Mexiko Sommer 1985

Mal alte Kulturen mit Menschenopfergottesdiensten - Rundreise mit eigenem Auto von New York aus...

Diesen Bericht schreibe ich, als ich in der Zeitung lese, daß das Erziehungsministerium in Mexiko-Stadt mit den antikapitalistischen Fresken des Diego Rivera ist durch das Erdbeben größtenteils zerstört ist, wohingegen Kathedrale und alte Gebäude in der Innenstadt aus der Zeit nach der Eroberung gleich in der Nähe unbeschädigt geblieben sind. Sie waren offenbar so seriös gebaut, daß sie erhalten blieben, ich schätze ja, die Ursache ist, daß die alten Gebäude „nur auf Druck“ gebaut wurden, während die modernen dank der Stahlskelettierung  vor allem im Beton „auf Druck und Zug“ gebaut sind, und das hat´s eben nun doch nicht gebracht...

Ob also unsere kleinen Hotels in Mexiko-Stadt, in denen wir gewohnt haben, oder die kleinen Restaurants, in denen wir gegessen haben, noch erhalten geblieben sind? Wehmütig verfolge ich alle Nachrichten in der Zeitung über das Erdbeben und habe auch gleich einen Scheck an die Caritas geschickt, denn es geht einem doch nahe, wenn man von einem Erdbeben hört, das genau dort wütet, wo man noch wenige Wochen zuvor, von Straßenhändlern zubereitete Tacos gegessen hat...

Doch der Reihe nach.

Begleiter auf dieser lange Zeit ersehnten Reise war diesmal Christoph, der Sohn einer befreundeten Dame. Christoph ist erst seit einigen Monaten in West-Berlin, zuvor hat er in der DDR einiges erlebt. Er ist ca. 10 Jahre jünger als ich und Musiker. Geplant war von vorneherein der Kauf eines alten Autos in den U.S.A., mit dem wir dann die ganze Tour absolvieren wollten. Und da der Flug nach New York am günstigsten ist, buchte ich mit der jordanischen Fluglinie ALIA dorthin gleich zu Beginn der Ferien für 1100,00 DM, ab Amsterdam.

Mein Auto wollte ich irgendwo in der Nähe des Flughafens stehen lassen, nur nicht auf dem Flugplatz (die Gebühren wären dann wohl höher als der Wert des Autos), doch das mißlang – auch mich wurde die Polizei aufmerksam, weil ich irgendwo einen Zipfel eines Flugfeldes überquerte. Sie überprüften alles genau und bei dieser Gelegenheit wurde dann auch mein Auto auf einen 4,00 DM-pro Tag- Parkplatz abgestellt. Alles nicht einkalkulierte Kosten! Unsere Maschine hatte bald 2 Stunden Verspätung wgen übergenauer doppelter Kontrolle aller Passagiere, sogar mein Schweizer Taschenmesser mußte ich abgeben. Verpflegung gut, Aussicht aus dem Jumbo besonders vor der amerikanischen Küste toll – überall noch große Treibeisfelder.

Autokauf in New York - bei uns ist das einfacher...

In New York kamen wir abends an, zusammen mit zwei Schülern schliefen wir auf dem Flugplatz und gingen am nächsten Morgen auf Suche nach einem geeigneten Auto. Zunächst versuchte ich, in Zeitungsanzeigen das Geeignete zu finden, irgendeinen kleinen Chevrolet so zwischen 200 und 300 Dollar. Aber irgendwie ergab sich da nichts und wir begannen Autohandlungen abzuklappern. So auch die Chevrolet-Vertetung in New York-Flushing. Aber die hatten nur ein 81er Modell, sehr heruntergekommen, mit mehreren Blechschäden. Unter 1200 Dollar wollte der Verkäufer aber nicht gehen. Da ich das Modell in Zeitungsanzeigen zwischen 2000 und 3000 Dollar gesehen hatte, kam mir die Idee, die Schäden im Niedrigpreisland Mexiko reparieren zu lassen, um dann zumindest die Kosten für Auto und Reparatur wieder hereinzubekommen. Aber bei den Kosten blieb es nicht- mit Steuer und Versicherung wurden´s deutlich über 1400 Dollar, und das bei einem Kurs weit über 3 DM pro Dollar. Doch ich kaufte trotz aller Bedenken das Auto – vor allem mußte ich mir weiteres Geld beschaffen, da meine Reisekasse beim Autokauf so ziemlich aufgebraucht war. Die Filiale der Deutschen Bank nahm Euroschecks an, aber pro Scheck auch 6 Dollar Spesen! Harte Sitten, was leben wir bei uns doch in einem braven Land!

Mittwochabend erlebten wir im Astoria-Park unterhalb einer hohen Amtrak (Eisenbahn)-Brücke noch eine Gratisaufführung (konzertant) von Puccinis Manon Lescaut mit Nello Santi. Ich war etwas müde und da ich schon auf dem Rasen lag, bekam ich hin und wieder von der herrlichen Aufführung doch einiges nicht mit. Hinter uns nutzten italienische Familien mit all ihren Bambinis die Gelegenheit zu einem Picknick vor italienischer Musikkulisse, leider auch oft nicht ganz ruhig. In einer Seitenstraße neben dem Park verbrachten wir die erste Nacht in unserem Auto, einem Kombi, in dem man so gerade liegen konnte, wenn man Rücksitze vorklappte und auch die Frontsitze nach vorne stellte. Die Blechschäden waren nicht sonderlich schlimm, vor allem war die linke Fahrertür eingebeult, offensichtlich hervorgerufen durch unvorsichtiges Öffnen, wobei dann jemand hineingefahren war. Ansonsten leichte Schäden hinten und links vorne, alles reparabel. Dazu klapperte noch etwas am Auspuff (d.h. der war wohl undicht). Vor dem Kauf war das Auto noch auf Fahrtüchtigkeit und Sicherheit gescheckt worden, so daß wir eigentlich beruhigt von N.Y. abfuhren. Seit meinem letzten Besuch in N.Y. hatte sich besonders das Viertel hinter der Wallstreet verändert, wo damals verkommene Hafengebäude standen, war jetzt alles neu und schön. Dazu ein Straßenfest. Der Becher Bier kostete 2,50 Dollar.... Ach ja, die U-Bahn kostete auch 90 Cents, d.h. beim jetzigen Kurs knapp 3,00 DM, vor 6 Jahren beim Kurs von unter 2,00 DM nur 50 Cent (knapp 1,00 DM). Also weg von N.Y.! In der ersten Stadt von New Jersey gab ich bei der Post noch eine Flasche Luxemburger „Birne“ an meinen Cousin (um drei Ecken) Gunter C. in Albany im Staat N.Y. auf und war erstaunt, wie billig das nun wieder war, unter 2 Dollar. Allerdings durfte das Paket nicht verschnürt sein, es mußte völlig verklebt werden, der Postbeamte gab mir dafür Klebestreifen im Wert von mindestens 2,00 Dollar . Merkwürdige Sitten. Da wir nicht beliebig viele Dollars mithatten, hatten Christoph und ich vereinbart, daß er die Benzinkosten mit seiner Kreditkarte bezahlt. Sehr bald stellten wir allerdings fest, daß die Benzinpreise für „Cash“ (d.h. bar) niedriger waren, teilweise sehr sogar. Zu dumm auch, daß die amerikanischen Banken nicht auch an das für uns so günstige Euroschecksystem angeschlossen sind, wo man jederzeit und überall günstig an Geld kommen kann. Wir sind hier in Europa mit unseren Banken so richtig verwöhnt. Auf der Autobahn in Richtung Washington hin und wieder Zollstellen, auch die Brücken sind zumeist zollpflichtig.

In Washington erst mal Wissenschaft!

Vor Washington zweigen wir ab und suchen einen Campingplatz der Campground of America-Gesellschaft, als wir ihn erreicht haben, werden wir durch die hohen Gebühren abgeschreckt und parken das Auto neben einer Brücke an einem Fluß inmitten einer teilweise urwaldähnlichen Landschaft. In einem kleinen Bach in der Nähe kann ich noch abends baden. Am nächsten Morgen frühstücken wir bei einem kleinen Essensstand in der Washingtoner Markthalle und fahren dann zum Capitol. Vertrauensvoll lassen wir unser Auto offen, ein Polizist bietet uns an, unser Auto zu rangieren, damit wir in der zweiten Reihe stehen bleiben können. Unkompliziert kommen wir ins Repräsentantenhaus (wo gerade ein Abgeordneter schimpft, wozu er überhaupt noch da sei, wo die meisten am Freitagnachmittag doch schon im Wochenende seien) und in den Senat. Nur fotografieren durfte man dort nicht.

Danach ging ich noch etwa zwei Stunden in die Kongressbibliothek, wo ich mich für die Mythologien der an Israel angrenzenden Völker (vorchristlich) interessierte. Mal sehen, an was man in Amerika so forscht – und ich habe auch wieder etwas Brauchbares gefunden! (Inzwischen gibt es eines der Bücher auch bei 2001 in Übersetzung...)

Mittags dann weiter nach Richmond, Onkel Karls Telefon ließ ich mir von der Auskunft geben, allerdings konnte ich niemanden erreichen. Bei einem Mädchen erkundigten wir uns nach der Straße in Richtung Apalachen und kamen bei einem (von mir mitgebrachten) jugoslawischen Enzian zusammen mit ihrer Freundin ins Gespräch. Dabei fragten wir auch, was man in den U.S.A. so von den heutigen Deutschen hielte. „Degenerated“ meinte sie, und als wir verblüffte nach der Erklärung fragten, meinte sie weiter: „die sitzen in den Cafes, trinken die dicken Biere und fahren mit schnellen Autos wie die Idioten durch die Gegend“ (so ungefähr und wohl sinngemäß meine Übersetzung). So kann man also auch Dinge zusammensehen, die wir hier üblicherweise trennen.

Die Nacht verbrachten wir wieder in einem Waldweg, nachdem wir von der Straße wegen des Lärms geflüchtet waren. Um etwas von den Naturschönheiten in den U.S.A. mitzubekommen und nicht nur so gerade wie die Idioten nach Mexiko zu rasen, fuhren wir ein Stück auf der Kammstraße der Apalachen, dem Ridge Parkway, wuschen uns selbst und unsere Sachen in einem herrlichen sauberen Bach, und fuhren dann weiter zum Smoky National Park, wo wir allerdings außerhalb schlafen mussten, während der Regen an unseren Wagen peitschte.

Jetzt wissen wir´s: "Die Deutschen sind alle degenerated, weil sie die dicken Biere trinken und dann wie die Idioten auf den Autobahnen fahren".

Am Sonntag Messe in Knoxville. Wir kamen nachher mit Father Albert ins Gespräch, leider zu kurz, er meinte auf meine Frage nach seinem Eindruck über die deutschen Katholiken „lax“, na ja, wir haben wohl auch tatsächlich eine andere Auffassung von Religion bei uns, aber merkwürdig kommt uns ja auch das Glaubensleben der Amerikaner vor. Über Autobahnen, die scheinbar durch einen einzigen großen Park führen, weiter dann nach New Orleans und Bummel durch die Rue Burbon (die „Börbn-Street“) und das alte Stadtzentrum. Hier bekommt man auch schon Bier um 1,00 Dollar herum, aber in schrecklichen Selbstbedienungskneipen. Wir schlafen etwas außerhalb zwischen Einfamilienhäusern und als wir aufstehen, prostet uns ein Rentner von einem der Häuser zu und lädt uns zum Bier ein. Wir lehnen ab, stiften ihm aber von unserem Enzian, an den er sich auch so hält, daß es mir schon peinlich ist. So habe ich das auch nicht gewollt. Aber er läßt uns duschen, als alter Matrose ist er nicht fremdenfeindlich. Als ich mein Hemd suche (wer weiß wo ich es hingelegt habe) und nicht finde, schenkt er mir eines von seinen mit irgendeiner indonesischen Aufschrift. Die nächste Nacht verbringen wir am Strand südlich von Houston, der Strand wird nur als Kippe für Abraum und als Übungsstrecke für Freizeitautos benutzt. Das Wasser – Golf von Mexiko – ist mäßig sauber und warm. Ich bade übrigens das erste Mal im „Golf“ Über eine (Gratis-)Fähre südlich Houston nach Texas. Auf einer leeren Landstraße werde ich gestoppt  von einem Polizisten, der stolz seinen deutschen Namen „Rhynsberger“ auf seinem Namensschild zeigt. Kurze Zeit später – Christoph fährt – werden wir wieder gestoppt, wir sind mit 68 m zu schnell gefahren, doch der Polizist (er hat uns aus einem fahrenden Auto gemessen!) verwarnt uns nur – Glück gehabt! Er meint, wir kennen sicher unser Auto noch nicht so gut. In der texanischen Grenzstadt Loredo übernachten wir neben dem Parkplatz eines großen Supermarktes und genießen noch einige Flaschen amerikanischen Bieres. Der Markt hat durchgehend auf. Für 100 Dollar tauscht jeder noch mexikanische Pesos zum Kurs 290, wir hätten mehr tauschen sollen, das stellten wir aber erst später fest. In Mexiko erhalte ich einmal nur den Kurs 245. Unser Problem ist, daß ausgerechnet in der Zeit, in der wir in Mexiko sind, die Wechselkurse ganz wild durcheinander gehen, schwarz (was nicht verboten ist) soll es bisweilen über 400  geben – ich komme aber kaum über 270. Erst gegen Ende der Ferien, als der gestützte Kurs aufgegeben wird, bekommt man zwischen 330 und 360 Pesos für einen Dollar. Die Hintergründe bleiben uns aber ziemlich schleierhaft, bis mich bei der Rückfahrt durch Mexiko-City ein Deutsch-Mexikaner aufklärt. – Also von Loredo über den Grenzfluß nach Nueva Loredo in Mexiko. Die Grenzkontrolle verläuft unproblematisch, unser Paß mit dem amerikanischen Visum reicht (das amerikanische Visum gilt übrigens „ewig“, d.h. auch wenn der Paß ungültig ist. Ich brauche in Zukunft nur den alten Paß mit einem gültigen neuen mitzubringen, aber das ist jetzt für die U.S.A.). Hinter der Grenze handele ich mit einem Versicherungsagenten meine Haftpflichtversicherung für Mexiko aus, auch hier werden wieder 56 Dollar fällig – jetzt habe ich 3 Haftpflichtversicherungen gleichzeitig laufen...

Erste "Schritte" in Mexiko.

Durch leicht wellige Landschaft mit kargem Pflanzenwuchs, dazwischen auch immer Kakteen, erreichen wir Monterrey. Vor der Kathedrale (kleiner Bau) imposanter Platz mit Naturbrunnen. Neptun wird von allegorischen nackten Gestalten gezogen. In einer Kneipe erste mexikanische Getränke. Es gefällt uns sehr gut. Da ein Reifen einseitig völlig abgefahren ist, kaufen wir einen neuen Reifen – sehr günstig, so zwischen 80 und 90 DM, leider ist der Kurs ja noch nicht so gut. Benzin kostet übrigens 55 Peso pro Liter (in Mexiko rechnen die, anders als in U.S.A. wieder in Litern), Extra, d.h. bleifrei, was wir eigentlich tanken müssen, kostet 70 Peso. Noch entsprechen 100 Peso etwa 1,25 DM, später soll sich das ändern, da sind es dann nur noch 80 bis 85 Pfennig. Wir tanken zunächst immer bleifrei, später aber, als wir kein bleifrei mehr bekommen, auch mit Blei. Die Nacht verbringen wir in einem Straßenrestaurant, wo wir eines der Familienschlafzimmer zugewiesen bekommen. Man berechnet uns zwar keine Preise für „Gringos“ (Nordamerikaner), aber wir merken doch, daß wir noch in der Nähe der U.S.A. sind. Die Leute haben Pannenhilfe zu leisten, wir fotografieren uns am nächsten Morgen vor ihrem Wagen. Es ist eigentlich sehr nett.

Unsere erste sehenswürdige mexikanische Stadt ist St. Louis Potosi. Neben einem schönen Park vor dem Bahnhof parken wir und machen Stadtrundgang. Im Bahnhof höre ich der wunderbaren Musik von zwei Musikanten, die vor der Bahnhofsmadonna neben den Wartebänken spielen. Die Kirchen haben alle herrliche barocke Fassaden und einige haben auch wunderbare raumfüllende Altäre wie in Spanien – besonders die Carmen-Kirche. Nach der Eroberung durch die Spanier war das Land im großen und ganzen bald christianisiert. Beim Kirchenbau war die Architektur streng vorgeschrieben, zur freien Gestaltung für die noch relativ frisch bekehrten Indios blieb nur die Ausstattung übrig. Und hier leisteten die Indios oft Großartiges, vergleichbar mit den schönsten Werken des süddeutschen Barock und Rokoko. Und immer wieder der leidende Heiland. Die Indios wurden ermuntert, ihn darzustellen, und sie taten es mit wirklicher Inbrunst, in ihn legten sie all ihr Leiden, auch und gerade die unter der spanischen Herrschaft. Bei einem dieser Heiland-Figuren entdeckten wir unter dem Mantel einen völlig zerfleischten Rücken, bis auf die Rippen war alles aufgerissen.

Eine wunderbare Atmosphäre! So etwas gibt´s in den U.S.A. nun wirklich nicht!

Leider erst bei Dunkelheit kamen wir in St. Miguel Allende, einem schönen Kolonialstädtchen an. Kopfsteinpflaster und herrliche Atmosphäre. Im Parador Moteverde fanden wir ein Zimmer für 2400 Peso mit Bad und Toilette hinter einem Mauerbogen. Vor unserem Zimmer Innenhof mit vielen Pflanzen und Bäumen und Arkaden. Wunderbar! Auf dem Marktplatz probieren wir mexikanische Küche bei irgendwelchen Ständen. Die Polizeiwache könnte auch in einer Oper vorkommen. Am nächsten Morgen sehen wir den Turm der St. Michaels Kirche genauer an: gotisch mit vielen Türmchen. Ein örtlicher Baumeister soll ihn nach dem Bild einer europäischen Kathedrale im vorigen Jahrhundert gebaut haben. In einem alten Palazzo Kunstausstellungen, die Stadt hat auch eine Künstlerkolonie.

Nächstes Ziel im leichten Zickzack nach Mexiko-City: Guajanuatro. Was uns erstaunt, ist ein offenbar ausgedehntes Straßennetz unter der Stadt. Die Straßen sind oft so breit, daß Autos geparkt werden können. Die Universität hat eine großartige Freitreppe, bemerkenswert ein Theater im Kolonialstil. Vor der Stadt die Kirche Valenziana (Wallfahrtskirche) mit drei wunderbaren Altären, ansonsten leicht ramponiert. Auf der Fahrt in Richtung Mexiko-City finden wir Hinweisschilder zum Zentralberg von Mexiko. Christoph läßt mich die Serpentinenstrecke hinauf mit elendem Kopfsteinpflaster fahren nach dem Motto: wenn einer das Auto kaputt fährt, soll es wenigstens der Hauptbesitzer sein. Vor oben ein herrlicher Rundblick. Über uns immer noch eine 25 m hohe Christusstatue, an dem ganzen Komplex wird noch gebaut. Als wir die Stätte verlassen, kommen uns jede Menge Indios entgegen, sicher verbringen sie die Nacht da oben, sicher könnten wir etwas erleben, aber wir fahren weiter in den Abend. In Silao erleben wir in der Kirche irgendein Fest, etwas außerhalb find wir eine Art Motel, recht einfach, trotzdem 2000 Peso.

Erste Pyramiden: Die der Tolteken. Und dann Mexiko-City!

Morgens Bummel über den Marktplatz, dann weiter über zollpflichtige Straßen zu unserer ersten Pyramidenstätte: Tula. In strömendem Regen besteigen wir die erste Pyramide, hier der Tolteken. Berühmt ist diese Pyramide durch die Kolossalstatuen, die auf ihr stehen und ehemals als Säulen für einen Tempel dienten. Hinter der schönen Wehrkirche noch aus spätgotischer Zeit finden wir ein Hotel für ca. 14,00 DM (für beide!) mit Fernsehen auf dem Zimmer: es gibt eine Berlioz-Sinfonie. Am Morgen – Sonntag – besuche ich einen Gottesdienst, der mich allerdings eher frustriert trotz des Textes, der einem am Eingang verkauft wird, danach noch einmal in besserem Wetter die Toltekenruinen. Auf dem Weg nach Mexiko fahren wir noch an zwei Pyramiden (bereits im Stadtgebiet) vorbei (eine bei St. Cäcilia), die wir leider nur vom Gitter aus sehen können, da es schon nach 17 Uhr ist. Es muß einmal eine unheimliche Menge solcher Pyramiden gegeben haben, auf denen hölzerne Tempel standen. Hier bei St. Cäcilia ist der Tempel aus Stein und noch erhalten. In der Innenstadt suchen wir lange nach einem Hotel, wir finden nur Luxushotels. Schließlich - auf dem Weg nach etwas außerhalb – entdecken wir ganz in der Nähe der Reforma, der Prachtstraße von Mexiko-Stadt. das Hotel Maria Angela (fast wie meine Schwester, nur umgekehrt), wo wir für 2400 Peso gleich mehrere Zimmer bekommen. Christoph kann hier sogar mit seiner Karte zahlen, somit wird unsere Bar-Kasse entlastet. Mit der modernsten U-Bahn, die ich bis dahin kenne, fahren wir für 1 Peso (= ungefähr 1 Pfg) noch ins alte Stadtzentrum zum Zocalo, dem Hauptplatz mit Kathedrale und Cortezpalast. Alles ist beleuchtet und wirkt unheimlich eindrucksvoll. Bei einem Gang durch die Altstadt – etwa das Gebiet, wo so ungefähr die meisten Erdbebenschäden sein müssen – finden wir vor einem Haus ein Straßenrestaurant. Die Wirtin kocht in ihrer Küche und bewirtet die Gäste auf der Straße. Außer uns noch ein junges Paar (sie schiebt ihm voller Verliebtheit die Bissen in den Mund) und zwei oder drei Männer. Wir essen herrlichstes mexikanisches Essen, nah dem Motto: was eine Hausfrau kocht, kann man überall auf der Welt essen. Und es scheint uns auch zu bekommen. Die nächsten Tage – wir bleiben fünf Nächte in unserer Suite – sind geprägt von der Autoreparatur (aber das nur zwischendurch) und vor allem dem Erlebnis der Hauptstadt. Mit Hilfe eines Jungen von der Rezeption finde ich eine gute Karosseriewerkstatt (Straße vergessen, Hausnummer 111), der mein Auto besieht und es für den nächsten Tag bestellt, Der Preis wird vorher ausgehandelt: 10 000 Peso – und die Arbeit ist hervorragend, alles was vereinbart war, war so gemacht, daß man keinen Unterschied zu vorher beschädigten Teilen erkennen konnte, also bekam der Chef auch das versprochene Trinkgeld von 1000 Peso. 135 DM für die Reparatur einer zerbeulten Tür plus weiterer Schäden – einfach traumhaft!

Doch zu den Sehenswürdigkeiten! Da am ersten Abend die Kathedrale natürlich schon geschlossen war, treffen wir uns am ersten Besichtigungstag in der Kathedrale (ich hatte ja wegen des Autos zu tun). Bis Christoph ankommt, kann ich noch an einer heiligen Messe am Gnadenaltar teilnehmen, es ist Muttis Geburtstag. Die Kathedrale wurde bald nach der Eroberung Mexikos begonnen und ist die größte des lateinamerikanischen Kontinents. Beim Bummel durch die Altstadt fallen vor der Kathedrale die Handwerker auf, die ein Schild und eine Arbeitstasche auf das Pflaster gestellt haben, und für einen Hungerlohn auf Arbeit warten. Mit einem komme ich ins „Gespräch“, und als ich erzähle, daß ich Deutscher bin, meint er, daß er gerade einen deutschen Philosophen lese – nämlich Marx.

Auf der anderen Seite der Kathedrale sind Ausgrabungen der alten Aztekenruinen, daneben ein Modell der alten Stadt. Mexiko-Stadt wurde der Sage nach von den Azteken auf Inseln mitten in einem See gegründet, als sie einen Adler mit einer Schlange im Schnabel entdeckten. Dies ist auch heute noch Wappenbestandteil von Mexiko. An der Stelle der Kathedrale standen Tempelpyramiden, wo besonders viele Menschen geopfert wurden vor der spanischen Eroberung. Spanische Chroniken berichteten von Festen, an denen 10 000 oder gar 100 000 Menschen geopfert wurden, diese Zahlen dürften aber übertrieben sein. So wie ich sehe, wurden die Menschen aus drei Gründen geopfert: 1. Zur Fruchtbarmachung der Felder (dazu wurden etwa geschmückte Jungfrauen in heilige Kraterlöcher oder ähnliche Seen (= „Cenotes“) geworfen) 2. Zur Abwehr böser Geister (man glaubte an ein Verschwinden der Sonne, d.h. an den Untergang der guten Geister und an eine daraufhin folgende Übermacht der Geister; im Zusammenhang mit dem befürchteten Verschwinden der Sonne auch die intensive Beschäftigung mit der Astronomie), 3. Zur Erkenntnis der Gottheiten (bei allen Pyramidenanlagen gibt es Plätze für das kultische Ballspiel, bei dem Priester das „Ballspiel“ der Götter mit den Gestirnen nachempfinden. Der jeweilige Sieger (oder auch Verlierer – ich habe das nicht so genau  herausbekommen - ) wird anschließend mit Pulque, einem mexikanischen Alkoholgetränk betrunken gemacht und hingerichtet. Die Darstellung einer solchen Hinrichtung eines Priesters im Prunkgewand haben wir bei zwei Tempelanlagen gesehen). Damit dürften die Gründe für die Menschenopfer in Amerika etwa dieselben sein wie im Alten Orient für die Tempelprostitution, die ja auch dort irgendwie jedermann betraf. Nur daß im alten Amerika ein Volk fehlte, das gegen diese Abartigkeiten Sturm lief wie es im alten Orient die Juden taten – und hier natürlich besonders einige Propheten, weil viele von den Juden ja auch immer wieder zum Glauben der umliegenden Völker tendierten – aus verständlichen Gründen hier, denn vieles daran war ja schließlich zumindest auf den ersten Blick viel „lustiger“...

Ich meine, wir haben diese Leistung des jüdischen Volkes für unseren Kulturkreis bisher viel zu wenig geschätzt – oder ist am Ende der Ansatz der jüdischen Religion für uns unbequem? Läuft nicht vieles, was heute so als normal akzeptiert wird, auf das hinaus, was die Propheten damals so leidenschaftlich anprangerten? – Doch wieder nach Mexiko!

Handwerksbetriebe auf den Straßen.

Vor der kleinen Dominikanerkirche haben die „Straßendrucker“ ihre Stände, auf kleinster Fläche treiben sie Aquisation, setzen und drucken sie. Visitenkarten sollen 15,00 DM kosten, wegen des Geldmangels nehme ich davon Abstand. Außerdem habe ich seit meiner letzten Visitenkartenbeschaffung vor 15 Jahren in Istanbul keinen neuen Dienstgrad bekommen! In der Münze ist eine Ausstellung über Münzprägeverfahren. Die Franziskanerkirche in der Nähe beeindruckt vor allem ein aus Stein gemeißelter Tiger mit eine großen Öffnung im Rücken, in die bei den aztekischen Menschenopfern die noch zuckenden Herzen geworfen wurden, nachdem sie nach dem Herausschneiden der Sonne dargereicht worden waren. Mit zwei Berlinern, die ich im Museum traf und die mir von sagenhaften Schwarzkursen erzählten, fuhr ich zum Flugplatz, weil´s dort angeblich am besten war. Aber nichts tat sich und schließlich tauschten wir zum allgemeinen Mexiko-City Schwarzkurs und merkten, daß eine Frau offenbar den Flughafengeldmarkt fest im Griff hatte. Mit den beiden verbringe ich noch den Abend, da Christoph eine Magenverstimmung hat. (Ich habe sie später)

Mittwoch bringe ich den Wagen in eine zweite Werkstatt, auch auf Empfehlung des Jungen aus der Rezeption; es ist schwierig zu erklären, was defekt ist: Auspuff, Kupplung, Schaltung, Spur – der Preis ist recht saftig (20 000) und ich bin mir am nächsten Tag gar nicht einmal sicher, ob die Arbeit, besonders an der Spur, wirklich so aufwendig war. Dafür war ich dann quer durch Mexiko gefahren, in der Nähe des Hotels wäre sicher auch etwas gewesen, wie ich hinterher sah. Aber da ich schon einmal in einer anderen Gegend war, bin ich dann gleich ins Universitätsgelände (Bibliotheksbau mit Mosaiken der Weltgeschichte mit besonderer Berücksichtigung Mexikos) gefahren und habe mir auch noch in der Nähe das Olympiastadion (von außen) angesehen. Abends ins Folkloreballett in der Oper, leider gab`s ausrechnet in der Zeit, in der wir in der Stadt waren, nichts anderes, aber das „Ballett“ war ja auch vom Polyglott-Führer empfohlen. Und wir wollten ja auch einmal das Opernhaus von innen sehen mit dem berühmten Glasvorhang. Na, unsere einhellige Meinung nach der Aufführung, von uns beiden wohl mehr als Herumgehopse empfunden, nie wieder Folkloreballett. Neben mir saßen Leute aus Puerto Rico – ich habe mich mit dem Mädchen nett unterhalten, das war noch das beste an der Sache.

Kaiser Maximilian, Trotzki, Frieda Kahlo...

Am Donnerstag vormittags noch das Museum für moderne Malerei in der Nähe des Anthropologischen Museums und die Residenz Kaiser Maximilians von Mexiko, der ja nach wenig glücklicher Regierung hingerichtet wurde.

Die Zimmer scheinen noch im Originalzustand zu sein, die gesamte Anlage auf einem Hügel im Chapultecpark ist herrlich, auch die Aztekenfürsten hatten dort schon ihre Sommerresidenz. Im Keller stehen noch die Prunkkutsche des habsburgischen Kaisers und die einfache Reisekutsche des Zapoteken Benito Juárez, des einzigen indianischen Präsidenten, der in etwa Gegenspieler Kaiser Maximilians war. Danach zu meiner Autowerkstatt, und auf dem Weg noch die Villa von Trotzki, der ja in Mexiko auf Veranlassung Stalin 1941 umgebracht wurde (mit einem Eispickel). Die Besichtigung ist sehr eindrucksvoll. Auf Klingeln öffnet eine Frau – wohl um die 40 – und führt einen dann durch die Zimmer. Im Garten steht ein Denkmal mit kyrillischen Buchstaben und Hammer und Sichel. Ob Trotzki auch hier begraben ist? Die Zimmer sind so erhalten wie beim Tode Trotzkis, selbst auf dem Schreibtisch und in den Bücherschränken  scheint noch alles unberührt: es ist alles mit durchsichtiger Folie abgedeckt. Irgendwo steht auch noch eine Büste Stalins auf einem Schrank... Im Schlafzimmer sind alle Fenster und Türen gepanzert bzw. die Fensterläden sind gepanzert, bei näherem Hinsehen fühlt man sich da wie in einem Tresor. Beim Verlassen des Anwesens sehe ich, daß auch ein Wachturm mit Schießscharten eingebaut ist, scheint nichts geholfen zu haben.

Auf Empfehlung Christophs, der schon am Vortag in dem ganzen Stadtgebiet war, besuche ich auch noch die Villa von Frieda Kahlo, der Frau von Diego Rivera, die ebenfalls Malerin war. Vor einer Staffelei mit einem Portrait Stalins ihr Rollstuhl.

Eine schwäbische Lehrerin (mit ihrer in Mexiko wohnenden Freundin unterwegs) meint, daß sie über Frieda Kahlo in einer deutschen Zeitschrift Beeindruckendes gelesen habe und daher auch ihr Haus besuche.

Kahlo und Rivera waren auch mit Trotzki befreundet. Vor Rivera haben wir außer der Universitätsbibliothek (die Mosaiken) vor allem die Fresken im Erziehungsministerium über die Geschichte des mexikanischen Volkes besichtigt: sehr klassenkämpferisch. Die Kapitalisten sind immer als Fettwänste mit schmalbrüstigen Mädchen in der Mode der 20er Jahre dargestellt, schließlich wird auch einer vor Arbeitern erschossen. Na, ja – Mitte der 20er Jahre eben, Christoph meinte, damals war das vielleicht verständlich, leider eben malen die in der DDR heute oft noch genauso.

Auch hier ist Maria erschienen!

Freitag dann endgültig Aufbruch: Am Abend davor war ich schon einmal im Marienheiligtum in Guadalupe (noch im U-Bahn-Bereich von Mexiko), wo bald nach der spanischen Eroberung einem armen Indio die Mutter Gottes erschienen ist, und das seitdem ganz großer Wallfahrtsort ist. Jetzt vormittags also noch einmal Guadalupe mit mehr Betrieb. Neben der baufälligen Barockkirche, die wagen Restaurierung geschlossen ist, steht eine eher moderne zeltähnliche Kirche. Wir beobachten eine Indioprozession; junge Leute tragen eine in Blumen gekleidete und geschmückte Darstellung der Erscheinungsszene über den Vorplatz und durch die Kirche zum Gnadenbild. Indiofrauen rutschen auf Knien ebenfalls über Vorplatz und durch die Kirche; ständig ist Gottesdienst. Das Gnadenbild ist über dem Altar, aber so, daß zwischen Altar und Gnadenbild noch eine Art Graben ist. Darin zwei Fließbänder (Marke „Schindler“), auf denen die Pilger vor dem Gnadenbild vorbeigefahren werden, verständlich, denn an manchen Tagen sollen ungeheure Menschenmengen kommen und da wird halt auf amerikanisch organisiert. Unter der Kirche moderne Katakomben, m.E. Platz für 10 000 oder mehr Gräber, und so, wie ich sehe Urnengräber. Ob von dem Verkauf der Grabstellen die neue Kirche finanziert wurde? Eine gute Idee wäre es ja, wenn auf diese Weise die Wohlhabenderen eine Kirche finanzierten, die auch für die Ärmeren da ist... Unter dem Vorplatz ein riesiger unterirdischer Marktplatz und die üblichen Läden, die allerdings, wie Christoph meinte, günstig seien. Im Ganzen alles ein beeindruckender Komplex, ja, Mexiko hat viele Seiten!

Bei der Fahrt zum nächsten „Muß“, den Ruinen von Teotihuacan, verfahren wir uns etwas und kommen dadurch nicht nach Acolman, einem Kloster aus frühester Kolonialzeit: In Teotihuacan erwartet uns eine der eindrucksvollsten Anlagen der Menschheit, zwei riesige Pyramiden (Sonne und Mond), der Rauminhalt vor allem der Sonnenpyramide soll größer als der der Cheopspyramide sein und eine riesige Anlage mit unzähligen kleineren Pyramiden. Den vorkolumbischen Völkern dienten die Pyramiden nicht wie bei den Ägyptern als „Grabhügel“ (Anm. im Jahre 2001: die ägyptischen Pyramiden waren ja eigentlich auch eher „Open-Air-Tempel“), sondern als gigantisches Tempelfundament. Man stellte sich den Himmel nicht wie bei unseren Vorfahren als Gewölbe vor, sondern als Berg, auf den Sonne und andere Gestirne hinauf- und hinunterklettern. Alle 52 Jahre wurden die Pyramiden komplett überbaut mit einer neuen Pyramide, das war ein von mexikanischen Astronomen errechneter Zyklus, das sog. mexikanische Jahrhundert. – Gemeinsam und einzeln klettern wir auf den Pyramiden herum  und durchwandern das Gelände. Bisweilen belästigen uns auch fliegende Händler, die „echte Silberarmbänder“ anbieten, und dabei sehr schnell bis auf etwa 20 % des ursprünglichen Preises heruntergehen. Bei einem Händler auf dem Parkplatz finde ich sehr hübsche Onyxhalsketten. Überhaupt: nach meinen Erfahrungen ist es oft vorteilhaft, bei fliegenden Händlern zu kaufen, man muß halt spüren, ob es sich um einen Spezialisten handelt, der für irgendeine kleine Firma (oder selbst in Heimarbeit Hergestelltes) verkauft und daher günstig ist, ober ob es die typischen Händler sind, die irgendein Blech mit Silberstempeln versehen... Ich habe mich später geärgert, daß ich bei Straßenhändlern nicht die angebotenen Halbedelsteinketten (Tigerauge, Malachit usw.) gekauft habe. Ich muß allerdings sagen, daß ich mich auch erst für die „besseren Sachen“ interessiert habe, als ich beim 2. Besuch in Mexiko-City eine Möglichkeit fand, meine Euroschecks einzutauschen. Neben der Mondpyramide entdeckte ich noch einen Palast, der einen Innenhof wie eine römische Villa hatte, die Säulen waren mit Tigerreliefs verziert.

Golf von Mexiko: Wer haftet eigentlich, wenn auf einem Hotelparkplatz Kokosnüsse auf unser Auto fallen? 

Unser nächstes Ziel: der Golf von Mexiko, d.h. vom kühlen Hochland hinunter in tropische Landschaft. Zunächst noch eine Übernachtung in Tulancingo, nichts Besonderes aber unser Hotel war schon merkwürdig. Ich glaube, wir haben zusammen keine 10,00 DM bezahlt, dafür aber ein Zimmer mit einem großen und einem normalen Bett gehabt, dazu Dusche (funktionierte gut) und Toilette. Alles auf so engem Raum, daß man das Gepäck neben sich aufs Bett legen mußte. Die Fensteröffnungen gingen nur zum Gang hinaus, d.h. daß auch ständig irgendwelches Licht bis ins Zimmer leuchtete. Und morgens um 8.00 Uhr ging eine Frau an allen Zimmern vorbei und weckte die Gäste! Da wir bei unserem Bummel am Abend vorher – es regnete ganz schön – in Schuhgeschäften hohe feste Schuhe entdeckt hatten,  kauften wir, ich ockerfarbene offenbar völlig von Hand gemacht. Alles Leder bis auf die Sohlen – und das für 2100 Peso – also fast geschenkt. Da ich überhaupt keine Socken bei mir hatte, mußte ich ja noch welche kaufen, schließlich wollten wir zu diesem Zeitpunkt ja noch einen der mexikanischen Fünftausender besteigen!

Bald nach der Weiterfahrt röhrte mit einem Mal unser Auspuff gefährlich, ich sah nach und entdeckte, er war richtig auseinandergebrochen. Ein Mechaniker hatte uns daraufhin schon von weitem gehört, und er war schon umgezogen (Samstagnachmittag!), als wir auf Hinweis anderer Werkstätten dort erschienen. Die Reparatur war dann kein Problem.

Bei der Fahrt in die Tiefe Ausblicke, wir halten an und entdecken Kaffeesträucher, d.h. wir raten, aber ein Mexikaner mit einer Machete bestätigt es uns. Bananen und Mangos (jetzt könnte ich sie manchmal wieder essen) gibt es bei ärmlichen Obstständen am Straßenrand für ca. 60 Pfennig pro Kilo, d.h. für eine große Mangofrucht 15 Pfennig; manche sagen, es sei die herrlichste Frucht, die es gibt (schmeckt irgendwie nach Zimt oder Vanille). Christoph entdeckt bei einer Routinekontrolle ein Stück Draht in einem Reifen und ein Vulkanisateur (es gibt immer wieder Werkstätten am Straßenrand) repariert schnell und einfallsreich.

Mitten im Urwald finden wir die Ruinen von El Tajin, die immer wieder in Gefahr sind, vom Urwald überwuchert zu werden. Hier auch die erste Darstellung der Hinrichtung eines Priesters im Zusammenhang mit Pulque und Ballspiel. Im Empfangsgebäude sehe ich viele Reagenzgläser mit den verschiedensten Giftschlangen und mit Hinweistafeln, wie man sich schützen könnte – vor allem eben auch mit vernünftigen Schuhen und langen Hosen. Und das bei der schwülen Hitze. Dazu werden wir ausgerechnet vor der Nischenpyramide von heftigem Regen überrascht, vor dem ich mich schütze, indem ich mich (ziemlich) ausziehe, es ist wie unter einer warmen Dusche. Christoph kauft noch bei Indiofrauen bestickte Kleider. In Tcolutla finden wir ein schönes Hotel unter Palmen am Golf, das erste Bad im Meer findet im Regen statt, aber es ist wenigstens warm. Das Auto parkt unter Kokospalmen; wer mag wohl dafür haften, wenn eine Kokosnuß auf den Wagen fällt? Immerhin gehört der Parkplatz offensichtlich zum Hotel.

Am nächsten Morgen (Sonntag) bummeln wir am breiten Strand und haben unseren Spaß an zwei kleinen Jungen, die Hüte aus frischen grünen Palmblättern anbieten und sich mit meinem Fernglas vergnügen. Auf der Fahrt jetzt in Richtung Yucatan, dem alten Mayagebiet, zunächst noch einmal einen Abstecher ins Gebirge nach Jalapa, wo wir uns einen herrlichen botanischen Garten ansehen. Privat, kein Hinweisschild, aber als wir dann den Eigentümer fragen, ob wir hineinkönnen, nur eine Handbewegung: bitte. Alles wächst wie doll, recht wild aber gepflegt. An irgendwelchen Zitrusbäumen entdecke ich Plastiksäckchen mit Erde – um Ableger zu gewinnen. Das Olmekenmuseum ist noch im Bau, nur einer der riesigen sogenannten Olmekenköpfe steht hinter dem Museumszaun. Die Köpfe sind mehr als menschenhoch, aus hartem Gestein und ohne Metallwerkzeug entstanden. Schön finde ich sie nicht, aber sie gelten als höchst bedeutend.

Bei Dunkelheit kommen wir schließlich nach Veracruz, wo wir zwischen Bahnhof und Hafen und Kathedrale noch ein Hotel finden. Sehr schnell will mit uns eine Bekannte des Mädchens an der Rezeption anbändeln, sie war ein halbes Jahr in Hamburg und will mit mir in eine Bar gegenüber gehen. Ich verdufte, indem ich nach der Kirche frage und erlebe dort noch einen höchst lebendigen, überfüllten Gottesdienst. Leider verstehe ich nichts von der Predigt, aber die Leute hören zu und machen auch bei der Liturgie mit, der Pfarrer scheint anzukommen. Auf dem Platz vor der Kirche reges Leben, überall Restaurants mit Tischen und Stühlen auf der Straße – nur Bier gibt es nicht, alles trinkt Limonade – denn Alkohol jeder Art ist, wie ich erfahre, im Staate Veracruz am Wochenende verboten. Das ist natürlich nur für uns Touristen von Bedeutung, schließlich haben die Einheimischen Kühlschränke und können sich bevorraten. Judith hat mich von irgendwoher beobachtet (so hieß das Mädchen von vorhin) und setzt noch mal an, ich aber bummle zum Bahnhof und beobachte einen Zug bei der Abfahrt nach Mexiko: die billigsten Plätze kosten 5,00 DM (die Fahrt dauert mit Sicherheit länger als die Nacht), unbeschreiblich wie überfüllt jedoch die Wagen mit diesen Plätzen sind! Ansonsten gibt es noch mehrere Komfortklassen, alle aber auch sehr günstig.

Montag – inzwischen ist der 8. Juli, Weiterfahrt nach Villhermosa, dort noch zunächst vor dem Dunkelwerden das Freilichtmuseum, in das sie die in dem Gebiet gefundenen Olmekenköpfe und andere steinerne Überbleibsel gebracht haben, weil sie ansonsten kaum zugänglich für Touristen gewesen wären.

Und warum blubbert es so in meinem Zelt?

Auch das klimatisierte Museum mit einem guten Überblick über die mexikanische Kultur „haken“ wir noch „ab“. Mit der Hotelsuche haben wir wenig Schwierigkeiten, kaum, daß wir eins finden, quartiert sich in einem ein Liebespaar ein, in einem anderen kommt wieder keiner zur Anmeldung, schließlich nehmen wir das erste, das wir gesehen haben, zwischen zwei Straßen am träge dahinfließenden Fluß mit hin und wieder vorbeischwimmenden Pflanzeninseln. Bedenken gegen dieses Hotel haben wir wegen des Lärms und der im Polyglott angekündigten Mücken, aber die gibt es dann doch nicht. Durch teilweise sumpfiges Gebiet – ein Haus steht sogar auf Pfählen – wollen wir dann zur Küste, um dort weiter nach Yucatan zu fahren, aber als wir schließlich an der Küste sind und uns nach der Fähre umsehen, mit der wir über den Fluß, der auch schon durch Villahermosa floß, stellen wir fest, daß die Fähre wegen Reparaturarbeiten nicht in Betrieb ist... Das hätte eigentlich ja schon in Villahermosa angekündigt sein müssen! Wir also die 70 km nach Villahermosa zurück (so bekommt man Städte leid!) und auf einem Umweg zur Golfküste in Richtung Yucatan. Durch sanft hügelige Gegend mit Weiden und viel Gebüsch kommen wir bei Champoton wieder zur Küste und campieren im Auto am Strand. Nach 23.00 Uhr schlage ich doch noch mein Zelt am Strand auf, nicht ohne den Strand gekostet zu haben um zu prüfen, ob er salzig ist und ich daher bei Flut steigendes Wasser zu befürchten hätte. Aber alles o.k. – kein Salzgeschmack. Nach einem Bad im Golf mit leicht schlickigem Untergrund schlafe ich unbesorgt ein. In leichter Dämmerung wache ich auf, weil neben mir der Zeltboden so wabbelig ist – um Himmelswillen: die Flut! So gerade komme ich aus meinem Schlafsack raus, kann noch den Reißverschluß aufreißen und meinen Schlafsack retten, da ist auch schon das Wasser im Zelt. Die anderen Sachen habe ich glücklicherweise alle im Auto gelassen, und das steht noch nicht im Wasser. Wir hatten es abends allerdings vorsorglich schon in „Fluchtrichtung“ hingestellt, zumal der Strand recht schmal war – so kann Christoph auch gleich lospreschen, während ich damit beschäftigt bin, das Zelt abzureißen und die Häringe aus dem Wasser zu fischen. Alles gelingt, doch kaum bin ich fertig, stellen wir fest, das auch das Wasser schon wieder sinkt. Schlimmer hätte es auch nicht werden können, wenn wir gar nichts unternommen hätten, außer natürlich den Schlafsack aus dem Zelt zu nehmen.

Der Vormittag ist nun in etwa ausgefüllt mit Zelttrocknen, doch wir kommen noch zum Ort und können uns auf dem Fischmarkt ein Stück von einem mir unbekannten Fisch einkaufen. Ob es irgendein Hai ist? Jedenfalls schmeckt mein Stück aus der Pfanne etwas bitter. Durch Urwald dann zu den ersten Mayaruinen nach Edzna. Ich muß ehrlich sagen, daß ich vollkommen vergessen habe, was wir dort gesehen haben – lediglich die Mücken sind mir in Erinnerung, deretwegen wir das Gelände fluchtartig verließen. Aber hier beginnen die Ruinen sich auch zu häufen. In Kabah bewundern wir vor allem eine großartige Fassade mit ca. 250 stilisierten Schlangenköpfen. Da ein heftiger Regen beginnt, nehme ich die Gelegenheit wahr und dusche am Rand des Daches vom Kassiererhäuschen.

In Sayil klettern wir auf eine herrliche dreistöckige, langgestreckte Pyramide und in Labna auf eine hohe, steile „normale“ Pyramide, wo wir wieder vom Regen überrascht werden. Den Triumphbogen, den es dort gibt und der in Amerika wohl einzigartig ist, können wir kaum würdigen – nur schnell zum Auto.

Die Pyramiden werden immer toller!

Die eindrucksvollste Anlage erreichen wir noch vor der abendlichen Schließung in Uxmal: steile Wahrsagerpyramide, riesiger Gouverneurspalast, Nonnenviereck – so heißen die einzelnen Komplexe wenigstens heute, den eigentlichen Zweck der Gebäude kennt man dagegen in Wirklichkeit oft kaum. Vieles hier in Yucatan ist überhaupt dunkel, da die Mayas zur Zeit der spanischen Eroberung bereits ihren Höhepunkt überschritten hatten. Im Dumont-Führer lese ich, daß man die Beziehungen der Völker Mittelamerikas und auch die Charaktere dieser Völker etwa vorstellen muß, wie die Beziehungen und Charaktere unserer Antike, ohne natürlich dabei genaue Paralellen ziehen zu können. Das eine Volk ist da etwa eher kriegerisch, das andere mehr kunstsinnig, das andere wieder mehr wissenschaftlich. Die frühere Annahme, daß die Mayas dabei wegen ihres eher friedlichen Verhaltens besser als andere wegkommen, stimmt aber nicht, auch hier wurden Menschen zum Beispiel grausam geopfert.

Noch am Abend (Mittwoch) erreichen wir Merida und Christoph will eine Dame besuchen, um ihr von ihrem in Berlin lebenden geschiedenen Mann Grüße auszurichten. Wir stellen aber fest, daß die Dame bereits seit zwei Jahren tot ist. Ein Bekannter von ihr, ein Professor (ich meine für Gesellschaftswissenschaften) nimmt uns jedoch mit, d.h. wir nehmen ihn mit in sein Institut, wo wir mit Limonade bewirtet werden.. Er scheint sich um Frauenemanzipationsfragen zu kümmern, worüber wir uns auch unterhalten (englisch). Er telefoniert für uns auch nach einem Hotel und wir finden neben der Kathedrale eins mit einem riesigen Zimmer für uns, zwei Balkons – besonders imposant auch der Innenhof mit Galerien in jedem Stock. Auf dem Platz vor der Kathedrale fallen mir beim abendlichen Bummel ein paar „troubadores“ auf, die mit ihrer Gitarre zu engagieren sind! Schade, daß ich keine Dame dabei habe!

Am nächsten Vormittag versucht Christoph, auf seine Kreditkarte Geld zu bekommen – egal was es kostet, wir brauchen welches, da wir beide inzwischen schon bald jeden Peso zweimal umdrehen, bevor wir ihn ausgeben. Ich suche inzwischen die Post, vielleicht finde ich etwas für mich – aber Fehlanzeige. Soviel ich mich erinnere, war es hier, daß alle vorhandenen postlagernden Sendungen auf einer Liste aufgetippt in einem Schaukasten hängen – von Datenschutz haben die noch nie was gehört! In der Kathedrale – eindrucksvoll von innen und von außen – erlebe ich eine Firmmesse (?) und hinter der Post über den Markthallen finden wir die auf uns zugeschnittenen Restaurants – hinter einem Rollo ein kleiner Raum zur Zubereitung, davor ein Tisch mit Stühlen, wo dann serviert wird. Es gibt etwa 10 bis 15 solcher „Minirestaurants“. Das Essen ist lecker, mexikanisch und sehr billig. Vor der Weiterfahrt wollen wir noch einmal bleifreies Benzin tanken, was uns auch nach langem Suchen gelingt. Doch pfeifen wir ab jetzt auf bleifrei, wie wir feststellen fährt der Wagen auch so!

Auf dem Weg nach Chichen-Itza kaufen Christoph und ich je eine Sisalhängematte, auch besichtigen wir eine Sisalfabrik, die aber leider wegen Reparaturarbeiten außer Betrieb ist. Sisal (von der Sisalagave) wird hier angebaut und zum Teil auch verarbeitet. Hier soll auch das Welthauptanbaugebiet sein. In Chichen-Itza finden wir ein Motel, das aber inzwischen nicht mehr zum besten Standard gehört, aber noch gut ist. Im Zimmer Haken für Hängematten – ich weiß am Morgen auch warum, denn in der Nacht fand ich in meinem Bett eine Art Wurm, der sich jedoch wie eine zusammengerollte Plastikspirale anfühlte und den ich im Dunklen auf den Fußboden gelegt und mit meiner Sandale zerquetscht habe. Ich habe ihn jedenfalls überlebt.

Ja, Chichen-Itza mit seiner riesigen Maya-Anlage ist wirklich eine Reise wert! Unter der größten Pyramide kann man durch einen engen Gang zum überbauten Tempel auf der Pyramide darunter steigen (vgl. oben), unheimlich das Fundament des ehemaligen Totenschädelgerüstes mit unzähligen Totenschädelreliefs. Der Ballspielplatz ist riesig, gestern las ich in der neuen ADAC-Zeitschrift, daß nicht nur siegreiche Einzelkämpfer, sondern auch ganze Mannschaften hingerichtet wurden...

Schade um die schönen Jungfrauen, die sie in den heiligen Seen erränkt hatten!

Wir suchen noch nach weiteren Ruinen, wie dem sog. Observatorium, und schließlich finde ich auch noch den heiligen Cenote, in denen als Opfer für die Fruchtbarkeit die geschmückten Jungfrauen gestürzt wurden. Nein, denke ich mir, da wäre ich auch nicht mehr herausgekommen, wenn man mich da hineingestürzt hätte. Glücklich müssen die Jungfrauen über ihren Gang zu den Göttern jedenfalls keinesfalls gewesen sein, unter den Mädchenskeletten auf dem Grund des Cenotes, die immer noch den Schmuck trugen, mit dem man die Mädchen auf ihrem letzten Gang herausgeputzt hatte, befanden sich auch ein paar Skelette älterer Männer, vermutlich Priester, die die Mädchen in ihrer Todesangst mit hinunter gerissen hatten und die dann auch nicht mehr herauskamen. Dieser Teich scheint im übrigen die Hauptsehenswürdigkeit für die nordamerikanischen Touristen zu sein, denn hier gibt es das Mehrfache von ihnen wie sonst in der ganzen Anlage.

Etwa acht km weiter war dann die für mich eindrucksvollste Besichtigung der Fahrt: eine Höhle, die 1959 durch Zufall entdeckt wurde. Mit einem amerikanischen Rentnerehepaar – Ted und Carol – warten wir auf den nächsten Führungstermin. Zunächst geht es dann durch übliche Höhlenlandschaft, bis wir dann vor einem großen Stalagmiten stehen mit Weihegaben aus der Mayazeit. Dahinter dann ein Cenote, darin und daneben weitere Weihegaben. Vor etwa 1000 Jahren haben die Mayas diese Kultstätte aufgegeben und beim Verlassen den Eingang zugemauert und offensichtlich auch gut getarnt. Erst 1959 wurde die Höhle wieder von Menschen betreten – und es ist noch alles so belassen, wie es damals vorgefunden wurde! Ich glaube, keiner von uns kann sich von diesem Cenote mit dem kristallklaren Wasser, dessen Ende in der Dunkelheit nicht mehr auszumachen ist, so recht trennen, so beeindruckend ist das alles. So etwas habe ich bis dahin wirklich noch nicht erlebt!

Bei Dunkelheit kommen wir dann an der Karibikküste an und finden in der Nähe des rauschenden Meeres einen Nächtigungsplatz. Wie so oft, schlage ich für mich das Zelt auf, während Christoph im Auto schläft. Natürlich gehe ich noch am Abend im karibischen Meer baden – so etwas kann man gar nicht oft genug erleben! Am Morgen spaziere ich am Strand entlang und beobachte zwei Pelikane, die sich immer plump ins Wasser fallen lassen, wenn sie eine Beute entdeckt haben, so scheint es wenigstens. Da ich ein langes Bambusrohr entdecke, kommt mir der Gedanke, damit Kokosnüsse abzuschlagen – und schließlich gelingt es mir auch. Christoph verfeinert die Technik und kommt gleich mit dreien an. Da wir keine Machete haben, tut´s auch unser Taschenmesser und auch ohne Strohhalm kommen wir an die sterile, wohlschmeckende Kokosmilch, jeder vollsatt.

In der Nähe besuchen wir dann die alte Stadt Tulum – Ruinen unmittelbar am Meer -, anders als die antiken Städte bei uns ist Tulum aber mit der Schauseite nicht zum Meer, sondern zum Land hin gebaut, die Mayas waren eben kein Seefahrervolk. Herrlich die Lage, dazwischen die typischen Karibikbuchten mit Palmen, wir baden lange und ausgiebig! Der Sand ist übrigens kein richtiger Sand, es sind alles kleinste Muschelteilchen. An der Kasse hat Christoph übrigens Streit: Ich hatte schon für ihn mitbezahlt und auch ihn in die Gästeliste eingetragen und war dann im Gelände verschwunden. Und als Christoph dann schließlich kam, sollte er noch einmal bezahlen. Es half ihm auch nichts, daß er auf seinen Namen in der Liste hinwies und seinen Ausweis zeigte – der Wärter wollte ihn nicht hineinlassen, doch Christoph ging einfach. Beim Verlassen des Geländes freundliches Gewinke – der Wärter hatte sich offenbar besonnen!

Durch eine Art Knüppelwald dann nach Süden nach Chetumal an der Provinzgrenzkontrollstelle, wir werden unsere gerade geklauten Kokosnüsse wieder los (offenbar so eine Pflanzenkrankheitenvorsorge) – doch erst trinken wir jeder noch eine. Irgendwo kaufe ich noch eine frische Ananas, die ich dann an der Bucht von Chetumal esse (es ist wie bei denen in Afrika – danach brennt einem der Mund, als ob man Brennesseln gegessen hätte). Noch ein Bad in der Bucht, die fast völliges Süßwasser enthält und dann weiter wieder in Richtung Mexiko-City. Ja, jetzt beginnt die Heimreise!

In einer Gewalttour fahren  wir noch von der ganzen Halbinsel Yucatan herunter bis Palenque, wo wir vor dem Gelände übernachten (Auto/Zelt). Dabei entdecken wir unsere letzten U.S.-Eier, von denen immerhin nur eins zerbrochen ist...

Palenque

Am Sonntagmorgen also dann nach einem Bad in einem Gebirgsbach im Urwald die herrlich gelegenen Ruinen von Palenque, einfach phantastisch! Rings von Wald umgeben, durchflossen von einem Bach, (meist allerdings unterirdisch) liegen die Ruinen auf einem Absatz am Berghang. Und alles ist harmonisch in die Landschaft eingefügt. Ausblick über das darunter liegende Gebiet. Wir durchstreifen jeder für sich die Anlage, vom Tempel auf einer Pyramide kann man durch einen schmalen Gang zu einer Grabkammer hinuntersteigen, eine in Mexiko einmalige Sache. Manche Tempel sehen fast wie Goethes Gartenhaus in Weimar aus, vielleicht ist es auch nur die Gartenanlage, die diesen Eindruck erweckt.

Mittags dann weiter auf einer angeblich gut ausgebauten Straße ins südwestliche Hochland, das sich dann nach Guatemala fortsetzt. Über dieses Gebiet werden Schauergeschichten erzählt, von Überfällen und Straßenräubereien bis hin zum Mord. Also soll man nur tagsüber fahren. Aber was soll´s – wir sind ja keine Gringos (obwohl wir nach unserer Nummer so aussehen). Nicht weit von Palenque fahren wir 4 km auf einer schlechten Straße zu sehenswerten Wasserfällen hinunter, eine richtige Wasserfalllandschaft – von überall her kommt Wasser, vereinigt sich, fließt wieder auseinander, und immer in gewaltigen Mengen. Beim Parkplatz verkaufen Kinder Eßsachen, ich denke, daß es schon gut gehen wird, schließlich können die Sachen ja nur von den Müttern der Kinder zubereitet sein, und esse davon – ich erwähne es nicht noch einmal, aber meine Kalkulation war eine Fehlkalkulation, dieses Mittagessen ist mir nicht bekommen. Die Straße wird dann schlechter und schlechter, und bei Dunkelheit wäre ich beinahe in einer Schlammlawine steckengeblieben, wenn Christoph mir nicht ins Lenkrad gegriffen hätte. Entschädigt wurden wir durch einige tolle Ausblicke, solange es noch hell ist. Leider verlieren wir durch diese Straße soviel Zeit, daß ich in San Christobal de Las Casas nicht mehr zu einer Messe zurecht komme – schade. Denn diese Stadt im südwestlichen Hochland ist wieder voll von neuen Eindrücken.

Wir finden ein hübsches kleines Hotel und können von einer Art Veranda vor unserem Zimmer auf die Dächer der mehr von indianischer Bevölkerung bewohnten Häuser und die dahinter liegende Gebirgskette sehen. Die Häuser sind meist einstöckig, die Dächer sind weit ausladend, so daß man bei Regen noch ein wenig geschützt ist. Am Abend trinken wir vor der Kathedrale noch einen Punsch mit Brotstückchen (was nicht alles irgendwo Spezialität ist), gut daß er heiß ist, denn es wurde doch recht frisch. Am Morgen ist dann wichtigstes Ziel der malerische Indianermarkt, ich erinnere mich vor allem an die vielen gelben Kirschen, die in ganzen Bergen angeboten werden. Käufer und Verkäufer in landesüblichen Kleidern, viele barfuß, obwohl es eigentlich gar nicht warm ist. Die Menschen sind sehr viel kleiner als wir Europäer, die Haare pechschwarz, sie machen eher einen stämmigen Eindruck. Leider gibt es hier nichts, was mich zum Kaufen reizt. Doch vor einem Supermarkt spricht mich eine Indianerin an und bietet drei Tonpüppchen mit typischer Indiobekleidung an. Eigentlich will ich nicht kaufen (man stumpft so ab). Die Indianerin will für drei Stück 100 Peso – also fast geschenkt – und zum Spaß sage ich vier für 100. Sie willigt ein, eigentlich tut sie mir leid, denn sie hat viel Arbeit an diesen Püppchen, wie ich unschwer erkenne. Die Kleidung ist aus handgewebtem Stoff geschnitten, die Haare sind echt und zu einem Zopf (oder zu zweien) geflochten, und ein Baby haben sie auch noch umgebunden. Sie sehen aus wie die Leute hier, einfach knuffig – und ich frage die Indianerin, ob ich noch weitere vier Stück bekommen könnte. Ja, und sie strahlt sogar! Vor einer Kirche kaufen wir Kindern zu ähnlichen Preisen handgewebte Armbändchen ab, Schülerinnen sagen mir hier, daß man an einem solchem Bändchen zwei bis drei Stunden arbeitet. Ich habe das Gefühl, daß die indianische Bevölkerung neben der weißen Bevölkerung nur so gerade nebenher läuft, eine ganz andere Kultur hat, ein anderes Leben führt – zwei Welten in einem Land. In einem Bibelladen (irgendeine nordamerikanische Glaubensgemeinschaft) erfahre ich, daß die Indios hier zwei indianische Sprachen sprechen: sozil und celtal, in diesen Sprachen sind heute auch Bibeln gedruckt.

Auf einmal wird auch Christoph so richtig katholisch!

Am Nachmittag fahren wir ins Gebirge über abenteuerliche Straßen zu einem 11 km entfernten Indiodorf. Das Pflaster der Straße ist aus groben Feldsteinen zusammengesetzt – daß unsere Chevette das überhaupt aushält. Christoph legt keinen Wert darauf, zu fahren, schließlich gehört der Wagen in erster Linie mir – und ich soll ihn lieber auch kaputt machen! Schon in der Dämmerung kommen wir in dem Dorf an – überall jeweils drei grüne Kreuze (ohne Corpus). Die Häuser einfach, wir sind halt bei Hochlandindios. Im Führer steht, daß die Kirche bis vor kurzem für Fremde ganz verboten war, jetzt jedoch mit Führer erlaubt ist. Wir gehen ohne Führer durch das bunt bemalte Portal. Im Innern keine Bänke, links jede Menge Heiligenfiguren auf den Podesten, auf denen sie bei Prozessionen herumgetragen werden. Überall brennen Kerzen in Mengen. Vor uns eine kleine Gruppe von Frauen mitten auf dem Fußboden, vor sich ebenfalls brennende Kerzen – die machen hier offenbar ihre Privatandacht. Inzwischen ist der Dorfpolizist hinter uns in die Kirche gekommen, der sich auch nicht verzieht als wir beide in die Knie gehen, uns demonstrativ bekreuzigen und auch sonst einen andächtigen Eindruck machen. Christoph gibt ihm 200 Peso und er ist wenigstens friedlich. Alles in allem eine merkwürdige Stimmung, im Führer steht, daß die Religion dieser Indios eine Mischung aus Katholizismus und alten heidnischen Elementen ist. Da in San Cristobal am folgenden Tag ein Heiligenfest sein soll (Carmen), beschließen wir, eine weitere Nacht in unserem Hotel (Martin) zu verbringen. Um 5 Uhr früh soll der Festgottesdienst sein, ich bin auch da, aber es tut sich gar nichts. Also wandere ich durch die einsamen Straßen. Um 5.13 Uhr läuten die Meßbuben, um 6 Uhr beginnt schließlich die Messe. Ich glaube ich bin der einzige Weiße. Wenige Indios allerdings in landesüblicher Tracht, einige Frauen barfuß. Sehr schöner Einzug eines alten Geistlichen mit fünf Musikern, die wunderbar spielen. Nach der Kirche lege ich mich noch einmal hin, dann noch einmal auf den Markt und um 11 Uhr weiter. Die Hauptsache, das Fest am Nachmittag müssen wir leider auslassen, sonst kommen wir zu nichts mehr.

Zu unserem nächsten Ziel Mitla geht´s erst einmal bis auf Meereshöhe hinunter, und dann wieder hinauf in das Hochland, in dem dann auch Mexiko-City liegt. Kokosnüsse gibt es noch für 50 Peso – schon zubereitet. Vor Mitla übernachten wir, ich unter einer großen Kaktee im Zelt. In Mitla beeindrucken uns die herrlichen Ornamente aus einer Art Tuffstein, die offenbar vor der „Zementierung“ als „verlorene Schalung zuerst gestaltet wurden. Außerdem bewundern wir Mauerwerk, bei dem die Steine fugenlos aufeinandersitzen (d.h. die Fugen sind so gering, daß wirklich nichts dazwischen paßt). Ich habe so etwas auch in Didyma (Türkei) gesehen, es ist bis heute ein Rätsel, wie solch ein Mauerwerk hergestellt werden kann.

Phantastischer Barock in Oaxaca

Nächstes Ziel: Oaxaca. Wir haben Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden. Neben der Kathedrale ein herrlicher Zocalo (Hauptplatz) mit Bäumen, ringsherum teilweise Häuser mit Arkaden. Wir essen wieder in der Markthalle. Wir unterhalten uns mit einem Herren, der bei einer Firmeninformation in Neckarelz war. Ein „Muß“ in dieser Stadt ist die Kirche St. Domingo – die ganze Kirche ist von herrlicher Barockstukkatur. Unter der Empore der Stammbaum des heiligen Dominikus, aber auch sonst: alles ein Rausch in Stuck und Farben. Da ein Film über die Kirche gedreht wird, können wir die Ausleuchtung für unsere eigene Fotografie ausnutzen. Und wo das Licht nicht hinkommt, leuchtet die Beleuchterin auch noch eigens für mich noch einmal aus.

In der Nähe der Stadt eine weitere ehemalige vorkolumbianische Tempelanlage: Monte Alban, Hauptkultstätte der Zapoteken. Die Tempelanlage liegt auf einem künstlich abgeflachten Berg etwa 400 m über dem Hochtal von Oaxaca. Am Fuß des Berges weisen einige Männer mit einem Schild darauf hin, daß die Ausgrabungen wegen Streiks geschlossen sind, ach, denken wir, wir versuchen es trotzdem. Und tatsächlich: selbst der Parkplatz ist geschlossen, sehen wir, als wir oben sind. Irgendwie klemme ich das Auto auf der steil abfallenden Straße an den Rand und wir versuchen zu verhandeln, schließlich kommen wir ja von weit her. Das Ziel der Demonstration können wir sicher unterstützen, es geht um Freiheit und Demokratie, damit scheint es in diesem eher links orientierten Land sicher nicht zum besten bestellt zu sein; die Wahlen, die überall groß angekündigt sind und die einige Tage vorher stattgefunden haben, sollen eine Farce sein. Die „Revolution“ ist halt nur zur Institution geworden. Doch was hilft uns das alles, vormittags war die Kultstätte geöffnet, und zur Zeit dürfen Besucher die Anlage nur verlassen. Eingedenk meiner Erfahrungen mit italienischen Streiks versuchen wir es hintenherum – und es geht tatsächlich. Unangefochten können wir uns in der Anlage unter die Besucher mischen – und wir hätten wirklich etwas verpasst, wenn wir ohne Besuch des Monte Alban weitergefahren wären. Kaum glaublich, wie die Anlage ohne Metallwerkzeug gebaut werden konnte. Überhaupt beeindrucken uns immer wieder die Dimensionen, und hier in Monte Alban kommt noch der herrliche Rundblick hinzu, imposant die riesigen Treppenanlagen. Leider haben wir keine Zeit für eine Nacht in Oaxaca, sondern fahren – meine Schuld war, über eine „falsche“ Straße – weiter nach Puebla. Unterwegs fotografieren wir uns gegenseitig vor riesigen Kakteen, Aufnahme für typische Mexikoreisende.

Tempelpyramide mit christlicher Kirche

In Puebla sind alle günstigen Hotels voll, schließlich finden wir auf der Straße nach Cholula einige km vom Zentrum entfernt ein Hotel familiär mit zwei Zimmern für 1500 Peso, also spottbillig, das wäre das richtige Hotel für eine Klassenfahrt! Das Auto können wir sogar im Garten parken. Da wir schon einmal in der Richtung sind, besuchen wir gleich früh die Pyramide von Cholula, ebenfalls eine ehemalige Tempelpyramide, die hier allerdings noch fast ganz überwachsen ist und auf deren Spitze eine Kirche steht, die auch besichtigungswert ist. Aber das Tollste: Wir haben einen phantastischen Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Popocatepetl  und der „Liegenden Frau“, beide über 5000 m hoch, die man bisweilen auch von der anderen Seite, also von Mexiko-City sehen kann (dort hatten wir aber nie das Glück) Eigentlich wollten wir ja mal zum Popocatepetl hinfahren, mal sehen, was so für einen ersten Eindruck  zu ersteigen sei, aber keine Zeit...

In der Umgebung von Puebla kommen wir noch zu zwei wunderbaren Dorfkirchen (bes. Tonantzintla), beinahe ist es wie in Bayern, nur sind halt die Muster des Stucks anders, aber die Liebe, die Innigkeit, die daraus spricht, ist dieselbe. In Puebla kann ich wenigstens teilweise an einer hl. Messe in der wunderbaren Seitenkapelle der Kirche St. Domingo teilnehmen, man kann die Pracht dieser Kapelle einfach nicht beschreiben. Das Gold, das in den Stuckaturen verwendet ist, ist zumeist übrigens nicht echt, es ist jedoch oft das spezielle Geheimnis eines Künstlers gewesen, seiner „Imitation“ einen ganz besonderen Glanz zu geben. Und es wirkt heute noch! Auf dem Weg nach Mexiko fahren wir noch über die ehemalige Silberstadt Tlaxcala, dort sind vor allem zwei Kirchen bedeutend: das Santuario von Ocotlán mit rot-weißer Fassade und die Franziskanerkirche mit einer alten Holzdecke. Wegen eines wolkenbruchartigen Regens kommen wir kaum zum Wagen und dann kann uns keiner den direkten Weg nach Mexiko-City zeigen. Schließlich finden wir ihn doch und bei Dunkelheit kommen wir dann von einem der Pässe um Mexiko herum in die riesige beleuchtete Stadt. Da in unserem Hotel nichts mehr frei ist (ein Anruf von Christoph aus Cholula hat offenbar keinen Erfolg gehabt), finden wir in der Nähe ein anderes Hotel.

Am nächsten Tag (Freitag, 19.07. – die Ferien neigen sich leider dem Ende zu) bringe ich zunächst einmal das Auto in unsere Werkstatt wegen restlicher kleinerer Blechschäden – schließlich kann man ein Auto nur einigermaßen befriedigend verkaufen, wenn es wirklich noch gut ist. Dann fahre ich mit der U-Bahn noch einmal ins Zentrum. In einem kleinen Geschäft treffe ich noch einen Deutschen, diesmal aber ein Mexicaner. Seit 150 Jahren ist die Familie in Mexiko, sie haben ein Handelshaus für Metallartikel (Firma Böker, 16 de Septiembre No. 58, Mexiko 1, D.F.). Und auf meine Klagen, hier ohne Euroschecks ziemlich aufgeschmissen zu sein, bietet mir der Herr an, doch meine Euroschecks zum gegenseitigen Nutzen in seiner Firma einzuwechseln – sie hätten nämlich größte Schwierigkeiten, an Devisen zu kommen, um ihre Schulden in Deutschland zu bezahlen. Zunächst bin ich nicht ganz sicher, ob ich überhaupt noch Geld brauche (denn ich habe gerade meine letzten Dollars fast alle umgetauscht), doch dann tausche ich doch 800 DM – und ich bin froh, es gemacht zu haben. Der Kurs für Devisen ist inzwischen ganz erheblich gestiegen, wenn wir vorher über 1,20 DM für 100 Peso gaben, gebe ich jetzt nur noch gut 80 Pfg. für 100 Peso. Und hier klärt sich auch, warum die Kurse zwischen Banken und Schwarzmarkt die ganze Zeit so wirr waren: Es gab wegen eines internationalen Kursverfalls des Peso zwei Kurse, den internationalen, an den sich der Schwarzmarkt irgendwie anlehnte, und den offiziell in Mexiko gültigen, der aber von der Regierung gestützt wurde. Und gerade während unserer Reise war der Höhepunkt der ganzen Wirrnis und eine Woche zuvor wurde schließlich der gestützte Kurs aufgegeben. Für den Rest der Fahrt bedeutete das, das wir etwa für den Liter Benzin nur noch etwa 45 Pfennig auszugeben brauchten, während wir zu Beginn der Fahrt fast 70 Pfennig ausgeben mußten. Glück hatten wir, daß das von Christoph in Merida mit seiner Kreditkarte beschaffte Geld auch zum neuen Kurs abgerechnet wurde, bei – damals auch – 800,00 DM macht das schon einiges aus.

Nach der Reparatur des Autos - wieder zu vollster Zufriedenheit - geht´s noch weiter nach Toluca, wo wir zum erstenmal in einem Hotel ohne WC und Dusche beim Zimmer schlafen, es scheint eine Art Stundenhotel zu sein, aber unser Auto kann im Innenhof stehen. Und nach dem neuen Kurs kostet es für beide etwa 11,00 DM... Die Kathedrale ist imposant, klassizistisch, wie wir den Beschreibungen entnehmen, jedoch erst vor einigen Jahren fertig geworden. In der Nähe ein Bau aus Stahl und Glas, der unsere Neugierde erweckt; wir warten auf die Öffnungszeit und stehen in der ehemaligen Markthalle, die – anders als in Paris, als die dortige nicht mehr gebraucht wurde – in einen botanischen Garten umgestaltet wurde mit schönen bunten Glasfenstern. In Morelia, der nächsten Stadt, fällt besonders die alte Wasserleitung auf (Äquadukt) und die Kathedrale, deren Säulen innen merkwürdigerweise mit weinroten Samttüchern verkleidet sind. Vor der Kathedrale Händler mit hübschen Tigeraugenketten usw. für unter 20,00 DM, leider keine gekauft, auch nicht Malachit usw. Das nächste Mal!

Hierhin müßte man mal zu Allerheiligen: Patzcuarosee!

Unser nächstes Ziel ist der malerisch gelegene Patzcuarosee mit dem Städtchen gleichen Namens. Kurz vorher in einem anderen Städtchen finden wir viele Kunstgewerbegeschäfte und auch einen Markt, es gibt sehr hübsche Sachen. Ich kaufe bei einem Jungen die letzten 5 aus Kupfer getriebenen Becher, die er noch hat. Handgeschnitzte Kruzifixe an naturbelassenen Rundhölzern gibt´s für 1,50 DM, doch wer soll das alles kaufen? In der Abenddämmerung klettern wir noch auf einer weiteren Pyramidenanlage herum, da sie schon geschlossen war, wieder über den Zaun. Der Wärter, der dazu kommt, ist sehr freundlich, er zeigt mir in seinem Häuschen, das gut verrammelt ist, Ausgrabungsfunde: Opferschalen und auch Gebrauchsgegenstände. Ich glaube kaum, daß er damit auch handelt, aber wissen kann man das nie. In Patzcuaro  finden wir am kleinen Zocalo ein typisches Hotel, wieder ohne Bad beim Zimmer, wo das Bad sein soll, haben wir im übrigen nicht herausbekommen, wahrscheinlich im See. Abends essen wir noch bei Ständen auf dem Markt, es ist richtig schön, wie wir so zwischen den Indios sitzen und irgendeine typische Suppe löffeln! Unter den Arkaden vor unserem Hotel ist am nächsten Morgen Markt, ich gehe jedoch zunächst in die Kirche, wo offenbar der Anlass des ganzen Treibens zu suchen ist. Vor der Kirche kaufe ich einem Händler (oder ist er direkt der Erzeuger?) alle Holzketten ab, die er hat, schöne Souvenirs. In der Nähe unseres Hotels erstehe ich eine hübsche Kupferkanne, und auch eine Machete. Am Markt und an den Häusern mit ihren weitausladenden Dächern kann man sich kaum sattsehen – doch wir müssen weiter. An dem See soll besonders eindrucksvoll  am 1. November der Toten gedacht werden, schon am Vorabend kommen von weit her die Indios, die dann in der Nacht  mit brennenden Windlichtern zur Janizioinsel, wo die Toten begraben werden, rudern. Die Indios stellen dann die Lichter auf die Gräber und streuen Blumen, und mit Eßwaren und Pulque feiern sie stumm zusammen mit den Toten bis zum Morgen – so etwas müßte man auch einmal mitmachen!

Doch wir wollen zum Paracutin, einem Vulkan, der vor 40 Jahren ausgebrochen ist und der ein großes Gebiet mit Lavamassen verwüstet hat. Daß wir uns in vulkanischem Gelände befinden, merken wir bald an den vielen Vulkankegeln, einen wollen wir besteigen, doch wir kommen wegen des Gestrüpps nicht weit, da hilft auch nicht meine Machete. Wir fahren etwas zu weit, doch schließlich finden wir die Ortschaft, die als Ausgangspunkt für Touren zum Parachutin dient. Schon weit vor diesem Ort selbst entschließen wir uns dann, für ca. 13,00 DM einen Ritt zu der beim Ausbruch zerstörten Stadt zu machen. Ein Junge begleitet uns zu Fuß. Ein Ausflug auf dem Vulkan wäre eine Tagestour, außerdem zweifele ich nach unserem über einstündigem Ritt, ob wir eine längere Tour im Sattel überhaupt durchgestanden hätten. Doch schon der kurze Ausflug ist lohnend. Zunächst geht’s durch Wald, schließlich kommen wir an die Lava, die aus Entfernung wie Schlacke aussieht. In der Nähe der zerstörten Stadt ist Ende des Ritts und zu Fuß wird das inspiziert, was von der Stadt übrig geblieben ist: die Kirche! Und von ihr ist genau das Stehen geblieben, was auch bei uns im Bombenhagel oft von Kirchen stehengeblieben ist: der Chor und der Turm. Im Chor stehen Blumen, offenbar ist die Kirche auch eine Gedenkstätte. Der Turm ist übrigens schon von weitem zu sehen, es ist schon gespenstisch  - die Lavamassen reichen bis weit über das Portal unter dem Turm.

Noch mal so richtig Mexiko!

Wieder auf der Hauptstraße fahren wir fast mit fliegendem Wechsel hinter einem „Idioten“ her, der es so wie wir auch eilig hat. Dabei wird offenkundig, daß Christoph und ich irgendwie vergleichbare Fahrstile haben. Obwohl wir zwei Stunden hinterher fahren (der andere ist eigentlich schneller, doch wir holen an komplizierten Strecken  immer wieder auf), werden wir keines Blickes gewürdigt, auch nicht, als Christoph kurz vor Guadlajara überholt. Im Hotel Lincoln bekommen wir dort das letzte Zimmer und gelangen trotz zahlreicher Irrfahrten in der abendlichen Stadt doch noch ins Zentrum, und sind dort begeistert. Das Stadtzentrum um die Kathedrale herum ist großzügig angelegt und bestens in Schuß. Die Kathedrale ist noch geöffnet, obwohl es schon spät ist, davor ein riesiger Zocalo mit Theater mit grieschicher Fassade auf der anderen Seite. D.h., die Kathedrale steht eigentlich mit dem Chor um Zocalo, doch sind auf allen Seiten der Kathedrale Plätze. Über dem Abluftschacht der Tiefgarage unter dem Zocalo lassen die Kinder mit Vergnügen Luftballons steigen, manche kommen erst nach langer Zeit wieder herunter.

Am Morgen (Montag, 22.07. – in zwei Wochen fängt die Schule an!) suchen wir nach solchen Ketten (d.h. ich suche und Christoph fährt mit), wie ich sie in Morelia sah, wir fahren dazu in die Gegend entsprechender Händler in St. Piedro Lakapake (?), aber es gibt nicht das, was ich suche. Schade. Nächstes Ziel ist der Fährhafen Mazatlan, wo wir mit der Fähre zur Halbinsel „Baja California“ (das ist die Halbinsel südlich von Kalifornien, die aber zu Mexico gehört) übersetzen wollen. Gleich am Hafen finden wir ein Hotel, es ist gut so, denn diesmal fühle ich mich krank: irgendwoher muß ich mir einen Bazillus gefangen haben. Am nächsten Morgen stellen wir uns um 7 Uhr an; es wird eine Liste geführt, wir sind so ungefähr auf Platz 30. Die Fähre ist sehr billig, aber wie wir erfahren, gibt’s auf 2 Fähren nur 12 Plätze für PKW, alles übrige wird gebraucht für die LKW, die zur Versorgung hinüberfahren. Bis 13 Uhr warten wir, nein wir bekommen für die Abendfähre wirklich keinen Platz. Für die Fähre am folgenden Tag würden wir zwischen Platz 5 und 8 stehen, ob wir´s riskieren sollen, zu warten? Wir ziehen es vor, weiterzufahren, vielleicht haben wir in Los Mochis, dem nächsten Fährhafen, mehr Glück. Doch hier ist es ganz aussichtslos. Hier geht die Überfahrt nur nach Voranmeldung, während in Mazatlan nur unmittelbar gewartet werden konnte. Und hier in Los Mochis ist die Fähre bereits seit Wochen ausgebucht – also weiter ohne Abstecher zur Baja. Schade, denn diese Halbinsel soll wirklich lohnend sein, menschenleer, höchstens einmal eine verlassene Missionsstation aus alter Zeit. Etwa 10 km abseits von der Straße versuchen wir in einem kleinen Urlaubsort am Golf von Kalifornien ein Hotel zu finden. Fehlanzeige, es gibt nur Ferienhäuser entlang der Küste. Zwischen zwei Häusern finden wir eine Lücke, Christoph schläft im Wagen und ich überlege, ob ich vor einem Haus oder auf einer Veranda zur Seeseite schlafen soll (es ist keine Ferienzeit, alles scheint verlassen). Da aber Hunde herumlaufen, ziehe ich es vor, auf das Flachdach (d.h. es ist angenehm schräg) des Hauses zu klettern - und es ist wirklich idyllisch! Über mir der Sternenhimmel und unter mir das leicht plätschernde Meer. Morgens kommt ein Kolibri angeflogen, der sich offenbar für mich interessiert.

Bei der Weiterfahrt fragen wir einen Schwarzen nach dem Weg, es ist Ted aus Arizona. Er hatte dort einen Unfall gehabt und lebt seitdem hier in einem originellen Häuschen von seiner Rente. Er meint, hier sehr gut damit auszukommen. Wir unterhalten uns länger mit ihm, er zeigt uns stolz einen Kalender, den ihm Schweizer zugeschickt haben, denen er einmal nach einer Panne geholfen hat. Narojoa hieß übrigens das Nest, die Eigentümer der Häuser sollen in der nahen Stadt wohnen. Dahinter (Ciudad Obregon) dann eine lange Schlange, wie wir feststellen, ist die Brücke gesperrt (neu aber baufällig -  auch hier Pfusch am Bau!) und wir werden über eine Furt durch den Fluß geleitet. Männer stehen mit Stangen parat, um zu helfen, wenn doch einmal ein Auto abgetrieben werden sollte. Wir kommen jedenfalls heil hinüber. In einem der Orte an der Küste wurden wir auch von so heftigem Regen überrascht, daß die Strassen zu reissenden Flüssen wurden, so etwas habe ich noch nicht erlebt. In Guaymas übernachten wir im Hotel Ruby (hier ist es auch, wo wir versuchen, die Fähre zu bekommen, nicht in Los Mochas, da haben wir erst gar nicht versucht), ich suche dort noch einen Elektriker fürs Auto und vor allem eine Apotheke für meine Magenverstimmung, die immer noch nicht abgeklungen ist.

Ein Arzt wartet schon auf mich.

Am nächsten Tag (25.07. Donnerstag) suche ich vor allem noch einen „neuen gebrauchten“ Reifen und eine Werkstatt, in der mir der Innenraum des Autos wieder auf Vordermann gebracht wird, denn ich hatte das Auto doch sehr verkommen übernommen. In einem großen Möbelgeschäft bekomme ich einen Teil einer Kokosmatte (gebraucht) geschenkt, und für ein Trinkgeld macht mir die Werkstatt den Fussboden sehr schön. In einer Waschanlage wird das Auto so gesäubert, daß es innen fast wie neu aussieht – so einen Einsatz habe ich noch nicht gesehen, das Auto hatte es aber auch nötig. Christoph wartet geduldig (d.h. er macht Rundfahrten mit den Stadtbussen), ich habe ihn um die Zeit gebeten, denn wenn wir das Auto in den U.S.A. wieder verkaufen wollen, muß es tiptop sein, und all die Reparaturen in den U.S.A. machen zu lassen, lohnt nicht. Nur meine Magenkrankheit wird nicht besser, daher gehe ich zu einem Arzt, der auch auf mich zu warten scheint, denn er liest gerade Zeitung. Ich muß mich hinlegen, werde richtig abgetastet und abgehört, und schließlich erhalte ich ein Rezept mit zwei Medikamenten und einen Liter Infusionslösung. Gut, die Medikamente nehme ich ja, aber die Infusion? Mit Christoph beratschlage ich und wegen der knappen Zeit fahren wir weiter – denn ich soll die Infusion in einer Klinik machen lassen, und das soll vier Stunden dauern. Wer weiß, am Ende behalten die mich noch dort, also Verzicht, außerdem fühle ich mich ja gar nicht so schwach. Kurz vor Kalifornien am nächsten Tag überlegen wir übrigens, was wir mit der nicht gebrauchten Infusionslösung machen sollen, und da am Straßenrand eine Rot-Kreuz-Sammlung ist, schenken wir die Flasche den sammelnden Mädchen, die stolz mit ihrer „Beute“ abziehen. Die Rechnung bei dem Arzt sieht sehr pompös aus, die Untersuchung kostet 1000 Peso = etwa 8,00 DM. Und die Medikamente incl. der Infusionslösung noch einmal etwa das Doppelte. Aber es lohnt wohl nicht, wegen der günstigen Arztkosten dort von hier extra nach Mexiko zu fahren!

Auf der Fahrt nach Hermosilla finden wir auch unser teuerstes Hotel („Kino“), das schöne landesübliche ist leider ausgebucht. Dafür hat unser Zimmer auch Farbfernsehen, mit mexikanischen und U.S. Programmen. Ausgerechnet in dieser Nacht wird ein Film gezeigt, über merkwürdige Hochzeitsbräuche: darunter ein englischer Film, in dem alles splitterfasernackt stattfindet. (Auch im Teil über unsere Breitengrade findet die Hochzeitsnacht nackt statt...- war der Film vielleicht ein Porno???) Am nächsten Morgen versuchen wir bei Chevrolet die Kupplung reparieren zu lassen (sie ist schwergängig), man schickt uns weiter, es kommt sogar einer mit, schließlich landen wir bei einem Kupplungsspezialisten (Clocheur), der mit wahrer Aufopferung den ausgebauten Kupplungszug versucht gängig zu machen. Er verlangt am Schluß nach einstündiger Arbeit 1000 Peso, ich meine, er hat dabei aber sicher allein für 800 Peso Benzin zum Waschen und zum erneuten Ölen gebraucht. Auch eine Werkstatt suchen wir, wo der Sprung in unserer Scheibe mittels kleiner überklebter Scheibchen gestoppt werden kann. Nach längerer Suche finden wir eine Werkstatt, wo das gemacht wird, aber der Spezialist ist gerade auf der Bank, und da ich inzwischen weiß, wie lange das dauern kann, fahren wir weiter. Bei der Weiterfahrt durch die hier trockene Landschaft bemerken wir etwas Schönes: Die Landschaft sieht aus wie im Frühling, überall frisches Grün. Nach der Trockenzeit sind die ersten Regen gefallen. Davon bemerken wir aber hier nichts mehr.

Grenzstation mitten in der Wüste und vor allem Telefonzellen.

Bei unserer ersten Grenzberührung mit Arizona laufe ich schnell zu Fuß über die Grenze, um zu telefonieren. Von den mexikanischen Beamten sehe ich überhaupt keinen, der Amerikaner schaut in meinen Paß, und als er mein „ewiges“ Visum entdeckt, winkt er mich weiter. Einsam stehen da auch in glühender Hitze etwa 6 Zellen, und handvermittelt für kaum mehr als 1 Dollar läßt mich der Telefonist, der sich meldet, so lange mit Günther Cohn telefonieren, bis ich alles weiß: er hat uns die Post, die wegen des Autos an ihn gekommen ist, nach Kalifornien, Chula Vista, südlich von San Diego, weitergeschickt. Also dorthin. Der Telefonist hat sich m.E. gefreut, daß er einige deutsche Brocken bei mir loswerden konnte. Nach dem Telefonat wieder zurück nach Mexiko, und weiter durch die Steinwüste mit kümmerlichem Pflanzenwuchs nach Mexicali, einer Großstadt unmittelbar an der Grenze. Die Grenze ist hier sehr dicht, d.h. ein hoher Metallgitterzaun von Seiten der U.S.A. trennt die Länder. Die U.S.A. wollen keine (armen) Mexikaner, die durch ihre Anspruchslosigkeit mit niedrigen Löhnen den Arbeitsmarkt kaputtmachen. Die Grenze in der Wüste wird elektronisch überwacht, die aufgegriffenen illegalen Grenzverletzer werden gesammelt und nach Mexiko zurückgeschickt, von wo aus sie es dann erneut versuchen. Mexicali macht den Eindruck einer Goldgräberstadt, viele Amerikaner (US) kommen her, um sich billig zu vergnügen und wohl auch besonders Handarbeiten einzukaufen. Ich kaufe zwei hübsche Gürtel, weil ich meinen in Hermosilla im Hotel gelassen habe. In einer der Hauptstraßen finden wir ein „typisches“ Hotel ohne Klimaanlage (d.h. es steht irgendsoein Gerät im Zimmer, das aber nicht funktioniert), bei dem wir aber lieber die Wertsachen mitnehmen, wenn wir es verlassen...

Am Samstag dann wie die Henker nach Tihuana, der mexikanischen Grenzstadt in der Nähe des Pazifik. Wir müssen bis ganz nach Kalifornien, weil wir hierher die Autopapiere bestellt haben, schließlich wäre das ja der Weg von der Baja California gewesen, und Günther hatte die Papiere ja nachgeschickt. Vielleicht würden wir Glück haben, und die U.S. Post ist am Samstagvormittag offen. Kurz vor der Grenze noch vollgetankt (wir fahren extra zurück), die letzten Mangos verschenkt, den Schnaps, der zuviel war, versteckt. Aber die Zollkontrolle und auch die Pflanzengesundheitskontrolle ist harmlos. Hinter der Grenze tauschen wir bei einem Geldwechsler unser letztes Geld (günstiger diesmal als wir es gekauft haben – der Peso ist wieder gestiegen) – bei der ersten Autobahnausfahrt gibt es in Büdchen viele Geldwechsler; jeder hat einen anderen Kurs, der groß draußen angekündigt ist. Die Wechsler spekulieren offensichtlich aufs Steigen oder Sinken des Peso, daher die unterschiedlichen Kurse.

Netter Chef vom Postamt von Chula Vista.

Obwohl man uns an der Grenze sagt, daß am Samstag wohl die Postämter geschlossen hätten, sausen wir doch noch nach Chula Vista zur Post, leider sind wir 5 Minuten nach 12 Uhr dort, und man hat gerade zugemacht. Die Schalterleute lassen sich nicht erweichen, aber man schickt uns um das großzügig angelegte Postamt herum und dort kümmert sich dann der Chef höchstpersönlich um uns. Und wir kriegen unsere Papiere – brauchen sie aber vorerst nicht, da wir uns entschlossen haben, mit dem Auto wieder zurück nach N.Y. zu fahren, um es dort zu verkaufen. In der Nähe von San Diego verbringen wir den Nachmittag am Strand und nehmen Bäder im Pazifik – herrlich ! Und auch herrlicher Wellengang. Noch am Abend dann weiter, ich lege mich im Auto flach – und gegen 1 Uhr weckt mich Christoph: vor uns das bunte Geflimmere von Las Vegas. Christoph möchte eigentlich nicht von der Autobahn herunter, aber ich will die Stadt doch einmal wenigstens kurz erleben. Und es ist wirklich faszinierend – bunteste phantasiereichste Leuchtreklame. Säkularisiertes Gegenstück zu den Barockkirchen Mexikos! Durch einen der Spielsalons gehen wir jedenfalls: Roulette, Kartenspiel, einarmige Banditen und was es sonst noch so gibt. Alles pickfein, dann auch eine Musikkapelle mit Sängerin. Bei der Weiterfahrt durch Las Vegas sehen wir überall Hochzeitskirchen (alles inklusive!) und Angebote für billige Frühstücke (2,95 oder gar 1,95 $). Wir fahren weiter, immer wieder irre Leuchtreklamen, eine Millionenstadt, die nur vom Vergnügen lebt!

Las Vegas ohne Spielsucht.

Etwa eine Stunde nach Las Vegas zweige ich in die Wüste ab, Christoph schläft schon, und schlafe herrlich unter dem freien Himmel von Nevada. Am Sonntag früh dann in der Nähe eines Rastplatzes ein kurzes Bad in einem Bach, und dann kommen wir in die großartige Canyonlandschaft, Christoph fotografiert, was das Zeug hält! Mittags ist dann der Auspuff kaputt, wir haben Glück, eine Werkstatt hat offen, wir bekommen es geschweißt für knapp 50,00 DM – ja die „geschenkten Preise“ von Mexiko sind vorbei. Damit wir etwas mehr mitbekommen, machen wir eine Rundtour durch den Monument Colorado Nationalpark, wie „Denkmäler“ stehen großartige riesige Felsgebilde herum. Etwas später fahren wir noch einmal vom Highway herunter und schlafen im Auto inmitten einer schönen Mittelgebirgslandschaft – Ausläufer von den Rocky Mountains. Leider kam ich diesmal am Sonntag nicht zur Kirche... Der Regen, den wir schon erwarteten, begann dann bald hinter den Rocky Mountains und er sollte uns verfolgen bis kurz vor Chicago. Wir fahren durch Colorado, dann durch Nebraska (Denver), dann durch Iowa. Während Christoph im Auto kampiert, schlafe ich auf dem Tisch eines Häuschens einer Raststätte. Wir ernähren uns von Eiern, die es an Tankstellen zu kaufen gibt... Nach Überquerung des Mississippi in Illinois ein imposantes Begrüßungszentrum, wo wir von den diensttuenden Damen reichlich mit Prospekten und Büchern über Illinois eingedeckt werden. Am Dienstag kommen wir dann noch so rechtzeitig nach Chicago, daß uns Zeit für das berühmte „Art Institute“ bleibt, wir freuen uns über den freien Eintritt gerade dienstags! Leider ist die Abteilung europäische Malerei geschlossen, doch es gibt eine schöne Ausstellung Budapester und Chicagoer Zeichnungen, schön auch die Sammlung indischer Plastik. Und noch ein Bad im Michigansee und noch ein Eierpicknick in den Anlagen und weiter. Christoph geht es nicht gut, er muß sich irgendwelche Rippen verklemmt haben und ist recht verzweifelt. Ich bin auch ratlos. Wir finden neben einem Baumateriallager einen schönen Platz zum Schlafen und am nächsten Morgen geht es Christoph wieder besser. In Detroit wechseln wir nach Kanada über, so kommen wir noch zu den Niagarafällen – außerdem ist die Autobahn dort gratis und man darf schneller fahren. In Windsor erhalten wir das Visum und das Mädchen, das uns „untersucht“, erkundigt sich eingehend nach unserem Schnaps und auch auf meinen Hinweis nach meiner Machete. Abends sind wir dann an den Niagarafällen, einige Fotos – und weiter. Durch meine Schuld verfahren wir uns noch, und verbringen noch eine Nacht auf einem Highwayparkplatz.

Autoverkauf und Heimfahrt.

Am Morgen (Donnerstag, 1. August) schönes Wetter, in Albany dann Anruf bei Günther, der auch eine Anzeige für den Verkauf der Chevette aufgegeben hat und bei dem sich schon zwei rotchinesische Interessenten gemeldet haben. Wir treffen uns mit Günther, der Leiter einer Abteilung der Universitätsbaubehörde ist, Günther zeigt uns sein Arbeitsgebäude, das ein genauer Nachbau der Tuchhalle von Ypern ist, die im 1. Weltkrieg ja völlig zerstört wurde (doch auch inzwischen wieder aufgebaut), stellte uns einem ehemaligen SS-Mann vor, der jetzt Hausmeister ist, und lädt uns zum Essen ein. Ich bestelle eine Art Krebs/Hummer ohne Schalen, paniert und gebacken mit Pommes frites. Typisch amerikanisch, bei uns würde man sicher nicht so kochen. Am Nachmittag treffe ich mich mit den Rotchinesen – Austauschstudenten aus Peking – und handle mit ihnen um das Auto. Schließlich landen wir bei 1700 $, für beide ein guter Preis. Leider ist der Dollar inzwischen stark gesunken (so daß ich allein deswegen 500 Mark verliere), aber ich bin froh, daß ich überhaupt einen Käufer habe. Das Problem ist aber, bei den bisherigen Papieren waren die zum Verkauf notwendigen Papiere nicht dabei – und der Käufer besteht darauf! Vorerst verbringe ich mit den Chinesen noch einen schönen Diskussionsabend, da Günther leider in dem Abend nicht bei uns sein kann. Wir verbringen die Nacht in einem Motel. Am nächsten Morgen gehe ich selbst zum Straßenverkehrsamt und komme schließlich auch zum zuständigen Herrn Rauscher. Ich bin erstaunt – man kennt den Fall. Wie ich erfahre, hat Günther schon angerufen und vorgeklärt, er meinte, er hätte seinen „italienischen Akzent“ durchklingen lassen. Man ist bereit, man will mir helfen, aber vor Montag ist es nicht zu schaffen – man muss sich vorstellen, die Papiere für meinen Kauf 6 Wochen zuvor! Der langen Rede kurzer Sinn: Günther stellt für die Chinesen eine notarielle Vollmacht für die Übernahme des Autos aus – und da mein Käufer damit noch nicht zufrieden ist, bin ich einverstanden, daß er mir einen Scheck zuschickt, wenn alles klar ist. Schließlich habe ich in Albany ja einen Verwandten, der erforderlichenfalls  eingreifen kann, wenn ich nicht zu meinem Geld komme.

Mit Greyhoundbus geht’s am Nachmittag nach N.Y. – Christoph kann mir nicht verzeihen, daß wir nicht mit der Bahn (Amtstrack) fahren – und wir lassen unseren Krempel am Busbahnhof bei der Gedpäckaufbewahrung. Nach einem Bummel finden wir ein Hotel für 30 $ in der Nähe des Broadway (Wertsachen immer mitnehmen, rät uns einer auf der Straße), und erleben noch das „Nachtleben“, soweit das eben unsere Kragenweite entspricht. Am nächsten Tag – Samstag – bummelt jeder für sich, ich zur UNO und dann zum Roosevelthouse (Theodor, +1919) wo ich ein Konzert vermute, leider aber nicht in den Ferien. Wie schon am Abend zuvor rufe ich noch einmal bei Tante Hilde an, die sich mit ihrer Betreuerin, Frau Hartmann, dann auch sehr über meinen Besuch freut. Am zeitigen Abend treffen wir uns an der Gepäckaufbewahrung, schleppen das Gepäck zur U-Bahn und fahren auf dem economical way (also nicht mit dem teuren Direktbus) zum Flughafen. Unterwegs wird uns bange – besonders allerdings offensichtlich Christoph – weil einige Züge ausfallen und wir sorgenvoll auf die Uhr blicken. Aber es klappt alles, besonders Christoph hat es dann eilig, sich in die Schlange der Wartenden auf das Einchecken einzureihen – ich lästere später, daß sich hier doch noch DDR-Mentalität zeigt.

Das wäre dann also Amerika gewesen! Mein Auto tut´s auch noch, leider ist der Parkplatz recht teuer. In der Nähe der deutschen Grenze fährt Christoph – und im Regen werden wir auf einmal von einem VW-Bus mit Behördenkennzeichen gestoppt: Wieso wir mit 80 über die Grenze brausen, worauf Christoph: Er komme aus Berlin, und dort sei er andere Grenzen gewöhnt...

Zwei Wochen später erhalte ich den Scheck von meinem Chinesen, ich habe ihm meinen Audi versprochen als „Zugabe“, sollte er Anfang 1986 nach Europa kommen... Doch das Resümee: ca. 18.000 km im Auto, viel erlebt, doch recht anstrengend. Trotz gutem Verkauf immer noch ca. 5.000,00 DM Kosten – beim nächsten Mal würde ich nach Mexiko fliegen und dort dann mit Bussen herumfahren, dabei natürlich andere Routen.

(Website basisreligion mit basislexikon, basisdrama, basisgesprächen, basisreisen)