch einen schönen Platz und unterhielten uns sehr nett mit einem Ehepaar südlich von Berlin, die mit ihrem Campingbus hier ein paar Tage Urlaub machten. Ob sie unseren Tip angenommen haben und nach Ribe und Römö gefahren sind?

Trotz des Regens machten wir natürlich noch in Schleswig Halt, allerdings machte der Dom nicht mehr den Eindruck wie die schönen etwa gleichrangigen Kirchen in Schweden und Dänemark, vielleicht wirkt die neugotische Ausmalung heute doch nicht mehr so überzeugend. Immerhin war da jedoch der wunderschöne Bordesholmer Altar, der kurz vor der Reformation entstanden ist und in etwa die Stimmung damals wiedergibt. Am Schloß Gottorf in Schleswig konnten wir auch nicht einfach vorbeifahren - und hier hatten wir u.a. auch Gelegenheit, uns eine großartige Ausstellung über die Welt der heutigen Rentierhalter, der Samen, anzusehen, wie wir auf unserer Fahrt in den Norden zu den Samen nicht dazu gekommen waren. (Immerhin hatten wir dort oben einer Frau an der Straße ein Rentierfell und ein paar samische Schuhe abgekauft - das Fell hatte uns schon während der Fahrt bisweilen gute Dienste getan, wenn es wieder mal sehr kalt war...)

Ach ja, in Rendsburg gibt es ja noch eine Schwebebrücke über den Nord-Ostsee-Kanal, die da an der Einsenbahnbrücke hängt, die konnten wir auch nicht auslassen. Doch dann ging es zurück - keine weitere Nacht mehr unterwegs! Ein wenig waren wir das weniger gute Wetter in der letzten Zeit doch leid!

Resümee

Doch im Grunde war das Wetter Nebensache: Wir haben viel gesehen und das mit der Big-Brother-Fahrt hat auch geklappt, wir kamen so gut miteinander aus, daß wir durchaus daran gedacht haben, wieder einmal etwas gemeinsame zu unternehmen. („Big-Brother-Fahrt“ heißt im übrigen, daß so in etwa das Konzept des Umgangs miteinander gilt, wie ich es auch in meiner Website beschreibe. Ganz abgesehen von dem ethischen Wert klappt das einfach – wenn man nur will – und es erleichtert vieles. Wenn ich nur daran denke, was das bei anderen Fahrten bisweilen ein „Gedöns“ war, wie und wo man sich wäscht....)

Und zu den Fahrtkosten: Es wird immer gesagt, daß Skandinavien so teuer ist, besonders Norwegen und dort besonders die Lebensmittel. Ja, das stimmt, ist aber nicht so wesentlich, und gerade nicht bei einer Fahrt, wie wir sie machten. Schließlich kann man einige Dinge von hier mitnehmen (wie die alkoholhaltigen Getränke und Fleischkonserven, und auf Kartoffel und die in Norwegen besonders teuren Eier kann man ja mal ein paar Tage bzw. Wochen verzichten). Für uns weniger akzeptabler war, daß „dort oben“ überall, besonders jedoch in Schweden, das Brot gezuckert ist. Ich erinnere mich an meine I-Dötzchen-Zeit in Fulda, als die Zahnärztin bei der Reihenuntersuchung sich wunderte, wie gesund unsere Zähne alle seien (wohl trotz des Krieges, der gerade zuende war), sie sei lange Zeit in Schweden gewesen, dort hätten schon die Kinder alle schlechte Zähne wegen des Zuckers im Brot. So standen wir denn immer in den Supermärkten an dem Brotregal und studierten die Inhaltsangabe der einzelnen Brotsorten, wenn da „Siroop“ oder „Zocker“ oder so etwas drauf stand, dann war das gleich nichts. Einmal fanden wir ein passendes Brot im Einkaufswagen mit dem Brot vom Vortag, bei der Kasse gaben wir den Bon mit dem Betrag der zurückgebrachten Pfandflaschen ab – und wir erhielten noch 2 Kronen (50 Pfg) zurück... (Woher die Pfandflaschen kamen? Von uns gewiß nicht... Wir haben ja den Grundsatz, wenn wir schon wild zelten, dann lassen wir den Platz nicht nur gerade so zurück, wie wir ihn vorgefunden haben, sondern besser, wir nehmen also quasi als Gegenleistung dafür, daß wir den Platz hatten, den Müll mit, den andere hinterlassen haben. Denn schließlich würde niemand, der uns hat zelten sehen, hinterher unterscheiden, ob das Hinterlassene unser Müll ist oder ob das schon vor uns da war, es würde immer heißen, „die Deutschen da in dem alten Auto“ waren es! Na, und bei dem Müll gibt es bisweilen eben auch Pfandflaschen, die braucht man doch nicht auch mit in den Container zu werfen?)

Ob ich noch einmal nach Skandinavien fahre? Gewiß, vielleicht in ein paar Jahren, doch sicher nicht mehr nur mit Zelt, und vielleicht habe ich wieder einmal so ein Büs´chen, damit wir nicht ganz so vom Wetter anhängig sind! Das Problematische war ja eigentlich noch nicht einmal das Zelten, das klappt ja auch im Regen, blöder war es, im Regen zu Abend zu essen oder zu frühstücken. Wenn wir da wenigstens ein Dach hätten, vielleicht auch so eine Art transportablen Pavillon, der nicht so schwer ist? Ob sich vielleicht am Auto so etwas anbringen lässt, so daß eine Seite auch gleich windgeschützt ist, etwa im Zusammenhang mit der offenen Rückklappe?

Gerade höre ich im Radio, daß in Skandinavien Unwetter waren, Stockholm, Südnorwegen – was haben wir für ein Glück, daß wir schon hier sind. Und außer der Abschlussfahrt nach Antwerpen haben Trinh und ich dann doch noch einen wirklich letzten Zweitagestrip an die holländische Küste gemacht, wir fanden sogar den Kollegen Willi A., der dort mit einem Wohnwagen einen Jahresplatz auf einem Campingplatz hat, schließlich wollten wir wenigstens ein wenig in wirklicher Wärme am Meer sein!

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