FRANKREICH 1994 - Sommerfahrt

 

Alle diejenigen, die vielleicht auf einen Reisebericht von mir für diesen Sommer warten, muß ich leider enttäuschen, ich habe nämlich nichts Großartiges unternommen. Meine Planung ging etwas daneben, doch ich habe wohl noch das Beste daraus gemacht.

Eigentlich hatte ich nämlich chinesische Freunde eingeladen (ein junges Paar, die Frau hatte sich für meine Ideen interessiert und sie weitergegeben, so daß es zu dem Kontakt mit der Akademie für Sozialwissenschaften in Shanghai kam), um mit ihnen durch Frankreich und Spanien zu fahren und mich so im Nebenbei über die Situation in China einmal aus einer anderen Perspektive zu informieren.

Doch meine entscheidende notariell beglaubigte Einladung, die notwendig ist, damit Chinesen überhaupt einen Paß erhalten, ging verloren und so war die Zeit verpaßt und der gemeinsame Urlaub kam nicht zustande. Vielleicht klappt es in den Herbstferien.

Mit einer alten Bekannten aus Braunsberg (Gina) besuchte ich dann zunächst einmal meine Schwester und meinen Schwager, die in der Nähe von Morlaix in der Bretagne (dort, wo es die schönen Calvaires gibt) eine Ferienhaus gemietet hatten. Im Anschluß machten Gina und ich noch eine Tagestour zur englischen Kanalinsel Guernsey, die ja im Krieg deutsch besetzt war. In einem Reiseprospekt auf dem Schiff gab es daran zwei Erinnerungsfotos - so schlecht scheint die Erinnerung wohl nicht zu sein (leider wurden auch von dort einige Juden abtransportiert; bei einiger Umsicht hätte man die gewiß verstecken können. Schließlich sind auch nach Beendigung der Besetzung viele Autos aufgetaucht, die eigentlich hätten konfisziert werden sollen, jedoch von den Nazis nicht gefunden worden waren - warum so nicht auch mit den Juden?). Wir hatten meine Klappfahrräder mitgenommen (der Transport von Fahrrädern ist ansonsten sehr teuer), allerdings ist das Radfahren auf Guernsey ziemlich mühsam: engste Straßen und laufend dicke Laster, die an einem sogar bei Gegenverkehr vorbeifahren. Schönstes Erlebnis war eine kleine Rundfahrt auf einer dampfgetriebenen Mini- Garten-Eisenbahn (Spurweite vielleicht 20 cm), der Lokführer erklärte mir alles.

Nachdem ich dann Gina in Rennes programmgemäß zur Bahn gebracht hatte, war Ziel die Vendee, und zwar ein Memorial, das kürzlich in Anwesenheit von Solschenyzin eingeweiht worden war. Bei der französischen Revolution hielten die Bauern der Vendee zu König und Kirche. Und wurden zur Strafe dafür so ziemlich alle auf schaurigste Weise massakriert (300 000 Tote - Männer, Frauen, Kinder, es sind Fotokopien der Vollzugsmeldungen ausgestellt). Immerhin bemerkenswert, daß die Franzosen 200 Jahre für ein solches Memorial brauchten... Muß die Kehrseite von Kultur immer Grausamkeit sein?

Über Nantes, wo ich in der Kathedrale ein internationales Musikhochamt erlebte, fuhr ich dann nach Südwestfrankreich, wo ich südlich von Bordeaux in Lit-et-Mixe einmal ganz zivil Campingurlaub machen wollte. Ich hatte mein Notebook mitgebracht und wollte die Zeit am Strand nutzen, an meinem Buch weiterzuarbeiten - und das klappte auch sehr gut. Immerhin stand ja in der Betriebsanleitung, daß man das Wasser und den Sand, der in die Tastatur käme, einfach ausschütteln sollte - und das hochelektronische Gerät hielt auch bis zum Schluß durch, es vertrug offenbar (fast) auch den Salzgischtnebel! Ich hatte mir am Strand aus Treibholz ein Häuschen (gegen allzuviel Sonne) gebaut mit einem "Tisch" und ich habe da dann so jeweils täglich eine Batterieladung lang (ca 5 Stunden) gearbeitet. In den ersten Tagen kam ich ganz lieb mit einem etwa 16-jährigen deutschen Mädchen über meine ganze Thematik ins Gespräch, die allerdings dann mit ihren Eltern abfuhr. Diese Gespräche haben sogar mein Buch beeinflußt, vor allem fand ich einige meiner Ideen bestätigt. Es ist eben doch ein kleiner Unterschied, wie und wo Unterricht - hier ohne irrationale Ängste - stattfindet!

Gegen Ende der Ferien besuchten mich dann - wieder programmgemäß - meine Freunde aus (Ost-)Berlin, die noch mit mir einige Tage auf dem Campingplatz blieben und mit denen ich dann einen Abstecher nach Lourdes machte. Ich kenne dort von früheren Besuchen einen wunderschönen Zeltplatz beim Bauern, wo es auch Milch und Eier direkt vom Bauern gibt - in einer klassischen alten Küche mit riesigem Kamin. Nur einen Abend machten wir einen Spaziergang zum Wallfahrtsgelände. Je mehr ich in Indien und Japan götzendienerische Wallfahrtsorte sah, desto problematischer finde ich auch das, wie da in Lourdes unser Glaube praktiziert wird...

Ein Ausflug in die französischen Pyrenäen in den großartigen Cirque de Gavarnie war eindrucksvoll und einer über den Kamm nach Spanien (Jaca) war etwas ermüdend, zumal es dort sehr heiß war. Auf dem Rückweg nach Deutschland trafen wir uns dann noch einmal in Chenonceaux (Zettel am Postamt), wo wir auch das wunderbare Schloß über dem Cher-Fluß besichtigten. Und jetzt bereite ich mich auf mein China-Engagement vor!

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