Anatolien 1986: Zum Ursprung der abendländischen Kultur

Besteigung des Erciyes bei Kayseri und des Süphan am Van-See und Ausflug nach Türkisch-Zypern

 

Eigentlich sollte die Sommerfahrt auf dem Landweg nach Indien gehen, doch war das Problem das persische Visum. Weisungsgemäß reichten wir vier Wochen vor Ferienbeginn die Unterlagen (Anträge, je 3 Paßbilder, polizeiliches Führungszeugnis) ein, doch nichts geschah...die Anträge werden laut Auskunft der Botschaft in Teheran entschieden. Inzwischen besorgte ich die Zollpapiere für meinen alten Passat: dafür mußte ich für den ADAC eine Bankbürgschaft in der doppelten Höhe des Neuwertes plus 6000 DM beibringen ‑ also 28000 DM! Wie sich später herausstellte, wäre für den Transit noch ein Pflichtumtausch von 150 US‑Dollar fällig gewesen, also für Hin‑ und Rückfahrt über 600 DM ‑ also waren wir gar nicht mehr so traurig, daß es nicht klappte (obwohl wir bis zurr letzten Moment warteten). Da wir nun schon einmal den Orient geplant hatten, und die Syrer inzwischen auch 100 US‑Dollar Zwangsumtausch wollen, wofür wir nun auch keine Lust haben, beschließen wir, in den Osten der Türkei zu fahren, auch ein interessantes Reiseland, durch das ich bisher immer nur durchgefahren bin.

Mit von der Partie sind meine ehemalige Schülerin Elke (nun schon das vierte Mal), die gleichaltrige Tochter eines Kollegen Ulrike, und ein 22‑jähriger Student Bernd, ein Bekannter von Ulrike. Von meiner Pfingstfahrt mit den vier Mädchen nach Lourdes und ein wenig nach Spanien hatte ich noch ein geeignetes Kuppelzelt, das wir auch bald hinter Stuttgart zu unser aller Zufriedenheit ausprobierten. Bei der Durchfahrt durch München ‑ es nieselte ‑ hatte ich leider Pech: auf nassem Asphalt mit Straßenbahnschienen konnte ich den Wagen nicht mehr bremsen und fuhr ein Motorrad an. Der Fahrer wurde leicht verletzt ins Krankenhaus gefahren. Zum Glück konnte ich noch die Polizei abbestellen, deren Erscheinen ein sich sehr wichtig nehmender Erste‑Hilfe‑Leistender verlangt hatte. (Das hätte nämlich auch vermutlich noch eine Anzeige gegeben.) Da ich inzwischen vorgeschlagen hatte, bei meinen Freunden in Siebenbürgen vorbeizufahren, kaufte ich noch schnell entsprechende Lebensmittel ein. Leider waren die Mädchen später mit dem Abstecher gar nicht einverstanden, sie hatten sich offenbar in der Geographie des Balkans getäuscht.

Zunächst also bis Belgrad, in Jugoslawien über den berühmte Autoput, der berüchtigtsten Strecke Europas. Bei km 443 finden wir einen schönen Zeltplatz einige 100 m rechts an einem Seitenweg und machen uns früh bald auf, da wir noch in Belgrad  zur bulgarischen Botschaft wegen des Transitvisums müssen. Leider war ich in der Nacht 10 km zu wenig gefahren, denn fast unmittelbar hinter unserem Übernachtungsplatz beginnt eine 8 km lange Schlange wegen eines schweren Verkehrsunfalls. Das Problem dieser Strecke ist, daß sie zweispurig ist und oft mehrere km schnurgerade verläuft. Wenn man da etwa nachts in einer LKW‑Kolonne ist und überholen will, sieht man eigentlich immer Scheinwerfer entgegenkommender Fahrzeugen und nur aus dem Abstand der Lichter kann man nun erraten, ob man noch überholen kann ‑ und bei manchen geht das dann offenbar schief. Vielleicht schlafen auch manche Fahrer wohl während der Fahrt ein. Viele Fahrer ‑ so wohl alle Türken und Griechen ‑ fahren die ganze Strecke allein durch, weil ihre Frauen keinen Führerschein haben. Leider haben wir während des Staus soviel Zeit verloren (es ist auch recht schwierig, den Reisegefährten klar zu machen, daß nun wegen des unvorhergesehenen Staus jede Minute kostbar ist), daß wir zu spät zur bulgarischen Botschaft kommen und uns nur noch die bulgarische Botschaft in Bukarest übrig bleibt, wenn wir nach dem Wochenende durch Rumänien fahren. Die Botschaften machen leider immer schon um 12 Uhr mittags zu.

So fahren wir schon einmal in Richtung rumäinscher Grenze, um uns den Eisernen‑Tor‑Donau‑Stausee anzusehen. Allerdings zelten wir schon etwas vorher in sehr schöner Lage. Bernd und ich essen noch in einem typischen Restaurant mit Musikbegleitung.

Auf dem Staudamm (Verbindung nach Rumänien) können wir zwar an einer langen Schlage wartender jugoslawischer Autos vorbeifahren, müssen allerdings 3‑4 Stunden ohne ersichtlichen Grund warten und werden ziemlich völlig auseinandergenommen. Was die wohl suchen mögen? Für 40 DM kaufen wir Tankgutscheine (20 Liter) ‑ unverschämt teuer! Aber wie wir später erfahren, können Ausländer gar nicht anders tanken, und für Einheimische ist das Benzin rationiert, es gibt um die 30 Liter im Monat. So fahren wir also sparsamst.

Trotzdem leisten wir uns den Luxus, über die Fogerascher Karpaten zu fahren ‑ und genießen herrliche Ausblicke. Unterwegs besichtigen wir auch ein Lebensmittelgeschäft ‑ Hauptsache Fischkonserven, ansonsten wirklich kümmerlich. In Talmesch in Siebenbürgen scheinen meine Freunde nicht da zu sein, denn es ist schon dunkel. Wir klopfen bei den Leuten gegenüber, die uns in ähnlicher Situation vor drei Jahren gesagt hatten, wo wir sie finden ‑ und stellen fest, daß man uns nicht versteht: die deutschen Nachbarn sind inzwischen nach Westdeutschland verzogen und Rumänen an ihre Stelle gekommen. Etwas wehmütig erzählt man uns später, daß in diesem vormals komplett deutschen Dorf inzwischen nur noch 400 Deutsche und schon 6000 Rumänen seien. Doch war die Aufnahme bei den Freunden, die schon zu Bett gegangen waren, sehr herzlich. Die Schwiegertochter hatte mich, als ich in deren Haus klopfte, gleich strahlend erkannt. So ist dann auch dieser Abend gerettet. Mit Poldi, dem Sohn, gehe ich noch gegen Mitternacht zu Bekannten, Abschied feiern – auch sie siedeln nach Westdeutschland über.

Der Gottesdienst am nächsten (Sonntag-)Morgen in der evangelischen Dorfkirche ist richtig schön, so getragen langsam habe ich noch nie in einer Kirche gesungen. Die Auswahl der Lieder und auch die Predigt passen irgendwie hervorragend zu meiner Stimmung! Vor einem Gespräch mit dem Pfarrer nach dem Gottesdienst drücken sich meine Gefährten, warum ist mir rätselhaft. Am Nachmittag gehen wir dann mit der ganzen Familie auf den Hausberg, die Landeskrone, wo wir auf die wohl bestellten Felder des rumänischen Nachbardorfs blicken. Dort gibt es noch freie Bauern, während man in Talmesch so ziemlich alle deutschen Bauern nach dem Krieg enteignet hatte. Mit Poldi gehe ich noch einmal am Nachmittag zum Pfarrer, nachsehen, ob ich bei seiner ältesten Tochter Bianca wirklich als Taufpate eingetragen bin ‑ ja wirklich, an 3, Stelle (von 7), also, beim nächsten Mal werde ich mich irgendwie dieser Ehre würdig zeigen!

Montag früh geht´s nun wirklich früh weiter, damit wir wenigstens hier das bulgarische Visum bekommen ‑ und wir schaffen es wegen zahlreicher Umleitungen und einer irren Verkehrsführung dank eines geschenkten Stadtplanes so gerade. In einem Selbstbedienungsrestaurant essen wir -  kümmerlich - nur Hähnchenflügel und undefinierbare kalte Fischfrikadellen. Immerhin erstehe ich in einer Buchhandlung eine Zusammenfassung von Eichendorffs Werken (auch aus dem Leben eines Taugenichts) und sehr schöne Geschichten aus dem Banat.

An der Grenze müssen wir wieder lange warten und werden dann auch prompt anders als die ganzen anderen "Ost‑Touristen" wieder auseinandergenommen. Rätselhaft, warum. Die Bulgaren winken uns dagegen recht schnell weiter. Gleich hinter der Grenze nehmen wir zwei Dresdner Studenten auf, bekommen auch bei einem Bauern 5 l leckeren Wein mit Erdbeeraroma (der reicht erst einmal), finden einen günstigen Platz zum Zelten und diskutieren noch viel. Hinter Varna trennen wir uns nach einem Bad im Schwarzen Meer von unseren neune Freunden und kommen recht spät an die Grenze Malko‑Tarnovo ‑ wieder ausgiebige Kontrolle. Auf einem Dorfplatz übernachten wir im ersten türkischen Dorf (ich kenne es von den Siegesfeiern über die Griechen in Zypern vor vielen Jahren). Bei einem Bad im Marmarameer fischen wir nach Muscheln, die dann unter der Mithilfe von türkischen Jungen am offenen Feuer gegrillt werden ‑ leider fehlen Soße und passende Beilagen und Getränke.

In Istanbul finden wir ein Hotel in der Nähe des Großen Basars und machen auch gleich einen Bummel zur grossen Moschee, hier wie auch sonst in Istanbul viele Touristen. In einem Bierbasar beschließen wir den ersten Tag in der Türkei, auf dem Weg zum Hotel kaufe ich noch von einem Straßenhändler ein Hemd für 3 DM (schrecklich grellgelb). Am folgenden Tag (30.7) versuche ich noch einmal bei der irakischen Botschaft, ob´s nicht doch Visa gibt, doch Fehlanzeige. Die Mädchen wollen immer noch nach Indien. Da die Flüge von Istanbul aus recht teuer sind, und sie gehört haben, daß sie von Athen günstiger sein sollen, beschließen sie, sich von uns zu trennen und nach Athen mit einem türkischen Bus für 50 DM zu fahren. Die Türkei ist für sie nicht so attraktiv. Vorerst gehen wir noch am Nachmittag in die Hagia Sophia (allgemeine Zustimmung und Bewunderung) und in den Serail (besonders U. ist erbost, für sie ist das alles Plunder; ihr ist nicht verständlich zu machen, daß es sich um Originaleinrichtungen handelt, auch etwa in den Küchen um Originalgeschirr, etwas, was es sonst kaum in alten Schlössern noch gibt).

Bernd und ich bleiben noch eine Nacht in unserem Hotel und dann geht's gen Osten. Wegen zahlreicher Staus kommen wir leider erst nach Museumsschluß in Ankara an. Schade, zu gerne hätte ich noch einmal das Hethitermuseum gesehen. In Erinnerung von letzten Mal sind mir ja noch diese goldenen Röhren in einem Schaukasten, mit denen die Attispriester in Nachahmung der Entmannung des gegenüber Kybele treulosen Gottes Attis ihre ebenfalls abgeschnittenen Glieder verhüllten. Irgendwann muß ich mir das noch einmal genauer ansehen...

Immerhin machen wir noch ein Bummel durch die Altstadt (Markt) und dann geht´s weiter in Richtung der alten Hethiterhauptstadt Hattusa (heute Bogazkale). Heute ist hier eine riesige Einöde - mit Mauerresten umgeben, darin hin und wieder auch ein paar Ruinen und Ausgrabungslöcher. Mich interessieren die Hethiter vor allem wegen ihrer Nachbarschaft zu den alten Juden, irgendetwas wird doch hier sicher auf  eine Beziehung zur Bibel hinweisen. Und beim Felsheiligtum Yazilkaya in der Nähe werde ich tatsächlich fündig: In einer Felswand ist eine Zug der Götter und Göttinnen reliefartig eingemeißelt. Den Zug der Göttinnen führt Hepat(u), die Himmelskönigin, an. Und Hepat (oder woanders auch Hebe o.ä.) ist sprachlich verwandt mit unserer biblischen "Eva"; und der Kult zu Ehren dieser Hepat (kultische Prostitution) weist auf das hin, was in der biblischen Adam‑und‑Eva‑Erzählung aufgegriffen und verurteilt wird. Aber das ist dann wieder mein Unterrichtsstoff. Vorerst unterhalte ich mich mit dem philologischen Berater des deutschen Ausgrabungsteams darüber.

Über eine Schotterstraße fahren wir nach Yozgat, wo wir von einem ehemaligen Gastarbeiter in Deutschland zum Essen in einem Lokal eingeladen werden, an dem er mitbeteiligt ist. Die Altstadt wird zur Zeit abgerissen und die alten Häuser werden durch moderne Betonbauten ersetzt. Auf der Weiterfahrt nach Kayseri entdecken wir ein Schild "heiße Quellen. Also nichts wie hin! Und hinein, zumal der Eintritt lächerlich niedrig ist. Wie überall in der Türkei und auch sonst im Orient, sind Männer und Frauen natürlich getrennt, die Männer zumeist in abenteuerlicher Unterwäsche. In einem großen Raum ist ein etwa brusttiefes Becken, und auf dem Beckenrand sitzen die Badegäste ‑ nur wenige sind im Wasser. Denn das Wasser ist unverschämt heiß, so heiß, daß wir kaum die Zehenspitzen eintauchen. Schließlich fasse ich Mut, denn andere sind ja auch drin, und tauche kurz unter. Daß man nicht gekocht wird, ist alles! Wenn ich doch nur wüßte, wie heiß das Wasser war! Wir haben s in jedem Fall überlebt.

Am späten Nachmittag dann in Kayseri, wo wir gleich eine Werkstatt für die TÜV‑fällige Reparatur unseres Passats finden. Leider fallen wir dabei einem Teppichhändler in die Klauen, der uns auch nicht mehr losläßt. (Doch ich hoffe, letztlich ganz gut eingekauft zu haben). Grund unseres Besuches in Kayseri sind eigentlich weniger die alten Befestigungsanlagen und Moscheen, sondern die Besteigung des nahegelegenen 3916 m hohen Erciyes. Der Teppichhändler fährt uns mit seinem Wagen zur 2100 m hoch gelegenen Berghütte, wo sich auch schon eine deutsche Alpenvereinsgruppe eingefunden hat. Mit einem türkischen Bergführer freunden wir uns an, dafür, daß er mir seine Bergschuhe leiht, gebe ich ihm 20 DM. Nein geführt wollen wir nicht werden, da können wir ja gleich mit dem Lift hinauffahren. Das sieht der Bergführer ein. Um 1 Uhr früh bricht die Alpenvereinsgruppe auf (sie haben kaum geschlafen), um 1/2 3 stehen wir auf und ziehen um 3 Uhr los. Zunächst ist´s stockfinster, doch es geht eine Schotterstraße und die braucht man ja auch nicht zu sehen. Bei Sonnenaufgang haben wir bereits die Sammelkanäle des Schmelzwassers erreicht. Auf einem Grat entdecken wir unsere Freunde vom Alpenverein. Da wir irgendwie von deren Route abgekommen sind, geht´s quer über einen Geröllhang ‑ bei jedem Schritt rutschen wir gleichzeitig wieder etwas herunter. Aber wir schaffen es ‑ mein Puls ist bisweilen auf 170. Ein Herr kommt uns entgegen, er hat aufgegeben und rät uns dringend, nur auf irgendeinen nahe gelegenen Vorgipfel zu gehen und dann umzukehren. Ja, ja, beruhigen wir ihn, zumal wir keine Ausrüstung haben für ein steiles Schneefeld, das weit oben überquert werden muß. Genau bei Beginn dieses Schneefeldes holen wir dann auch unsere Gruppe ein. Ich erinnere mich, daß der türkische Bergführer erklärt hat, „daß man bei fehlender Ausrüstung statt über das Schneefeld auch den direkten Weg über einen (wir sehen es: gewaltigen) Felsturm nehmen könnte. Er hatte mir den Weg genau beschrieben. Also hinauf und hindurch! Auf der anderen Seite des Turms ist eine schmale Scharte, von der es senkrecht abwärts geht. Links entdecke ich einen Sims in der Wand, da ich Spuren erkenne, wird das wohl der Weg sein, den der Bergführer meinte. Ganz schön tief und senkrecht ! Da mir aber der Bergführer gesagt hat, man könne da gehen (ich halte es lieber mit dem Kriechen), muß es halt auch gehen. Wo andere gegangen sind, kann auch ich gehen! Leider folgt Bernd mir nicht, ihm ist das Gestein zu brüchig ‑ ist es ja auch. Der Gipfel ist dann nicht mehr weit, oben treffe ich mit den Alpenvereinsleuten zusammen und bin der Fotograf von einem Dutzend Fotoapparaten. (Immer die ganze Gruppe!). Herrliche Aussicht, ringsherum Gebiet, das um die 3000 m tiefer liegt. Solche Höhenunterschiede gibt es in den Alpen nicht. Die Ursache dafür ist hier, weil der Erciyes vulkanischen Ursprungs ist. Beim Abstieg folgen wir der AV‑Gruppe über ein riesiges Schneefeld, wir überholen sie auch wieder, lassen uns dann aber endgültig überholen und kommen bald nach 16 Uhr unten ziemlich fertig, aber doch zufrieden an. Meinen bis dahin höchsten Berg hatte ich genau vor 20 Jahren bestiegen (Similaun in den Ötztaler Alpen, 3600m). Mit einem Regierungsjeep fahren wir wieder ins Tal.

Da das Auto noch nicht fertig ist, beginnt der Teppichhandel. Auf zwei Läufer habe ich es abgesehen. Natürlich liege ich bei 2/3 des Ausgangspreises, aber wer weiß.. Als wir dann am nächsten Tag gegen Abend abfahren wollen, gesellt sich zu uns Aische, ein Hotelgast, die nach ihrer Aussage 19 Jahre Lehrerin in Hamburg‑Altona  war. Nach 19 Jahren hätte sie allerdings eigentlich besser deutsch können müssen. Wir sagen, daß wir zelten und über die Höhlenlandschaft von Göreme fahren, ja, sie will alles mitmachen. Also unseretwegen! Und es ist eigentlich ganz lustig, zumal wir ja sie auch noch mit Decken und Liegematte eindecken können. In die Höhlenwohnungen und ‑kirchen von Göreme geht sie auch noch mit. Christen haben sich vor über 1000 Jahren hierhin zurückgezogen wegen der Türken und in den weichen Tuff eingegraben. Nach Berührung mit Luft wird der Tuff dann knochenhart. Malerisch sieht die Gegend vor allem aus, weil es sich meistens um Felskegel handelt, die erosionsbedingt stehen geblieben sind. Hin und wieder sind jetzt die Räume offen, weil die Außenpartien verwittert sind. Leider sind sehr viele Fresken in den Kirchen zerstört ‑ bei der Eroberung durch Türken und andere Völker, dann aber auch durch Touristen, die es nicht lassen können, sich zu verewigen. Die Türken früherer Zeiten haben vor allem die Gesichter der Heiligen zerstört, da sie etwas gegen die Abbildung von Menschen haben. Lustig finde ich die Abbildung einer Dirne, der zur Strafe ein langer weißer Bart gewachsen ist.

Unser nächstes Ziel ist Kaymakli, eine unterirdische Stadt, in der im 5./6. Jh. so 3000 Menschen (Christen) wohnten. So etwas konnte ich mir allerdings bisher nicht vorstellen! In einem Höhlenwirrwarr mit vielen Gängen und Räumen befanden und befinden sich noch um die 12 Stockwerke unter der Erde. Noch heute ist ein ausgetüfteltes Belüftungssystem phänomenal, das auch nicht durch äußere Einwirkung durcheinander gebracht werden kann. Zwischen den Stockwerken stehen an Wänden angelehnt riesige Mühlsteine, mit denen immer wieder die Gänge abgeriegelt werden konnten, wenn man kämpfend eindringenden Feinden wich. Und wenn die Feinde dann ganz unten angelangt waren, waren die Bewohner durch einen 10 km langen Gang zur Nachbarstadt verschwunden. Unsere Überlegung: Wie mögen sich die Leute wohl damals auf dem engen Raum vertragen haben? Ob ein hervorragend gelebtes Christentum der Grund dafür war?

Anschließend weiter ins Ihlaratal, allerdings zwischendurch erst einmal Bad in einem herrlichen Stausee inmitten felsiger Gegend. Das Ihlaratal ist ein kleines Canyon, in der Mitte ein Flüßchen, rechts und links in den Felswänden Höhlenwohnungen und ‑kirchen. Eine Wanderung ist wunderbar, vor allem kann man immer wieder ins Wasser springen, wenn man vom Besichtigen genug hat! Das ist der Urlaub, wie ich ihn liebe ‑ Kultur und Muße! Und unsere Hemden waschen wir natürlich auch noch! Doch vorerst (am Vorabend) vermittelt uns Aische im Hotel auf dem Canyonrand noch einen gemütlichen Abend ‑ sie ist als Sängerin engagiert (70 DM pro Abend) und beschließt zu bleiben. Wir feiern kräftig mit! (Vorher, in Kaymakli, hatte sie uns bei den Händlern dort auch schon zu einem originellen Essen verholfen: alles sitzt um eine große Pfanne und holt sich mit Weißbrotstückchen bißgroße Portionen heraus ‑ unheimlich gut! Im Ihlaratal besichtige ich insgesamt 6 Kirchen ‑ jede anders, auch andere Ausmalungen.

Bei der Weiterfahrt verirren wir uns zunächst, trotzdem sind wir am Abend am Mittelmeer in der Nähe von Mersin, wo die Schiffe nach Zypern abgehen. Noch ein kurzer Abstecher nach Silifke,  wo Kaiser Barbarossa auf einem Kreuzzug im Floß ertrunken ist, und nach Uzuncaburc, dem antiken Olba, wo ich zum ersten Mal antike Wohnhäuser sehe, die heute noch bewohnt werden. Ansonsten an der Straße dorthin gut erhaltene Totentürme aus römischer Zeit, die Deckel der Sarkophage liegen noch so, wie sie aufgebrochen wurden. An der Felsküste springen wir noch ins klare Wasser und Bernd besucht die eindrucksvollere riesigen Grotten "Himmel und Hölle" ein paar hundert Meter von der Küste weg. In der "Hölle" hört man ganz unten das Meeresrauschen. Ich war schon früher zweimal dort.

Für die Fahrt nach Zypern (es geht nur der türkische Teil von der Türkei aus) wollen wir das Auto in Mersin stehen lassen. Leider sind wir nicht richtig informiert über den Status von Türkisch-Zypern und denken, wir müssen das Auto im Zollgebiet des Hafens stehen lassen. Und das bringt nun einigen Aufstand. Na, schließlich haben wir unsere Papiere. Auf dem Schiff erfahren wir von anderen Deutschen, daß sie ihr Auto ohne Problem auf irgendeiner Straße in Mersin gelassen haben und so viel besser durch den Zoll kamen (im Paß ist ja bei der Einreise in die Tülrkei ein Vermerk eingetragen). Wir fahren über Nacht, das Schiff ist nicht sonderlich sauber und gleicht einem Auswandererschiff. Zum Glück haben wir unsere Matten und Schlafsäcke dabei und können auf dem Oberdeck schlafen. Fast keine Rucksacktouristen, eine deutsche Familie ist noch dabei, sie haben Kabine gebucht, schlafen aber auch lieber auf dem Deck. Früh dann, es ist Sonnabend, 9. 8. sehen wir die Silhouette von Famagusta, das die Türken heute Magusa nennen: zwischen den Häusern eine gotische Kathedrale und weitere Kirchen(ruinen). Famagusta wurde 1571 von den Venezianern bei einer Belagerung friedlich an die Türken übergeben, die friedliche Übergabe wurde jedoch von den Türken grausamst gebrochen. Bei der Schlacht von Lepanto hat dieser Treuebruch nicht unerheblich die christlichen Soldaten bei ihrem Einsatz gegen die Türken "motiviert". Shakespeare wurde in diesem Zusammenhang zu seinem Drama "Othello" inspiriert, dessen Schauplatz ja Famagusta war.

Nach zermürbender 1 1/2‑stündiger Warterei sind wir schließlich an Land und unser erster Weg führt natürlich zur Kathedrale, wo wir angelehnt an den einen Turm schon das Minarett erkennen. Wie die Kathedrale von Nikosia, wie wir später sehen, ist auch diese Kathedrale seit 1571 eine Moschee. Es ist schon seltsam, durch eine gotische Kathedrale auf Teppichen zu gehen und Muslime bei ihren Gebeten zu beobachten. Wer weiß, was noch auf uns zugekommen wäre, wenn bei Lepanto nicht die Heilige Liga (Kirchenstaat, Venedig Spanien vor allem) gewonnen hätte, möglicherweise wäre auch der Petersdom heute eine Moschee. Immerhin sind, wie wir später in Nikosia sehen, die zypriotischen gotischen Kathedralen noch spät abends geöffnet und es sind auch noch Beter da. Wären die Kathedralen heute noch christlich, wäre das vermutlich anders, die schließt man ja schon immer abdnes sehr früh zu.

Auf der Post decken wir uns mit türkisch‑zyprischen Briefmarken ein, damit wir von hier aus Grüße schicken können. Wer hat schon je Post von türkisch Zypern (Kibris) bekommen? Mit einem Bus für 280 TL (84 Pf) fahren wir durch öde Landschaft 60 km nach Nikosia, der wie Berlin geteilten Stadt. Für eine Nacht finden wir für 1000 TL (8 DM) das originelle Hotel "Post"‑ unser Zimmer ist ebenerdig mit dem Hol/ Garten, die Türen sind gleichzeitig Fenster. Es ist so heiß, daß die Weintrauben an den Reben, die sich über dem Garten ranken, schon vertrocknet sind. Natürlich gehen wir gleich zur Kathedrale und wollen auch die Mauer sehen. Es ist kaum an die Mauer heranzukommen, man erkennt den Bereich vor allem an den zerschossenen Häusern und den Schildern "Fotografieren verboten". Da Samstagnachmittag ist, ist auch hier auf Zypern schon Feierabend, und da sieht alles noch trister aus. Ich schleiche so nahe es geht an der Mauer entlang und entdecke schon hinter einem Grenzposten eine Kirche, die frisch restauriert aussieht, wie ich sehe, katholisch. Also hin. Doch der Posten winkt ängstlich ab. Ich will doch nur den Schaukasten sehen. Da lädt er sein Gewehr (G3) durch damit verscheucht er mich nun wirklich. Bernd und ich fragen dann in der Polizeistation nach einer Genehmigung für den sonntäglichen Gottesdienst, nein, jetzt am Samstagnachmittag kann man uns sie nicht mehr ausstellen, aber wenn wir noch bis folgenden Sonntag blieben, wochentags gerne. Wir verzichten, also keine Sonntagsmesse.

Abends bummle ich wieder ein wenig alleine und werde an der Stadtmauer von lauter Musik angelockt. Vor der Musikkapelle (leicht amerikanische Musik) sitzen auf vielen Stuhlreihen viele Leute, die Frauen sehen nicht türkisch aus, eher griechisch (nach Schminke und Kleidung). Neben der Kapelle steht ein französisches Bett, darin zwei Kinder. Vor dem Bett eine lange Schlange Wartender, die den Kindern die Hände schütteln, sie küssen und ihnen etwas zustecken. So genau kann ich alles nicht erkennen und so frage ich einen Herrn in einer der Stuhlreihen, ob das hier eine Kinderhochzeit sei ‑ "nein, Zirkumzisio", soviel verstehe ich "Beschneidung". Schon Interessent, wie so etwas gefeiert wird.

Am nächsten Tag machen wir einen Ausflug an die Nordküste, Kyrenia, wo wir leider nicht in die Festung hineinkommen. Der Hafen mit der Festung sieht nun wirklich nach einer Kulisse von „Othello“ aus! Irgendwo an der Küste lassen wir uns von einem Minibus dann absetzen: zum täglichen Bad. Leider sind die Felsen dort, wo wir sind, ziemlich scharfkantig. Aber von den Felsen kann man schön hinunterspringen. Unser ausgedehntes Bad (es gibt natürlich auch überfüllte Badestellen) hat zur Folge, daß wir den letzten Bus nach Nikosia verpassen und per Anhalter fahren müssen. Es geht, zuletzt nimmt uns ein englisches Ehepaar mit, wir unterhalten uns angeregt über den letzten Fluchtversuch in Berlin, den getürkten, wie wir hinterher hörten) und über Othello. Mit dem letzten Minibus von Nikosia  geht´s dann nach Famagusta (ich höre einen Ausschreier "Magusa" rufen) zum Schiff, denn zwei Tage Zypern reichte uns, zumal man auf keinen Fall in den griechischen Teil kommt, ja, man soll sogar mit türkisch‑zyprischem Stempel im Paß gar nicht mehr nach Griechenland hineinkommen.

In der Wartehalle bietet sich uns ein unbeschreibliches Bild: jede Menge Leute und über und über bepackt. Vor allem fallen große Kartons mit der Aufschrift "Amsel" o ä. auf, ich zähle so 45. Des Rätsels Lösung: Zypern ist zollfreies Gebiet und die Türken kommen trotz des recht teueren Fahrpreises (hin zurück ca 75 DM) in Massen, um einzukaufen. Besonders eben diese Hi‑Fi‑ Stereo ‑Kassettenrecorder. Sie sollen in Zypern um die 200 DM kosten, in der Türkei aber um 500 ‑ 600, was macht da schon die Passage und der Zoll von 30 DM. Ich sehe auch einen Händler, der 200 ‑ 300 Rekorder, allerdings einer anderen Marke gekauft hat. Die Leute können ihre Sachen zumeist gar nicht schleppen, sie ziehen sie an Gurten auf Kartonteilen hinter sich her. So etwas habe ich hoch nie gesehen. Statt um 22 Uhr fährt das Schiff schließlich um 0 30 Uhr. Ich habe lediglich 3 Fl. zypriotischen Cognac (32 %) mitgebracht. Wir sind wieder früh da, nach einigem Gedöns muß ich für mein Auto so um 10 DM zahlen und weiter geht's, unser Ziel ist der Nemrut mit dem Grab den Königs Antiochus I (68‑24 v.Chr.).

Doch zuerst auf dem Weg die Ruinen der römischen Stadt Herakleia Castabala zwischen Baumwollfeldern, ein schöner Spaziergang durch die Felder, in denen es zahlreiche halbwilde Tomatenstauden mit leckeren kleinen Tomaten gibt. Ein Bauer schlachtet für uns Melonen, die ebenfalls so herumwachsen. Wir entdecken dabei eine ganz besonders delikate Sorte. Da in unserem Führer nichts weiter über die Stadt steht, genießen wir die Stadt mehr durch den Magen. Vor allem sind noch die Reste  einer Prachtstraße zu erkennen - ich erzähle Bernd., wie eindrucksvoll die besser erhaltenen Städte in Syrien sind (Apamea,  Palmyra). Bei dar Weiterfahrt nach Karatepe baden wir noch in einem kalten kleinen Stausee und treffen da auch Udo, einen Feldwebel aus Wuppertal auf seiner 1100er Yamaha. Bernd vor allem ist ganz fasziniert.

Karatepe dann ist wieder einmal eine hethitische Stadt, diesmal an einem Stausee auf einem Berg sehr schön in herrlichem Wald gelegen. Ein Wächter führt uns und passt auf, daß wir nicht fotografieren. Steinblöcke zeigen "Bilder des täglichen Lebens im späthethitischen Provinzstil". Was da in unserem ADAC‑Kurzführer steht, kann ich nicht ganz glauben (von wegen des täglichen Lebens), denn ich entdecke u.a. eine Mutter mit Kind (stillend) vor einer Palme und daneben ein geflügeltes Fabelwesen mit einem Sonnenzeichen, m.E. also mehr kultische Reliefs.  Abends unterhalten wir uns noch lange mit Udo und schlafen unter freiem Himmel ‑ doch bald schlagen wir die Zelte auf ‑ wegen einiger weniger lästiger Mücken. Ganz früh mache ich mich in der ersten Helligkeit auf mit meinem Fotoapparat, um unter Umgehung des Wächterhäuschens an die Reliefe heranzukommen. Da der Wächter sehr laute Musik hört, hört er nicht das Knacken der Zweige hinter der Hütte... Glücklich komme ich auch an die Reliefs, doch nach dem zweiten Bild Pech: der Film ist voll! Ein zweites Mal gehe ich .nicht mehr! Immerhin gibt's hier ein Morgen-Bad im Stausee!

Dann also endgültig weiter zum Nemrut,  d.h. zum Zugangsort im Tal Kahta. An einem Bewässerungskanal schlachten wir eine Melone und können so richtig nach Herzenslust reinhauen, denn beim anschließenden Bad werden wir ja wieder sauber.

Im Hotel in Kuhta vereinbaren wir gleich nach unserer Ankunft die Fahrt auf den Nemrut  mit Mini‑Bus, es sind Leute für mindestens 6 Busse da, Preis pro Person DM 10, dafür brauchen wir unser Auto nicht vollends kaputt zu machen. Wir schlafen auf denn Dach des Hotels für 3 DM. Die Fahrt geht bald nach 1 Uhr früh los, damit wir beim Morgengrauen oben sind und den Sonnenaufgang beobachten können ‑ allerdings wohl mehr ein Touristengag, wichtiger als der Sonnenaufgang ist doch wohl der Berg mit dem Grabmal. Kurz vor Christus hatte sich hier ein kleines selbständiges Königreich (von Kommagene) gebildet, das aber bald im römischen Reich aufging. Beeindruckend sind einige steinerne Zeugnisse von diesem Reich, u. a. eben das Grabmal. In 2150 in Höhe befindet sich das Grab unter einem 50 m hohen Schotterhügel, durch den man bis heute noch nicht an das Grab herangekommen ist.

Auf der West‑ und Ost‑Terrasse stehen jeweils 5 bildgleiche Götterfiguren (Apollo, Tyche von Kommagene, Zeus, Antiochus, Herakles), die riesigen Köpfe liegen auf dem Boden herum, sie sind jedoch noch gut erhalten. Vor drei Jahren war ich hier schon einmal, und sogar mit eigenem Wagen. Da die Straße damals so schlecht war, hatte ich mich diesmal entschlossen, den Wagen unten zu lassen. So fahre ich nun diesmal auch mit den: Bus zu den anderen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, u. a. zu einer herrlichen römischen Brücke und nach Eskikale,  wo es eine antike Festung in herrlicher Umgebung gibt. Besonders ist hier ein Relief zu beachten, auf dein Herakles (nackt mit Keule) dem König Antiochus (mit Gewand und Krone) die Band schüttelt.

In Kahta verabschieden wir uns von Udo ‑ und weiter geht´s in Richtung Osten. Beim Überqueren des Euphrat natürlich ein Bad in den kühlen Fluten, der Fluß ist schon sehr breit und hat ziemliche Strömung. Das Problem des Flusses ist, daß sowohl die Türken wie auch noch mehr die Syrer den Fluß zu Bewässerungszwecken brauchen wollen und den Irakern dann nichts mehr übrig bleibt.

In Diyarbakir wollen wir das empfohlene archäologische Musen besuchen, finden es aber nicht und sehen dafür anderes. Eindrucksvoll die armenische Kirche, riesig, sie sieht fast wie eine Pfeilermoschee ais, allerdings scheint es kaum noch Gemeindeleben zu geben, früher mag ein Großteil der Bevölkerung hier armenisch gewesen sein, seit den Massaker 1915 gibt es hier nur noch 20 armenische Familien.

Lustig sind die Kinder, die uns durch die Stadt führen (irres orientalisches Leben!), wir schütteln sie erst ab, als wir eine Wanderung auf der noch ziemlich kompletten Stadtmauer machen (schwarzer Basalt, hin und wieder Reste von Türmen, großartige Torbauten). In einem Bierlokal lernen wir einen englischen Schriftsteller kennen, der sich Hintergrund für seinen (ersten?) Roman sucht; da das Bier so gut schmeckt, beschliessen wir, die Nacht in einem Hotel in der Nähe zu blieben.

Früh dann aber weiter zum Van‑See. Der Van‑See liegt in 1 730 m Höhe, ist riesig, so groß, dass es sich gelohnt hat, eine Eisenbahnfähre auf ihm fahren zu lassen, sehr tief (in Ufernähe schon bald 250 m) und nicht salz‑, sondern sodahaltig. Beim Baden fühlt sich das leicht glitschig an, das Wasser schmeckt eher bitter oder sauer, wenn man es ausspuckt, dann mehr nach Süßstoff. Da die Eisenbahnfähre gerade abgehen soll, beschließen wir, mitzufahren, einmal wollen wir ohnehin mit der Fähre fahren. Die Fahrt kostet für die 4 1/2‑ständige Dauer fürs Auto (zwischen Eisenbahnwaggons) und uns ganze 8 DM! Und wir genießen eine herrlich Fahrt über das blaue "Meer" ‑ im Hintergrund auf so ziemlich allen Seiten hohe Berge. Besonders angetan hat es von denen der Süphan, er ist über 4000 m hoch... Auf dem Schiff treffen wir Egon, einen Lebenskünstler aus Graz, der schon 5 Jahre in Indien war, vegetarisch und alkoholfrei lebt und eigentlich ein halber Guru ist. Er sieht richtig indisch aus ‑ wir unterhalten uns gut mit ihm. Er kommt auch mit in ein Hotel in der Stadt Van am anderen Ufer und teilt sich mit uns das Zimmer (pro Person ca 2 DM).

In Van gibt es besonders das Archäologische Museum und die urartäische Zitadelle. Im Museum  entdecke ich auch weitere Indizien für meine Adam‑und‑Eva‑Forschung: Ko­pien von hathitischen Rollsiegeln mit merkwürdigen obszönen Szenen vor Palmen oder Sonnenzeichen. Doch darüber in meinem besonderen "Werk". In der Burg treffen wir sehr nette Ingenieure, die über die Feiertage (in der Türkei sind gerade  welche) einen Ausflug von ihrem Arbeitsort Ankara aus machen. Sie bauen dort  eine "Reinkammer" für die Herstellung von elektronischen Chips ("Maikäfern"), sie schätzen allerdings die Fähigkeiten der Türken dafür nicht sehr hoch ein. Die Ingenieure bringen uns schließlich auf die Idee, nach Hakkari zu fahren, weil dort die Landschaft besonders grandios sein soll. Also hin! Auf einem Paß in 2800 m Höhe zelten wir In einem Ort hat trotz der Feiertage zum Glück :ein kleines Restaurant offen, we­nigstens Frühstück bekommen wir da. Das Tal ist wirklich grandios, vor Hakkari werden unsere Personalien überprüft und festgehalten (Kurdengebiet, wie wir später erfahren, hat kurz zuvor die türkische Luftwaffe Kurden bis in den Irak verfolgt und bombardiert). in einem Seitental an einem klaren Bach machen wir eine Wanderung und werden dabei noch von einer Gruppe (4 oder 5) Männern zu einem Picknick  eingeladen, dabei fließt einiger Alkohlol (ich bin aber noch fahrtüchtig). Wieder in Richturig Van zelten wir an dem Fluß neben der Straße.

Ab jetzt dann grobe Richtung Norden zum Schwarzen Meer. Vorerst noch einmal Van‑See, und hier die kleine berühmte Insel Akdabar mit der armenischen Kirche. Da immer noch Feiertag ist, gibt es jede Menge Touristen, die  sich mit den Motorbooten für 2 DM übersetzen lassen. Außen an der Kirche Re­liefs mit Szenen aus der Bibel (9 Jh.). Interessant finde ich eine Adam‑und‑Eva­  Darstellung, die der im Dom von Monreale (bei Palermo) etwa 600 Jahre später ähnelt: A. u. E., geschlechtslos und die Frucht ist so eine komische Birne. Hinter einer Felsklippe kann ich sehr schön baden – vom höchsten Punkt der Insel jodelt (o.ä.) mir Bernd dabei zu.

Von Tatvan aus fahren wir mit unserem Wagen dann auf den dortigen Nemrut (ein ehemaliger Krater) ‑ etwas höher als der vorige Nemrut.  Wir treffen ein Pärchen aus Nottingham und unterhalten uns sehr nett (ob ich sie  noch mit einigen Interessenten vor Weihnachten besuche?). Der Knüller auf/an diesem Berg ist ein riesiger Kratersee in über 2000 m Höhe mit etwa 5 km Durchmesser. Wir natürlich alle hinein – Trinkwasserqualität!

Die Nacht verbringen wir wieder am Van‑See, als wir morgens unseren Zeltplatz verlassen und durch eine Menge kläffender Hunde am nahen Bauernhaus vorbeifahren, macht die Bäuerin im Hintergrund eine einladende Geste. Zu spät fällt mir ein, daß das eine Einladung zum Frühstück war, wir fahren „ohne" weiter.

Zunächst vorbei an Eski Ahlat mit einer riesigen Friedhofsanlage, die z.T. grossen Grabdenkmäler stammen aus dem 17.-18. Jh. Irgendwie erinnert mich alles an einen Spaziergang mit meiner Cousine im vorigen Jahr über den alten Friedhof von Görlitz ‑ obwohl außer dem Alter hier alles anders ist, Unser konkretes Ziel ist jedoch der Süphan ‑ endlich ein echter Viertausender! Bei Abfahrt der Fähre vor einigen Tagen über den Van‑See hat uns ein Bergführer Tips gegeben: es ist in Berg für Turnschuhe (also habe ich mir so etwas in Van gekauft). Über eine Schotterstraße fahren wir bis zu einer 3300 m hoch gelegenen Radarstation. Der Wärter (oder Techniker) freut sich über unseren Besuch und lädt uns auch gleich für die Nacht ein. Doch wir haben vor, in halber Höhe zu campieren, nach dem Führer braucht man nämlich 3 Tage.

Zunächst geht´s von der Radarstation (einige hundert Kanäle, der Wärter erklärt uns alles, auch daß italienisches Fabrikat, eigentlich eine Richtfunkstation, aber die Leute sagen halt Radar) vielleicht 200 m wieder hinunter und dann langsam bergauf. Von einem Nomadendorf werden wir bald von Kindern entdeckt, die uns auch ein Stück entgegenkommen und ganz schön nerven.  Natürlich werden wir in die Zelte eingeladen. Es gibt Brot (Fladen) und milden Schafskäse. Und Tee natürlich. Auch die Erwachsenen nerven uns. Wenn wir nicht aufpassen, räumen sie uns unsere Rucksäcke aus, beinahe sind auch Fernglas und Fotoapparat verschwunden. Möglicherweise haben die Nomaden (vielleicht auch nur sesshafte Hirten) nur eben noch keine Eigentumsbegriffe. Wir  sind jedenfalls froh, als wir die Zelte wieder hinter uns haben.

Es geht immer aufwärts über Gras­narben. An geeigneter Stelle machen wir unser Lager ‑ es wird merklich kalt. Und erst nachts! Neben meinem alten Ikea‑Schlafsack habe ist noch 2 Billigdecken, Bernd hat noch eine silbrige Thermofolie. Damit wir uns beide damit zudecken können und wir uns auch noch gegenseitig wärmen können, kriecht er nachts neben mich, ich bin wirklich froh, als die Dämmerung kommt, Schlaferei war das keine gute! Wir lassen dann die Sachen liegen, obwohl noch Weidegebiet ist (irgendwo liegen auch irgendwelche Nachgeburten herum), doch wir‑ können uns nicht vorstellen,  daß sich jemand an unseren Sachen vergreift. Auf Grasnarben geht es noch lange höher, erst etwa 300 m vor dem Gipfel beginnt ein riesiges Blockmeer, das den Berg offenbar vor langer Zeit hinuntergepurzelt ist. Wir steigen also von Fels zu Fels. Und von Norden tönt ein Halo her ‑ ich greife zu meinem Fernglas ‑ so ein Pech, beim letzten Halt liegengelassen. Soll ich noch hinunterspringen ‑ es holen? Ich lasse es und hoffe, daß es niemand findet. Doch die Gruppe mit dein Hallo (wir hören später, daß es Jäger sind) nimmt genau unseren Weg, als sie unten am Blockmeer sind. Wir können es gut beobachten...

Oben dann eine wüste Landschaft (Engländer fragten mich später, wie es aussah, und ich sagte "like Germany after the war") mit mehreren Gipfeln. Noch sind wir der Meinung, daß wir jetzt 4058 m noch sind. Auch ein Kratersee (oder besser Gletschersee) zwischen Schneefeldern und Geröll ist da: etwa 2 cm ist der See zugefroren. Mir macht es Spaß, mit großen Steinen das Eis zu bewerfen, es scheppert so schön! Um es kurz zu machen, beim Abstieg stellen wir fest, daß Fernglas und Schlafsäcke usw, verschwunden sind. Und keiner weiß was davon, als wir im nächsten Dorf fragen. Mir tut das Fernglas leid, und Bernd vor allem sein Schlafsack, der immerhin einmal 350 DM gekostet hat, mit denn er allerdings schon lange nicht mehr zufrieden ist. Unser Radarstationswärter will zunächst 15 DM Parkgebühr (!) traben, verzichtet aber dann darauf, als wir ihm unser Pech erklären. Im Dorf werden wir gleich eingeladen, getrennt, man reißt sich förmlich um uns, vielleicht will man uns trösten. Wir glauben, daß es die Leute ehrlich meinen, von unseren Sachen weiß offenbar wirklich niemand.

Auf schlechter Straße geht´s nach Pathos, 21000 Einwohner, wie das Ortsschild sagt, aber kein Bier, und das nach so einem Berg ‑ bei unseren Hirten hatten wir übrigens noch die wahre Höhe erfahren : 4435 m, also erheblich höher als zunächst gedacht (wir hatten uns auch schon gewundert). Vor allem Bernd will jetzt wenigstens noch zum Fuß des Ararat (5165 m), auf dem sich ja noch Reste von der Arche Noah befinden sollen. Die Bergführer, die wir allerdings daraufhin ansprechen, sagen alle "Quatsch". Leider haben wir keine Genehmigung, die erforderlich ist, wenn man ihn besteigen will, da hier persisch‑sowjetisches Grenzgebiet ist. An die Genehmigung ist aber für Einzeltouristen schwer zu kommen. Wir treffen Otto und Maria aus Salzburg, Otto motiviert uns, illegal hinaufzugehen. Vorerst schauen wir uns noch einen alten Palast in der Nähe von Doguabayazit an (herrliche Appartements der Nebenfrauen ‑ mal Einzelzimmer, mal Doppelzimmer,  jeweils mit schönem offenen Kamin, auch sonst wunderbare Steinmetzarbeiten, eine seltene Mischung seldschukisch‑armenischer Baustile). Außerdem besorgen wir uns noch Decken (irre ‑ mit großem eingewebten Tiger, 15 DM). Wir beschließen, mit beiden Autos zum etwa 2500 hohen Ausgangspunkt für die Fußwanderung zu fahren. Otto meint (er ist erfahrener im Bergsteigen als ich) daß der Ararat ein Kuhberg sei und wir sicher in Turnschuhen hinauf kämen. Und mit der Schneekuppe oben sei das such nicht so tragisch.

Als wir, am Ende des Fahrweges sind (Häuser sind da), fragen uns Leute nach einem Arzt ‑ ein Mann ist von einem Stier auf die Hörner genommen worden und hat neben seinem Anus recht tiefe Fleischwunden. Ich glaube, ich bin der, der als meisten Courage hat und sehe mir die Wunden genauer an – offensichtlich hat der Mann Glück gehabt, es sind nur Fleischwunden. Wir verbinden den Mann mit Sachen aus unserem Erste‑Hilfe‑Kasten. Zu unserem Vorhaben, auf den Berg illegal zu gehen, meinen die Leute, daß das letztens auch andere Deutsche versucht hätten ‑ und erwischit worden seien ‑ und 6 Monate Knast bekommen hätten. Wir verzichten da lieber und brechen ah, den Verletzten nehmen wir mit. Unterwegs hält uns dann noch ein angeblicher Polizist (in Zivil) mit G3-Gewehr an (die Hirten sonst etwa auf dem Süphan hatten nur so eine Art Eigenbau‑Gewehre). Er ist ganz wild darauf, erst einmal zu Polizei mit uns zu fahren. Den Kranken wirft er aus dem Auto, der ist ihm egal. Trotz seines Gefuchtels mit dem Gewehr fahren wir ohne beide ab, jede Menge Leute und vor allem Kinder stehen wie immer herum. Der "Polizist" schreibt sich demonstrativ unsere Autonummer auf seine Handfläche, na so was.

Nach einem Picknick trennen wir uns von Otto und Maria (ob aus der geplanten Besteigung irgendwann später einmal etwas wird?) und wir fahren weiter gen Norden, nach Kars. Wir kommen auch einmal ziemlich nahe an der russischen Grenze vorbei, auf unserer Seite Lehmhäuser, auf russischer (es Ist die Gegend um Jerewan) Seite sehen die Häuser eher wie in Bulgarien aus. Irgendwo natürlich auch Wachtürme, auch auf türkischer Seite. Im Radio hören wir klassische Musik (Unvollendete, Schubert), es existieren hier nur zwei UKW-Sender. Ob das wohl "Radio‑Jerewan" ist? Falsch geraten, auf sowjetischer Seite gibt es hier offenbar gar keine UKW‑Sender, alles türkischer Rundfunk, der übrigens auch sonst recht viel klassische europäische Musik bringt. Kars macht einen merkwürdigen Eindruck: rechtwinklig verlaufende Straßen, und dann überall Häuser, wie man sie sich eher in Leningrad vorstellt (nicht ganz, sie sind hier zumeist einstöckig). Jawohl, Kars war von 1878 bis 1921 russisch! Man sieht es wirklich ‑ auch merkt man es an den Geschäften und Kneipen, es gibt relativ viel Alkohol hier. Besonders ein riesiger "Bier-Palast" hat es mir angetan: so richtig noch aus zaristischer Zeit!

Die russische Grenze verläuft hier etwa 30 km östlich, und dort ist auch die berühmte armenische Ruinenstadt Ani. Zum Besuch braucht man eine Genehmigung vom Touristenamt. Dort finden wir auch Father Francis, ein Priester aus Malta, der von hier ab bis Trapezunt einige Tage unser Begleiter sein wird. Leider darf man in Ani nicht fotografieren. Die Ruinenstadt mit gut erhaltener Stadtmauer und vielen Kirchen (teilweise auch nur Ruinen, teils aber gut erhalten) steht am Rande eines kleinen Canyons, unten fließt der Grenzfluß, darüber die Ruinen einer alten Brücke, auf der im Mittelaltar Marco Polo gen Osten gezogen ist. Man erkennt auf einem Wachturm einen sowjetischen Soldaten, schade, daß mir mein Fernglas abhanden gekommen ist. Das Fotografierverbot wird scharf überwacht, ein Soldat begeleitet uns, damit wir es wohl auch ja einhalten.

In Kars noch schnell auf die Festung und dann weiter ‑ hier hatten wir übrigens unser miesestes Hotel ‑ im Gastraum gab es ein türkisches Solokonzert (mein Geschmack war das aber auch nicht). Auf teilweise erbärmlicher Straße geht’s dann vorbei am See von Cildir (ich bade drin, doch sympathisch ist das Wasser nicht, es gibt irgendwelche komische Algen und eine Art springender Fische).

Weiter in Ardahan treffen wir auf einen VW-Bus mit Dürener Kennzeichen und wir sind natürlich gleich eingeladen. So ein Restaurant aus russischer Zeit. Sehr leckeres Essen. Sicherheitshalber habe ich ja immer eine Flasche Wein dabei, die uns jetzt gute Dienste tut (der türkische Wein schmeckt mir übrigens sehr), die uns der Wirt auch durch Auf‑den-Boden‑Klopfen aufmacht. So etwas geht hier alles! Unser Hotel ist zwar das erste am Platz, aber es ist eigentlich in unserm Zimmer nicht so recht in Ordnung! Dafür tröstet uns auch hier wie überall in den einfachen Hotels der Preis: pro Person 3 DM!

Nach Ardahan kommen wir in fast alpenähnlicher Landschaft, Wälder, Berge, Bäche. Bei einem Imker halten wir an, ich will doch noch Honig kaufen. Die Leute sind so nett, stellen uns gleich einen Teller Honig Irin und schenken mir ein großes Glas (sicherlich bald 2 kg) und unserem Fahrer auch (in seinem Paß ist übrigens eine Landkarte vom Mittelmeer, damit die Leute wissen, wo Malta liegt...). Der Honig schmeckt sehr würzig, es schwimmen jede Menge Wabenbruchstücke drin.

Bei einer Strassenbaustelle treffen wir auch wieder Egon, der auch kurze Zeit darauf (in Artvin) wieder einmal für ein paar km mit uns fährt. Herrliches Bad in einem großen Gebirgsbad und dann auch im Schwarzen Meer (Steilküste, bewaldet, Teefelder). Unseren Pater bringen wir in ein Hotel, wir selbst zelten an einem Fluß, der aus dem Gebirge (bis knapp 4000 m hoch hier) kommt. Schade hier fließt soviel Süßwasser ungenutzt ins Meer, das doch woanders so wichtig wäre.

Natürlich gehen wie auch einmal in eine Teeplantage und bei einer Teefabrik haltet wir an. Aus meinem Wörterbuch übersetze ich mühsam, daß wir sie besichtigen wollen – und wir werden auch vorgelassen! Irgendein höherer Angestellter rasiert sich gerade in seinem Büro ‑ ob die zuhause keinen elektrischen Strom haben? Unsere Führung klappt und unter einigem Aufsehen sehen wir uns die Aufbereitung der Blätter, die Fermentierung in großen Trommeln, die Reinigung und auch die Verpackung mit in der Türkei hergestellten Maschinen an. Ein Arbeiter findet sich auch, der deutsch spricht und in der Kantine bekommen wir auch Tee ("Tschai") ausgeschenkt.

Die Teefabriken scheinen ihre alle staatlich zu sein, Ich muß übrigens sagen, daß wir wirklich eines sehr schöne Gruppe sind: Zwei Deutsche und ein Malteser, wir erklären immer ausführlich, was es mit Malta auf sich hat ‑ glücklicherweise gibt es dort ja eine berühmte Fußballmannschaft.

Trapezunt  (Trabzon) gefällt uns sehr gut. Wie schon einmal in Kars stelle ich so nebenbei fest, daß unser Tank infolge der schlechten Straßen ein Leck hat. Während Bernd in Kars den Tank ausbaut und ein Installateur nur gerade die undichten Stellen zulötet hat ("Vorsicht, am

Rost nicht kratzen,.,"). stichelt in einer Autowerkstatt der Monteur so richtig in­tensiv auf dem ausgebauten Tank herum (so wie der TÜV hier auf der Karosserie), um auch die letzte durch Rost zugedeckte dünne Stelle zu finden. Ein echter Fachmann ‑ und das für ganze 9 DM.

Unser Father hat die Adresse der katholischen Kirche St. Mary (? ), die natürlich nicht stimmt, aber wir finden sie trotzdem. Eine pensio­nierte Nonne (aus Belgien) betreut die große Anlage ohne Gemeinde ("hin und wieder gibt es einige Soldaten, die hier Militärdienst machen" ), Father Francis liest uns teilweise auf Latein eine hl. Messe, danach finden wir dann ein sauberes kleines Hotel (an den großen Hotels gehen wir vorbei). In einem Bierlokal unterhal­te ich mich sehr gut mit Francis, obwohl er sehr konservativ aussieht, ist er in manchem doch sehr fortschrittlich. Er behauptet zwar, daß in Malta die Kirche bombig dasteht, berichtet aber auch, daß seine Unterrichtsstunden oft nicht ganz einfach sind. Als ich ihm von meinen recht merkwürdigen Erlebnissen auf Malta erzähle, ist er einigermaßen erstaunt. Immerhin habe ich von ihm zum Abrahambericht in der Bibel etwas für meinen Unterricht dazu gelernt.

Den letzten gemeinsamen Tag mit Father Francis verbringen wir nach dem Besuch der wesentlichen Kirchen und Klöster von Trabzon (kleine Hagia Sophia mit berühmten Fresken von der Erschaffung der Welt, die wir aber nicht gefunden haben, und Theokepastos‑Kloster‑Ruinen ‑ in den 20er Jahren noch "in Betrieb" ‑ mit der Quelle der ewigen Jugend, davon habe ich natürlich ge­trunken!) und dann mit einer Fahrt zum 62 km entfernten Sumela-Kloster an einem Felshang. Eine einmalige, grandiose Anlage, die bis ins 4./5. Jh.. zurückreicht!

Wie ein Schwalbennest kleben die riesigen Gebäude an der senkrecht abfallenden Steilwand. Aus der Ferne sieht alles zwar noch recht gut aus, doch  innen ist leider alles 1923 ausgebrannt, und die Touristen haben mit ihrem Gekritzel auf den herr­lichen Fresken alles noch weiter zerstört. Natürlich baden Bernd und ich noch im Bach im Tal, unseren Father setzen wir dann auf der Straße nach Erzurum ab, er findet auch gleich einen Bus. In Trabzon entdecke ich noch in einer Gasse im Zent­rum die Ofenbauer ‑ und bei einem Preis vom DM 70 kann ich nicht widerstehen, wir haben ja noch auf der ganzen Rückbank Platz. Ein tolles Souvenir nehme ich so vom Schwarzen Meer ganz im Osten mit ‑ wer hat schon einen handgemachten Ofen aus Trapezunt! Wir können uns schwer trennen von der schönen Stadt, gehen noch Fisch essen, trinken noch ein Bier (d.h. jeweils ich, Bernd ist nicht so dafür) ‑ und dann geht's zum Schiff. Leider haben wir keine Kanine mehr bekommen, aber es ist ja warm und wir haben wieder Decken und Matten, um auf Deck zu schlafen.

Für wie 1200 km (Landstrecke) zahlen wir zu zweit inklusive Auto DM 100,‑ ‑ weniger als der Sprit kosten würde! Zum ersten Mal erlebe ich auf einem Schiff, daß das Auto festgezurrt wird, das kann ja heiter werden... An Bord treffen wir auch bald einige nette Engländer, die im Gebirge bei Trapezunt gewandert sind, und zum Glück hatten wir uns in Trapezunt auch noch mit einigen Flaschen Wein eingedeckt. An Bord ist so etwas immer relativ teuer..

Wir fahren insgesamt 2 Nächte und einen Tag. Am folgenden Tag wird am Nachmittag der Swimmingpool an Deck aufgefüllt und vor allem die Engländer und wir beide nutzen die Gelegenheit zum letzten Bad im Schwarzen Meer! Bernd entdeckt die passende Wettkampfart für das Minibecken vor den zahlreichen Zuschauern: Hin‑ und Hertauchen ohne Luft zu schnappen; das ist wenigstens eine Wettkampfart, bei der ich wenigstens durch mein Alter nicht nur nicht benachteiligt, sondern sogar bevorzugt bin (ich schaffe 3 1/2 Runden ‑ ich glaube, keiner schafft mehr). Am 3. Tag dann Einfahrt in den Bosporus und die einzigartige Gelegenheit, den Bosporus auf voller Länge bis zum Schwarzen Meer zu durchfahren, ansonsten gehen die Bosporusschiffe nicht so weit.

In Istanbul kaufen wir noch einige Kleinigkeiten, ich eine „verschärfte'' Lederjacke (mit ausreißbaren Ärmel) und ein Lacoste‑Hemd (Originalnachahmung...), Bernd eine Lederhose ‑ und weiter geht´s in Richtung Bulgarien, zum Glück hatten wir uns in Bukarest schon ein Doppeltransivisum besorgt. Unterwegs decken wir uns noch mit herrlichen Melonen ein und verbringen auch bald hinter Edirne kurz vor der Grenze noch eine Nacht. Wir wollen unser 30 Stunden gültiges Transitvisum so gut wie es geht ausnutzen und noch einen Abstecher zum Rilakloster im Gebirge südlich von Sofia machen.

Die Grenzkontrolle geht extrem schnell, wir werden fast durchgewunken ‑ kein Vergleich mit der Hinfahrt. Allerdings bekommen wir ein Hinweisblatt, daß wir die Transitstrecke nicht verlassen dürfen, nicht an "falschen“ Stellen anhalten dürfen usw. aber wir "wollen'' ja gar nicht die Transitstrecke in Richtung Belgrad benutzen! Wie stark kontrolliert wird, erfahren wir bald, als wir an einem Brunnen nur einmal Wasser trinken wollen, der Halteplatz ist versperrt und als wir davor halten, kommt auch gleich ein Polizist auf einer recht leichten BMW‑Maschine! Wir lassen uns aber nicht von unserem Vorhaben „Rilakloster“ abbringen und probieren in Plovdiv schon einmal die Ausfahrt, kein Problem. Also Stadtbesichtigung! Schöne Riste eines römischen Theaters (wird heute noch benutzt), und weitere Ruinen. In einer Kirche erleben wir eine Taufe: das Kind wird splitternackt ins Taufbecken gestellt und der Pope übergießt es mit Wasser, das er mit dien Hand aus dem Becken schöpft, ja man sieht´s, es ist ein Mädchen. Plovdiv ist eine schöne Stadt, wenigstens im Zentrum, wir treffen auch einige junge Mitteldeutsche.

Und auch die Fahrt ins Gebirge ist lohnenswert, gegen Abend kommen wir ins Rilakloster und können noch gerade den Innenhof sehen, eine riesige Anlage vor allem aus dem letzten Jahrhundert: das kulturelle Zentrum Bulgariens. Wieder treffen wir einige Studenten aus Mitteldeutschland, sie halten uns offenbar für doof (!), als sie meinen, wir wüßten sowieso nicht, wo das liegt, wo sie her kämen (Ilmenau).. Von Bulgaren werden wir zu einem tollen Picknick eingeladen, ein ganzes Schaf ist geschlachtet und wird auf einer Parkplatzwiese gebraten und gekocht. Von meinem türkischen Wein stifte ich 3 Flaschen und werde auch meine Digitaluhr los, da darf man dann auch nicht so geizig sein! Leider gibt es erhebliche Verständigungsschwierigkeiten, nur unsere Freunde aus Ilmenau können sich auf Russisch verständigen. Die Nacht ist etwas unruhig ‑ nicht weit von unserem Zelt feiern die Bulgaren die ganze Nacht. Einer der Bulgaren hatte uns übrigens über die Situation etwas aufgeklärt: sie seien eigentlich Türken und würden von der .Minderheit, den nichttürkischen Bulgaren unterdrückt. Daher auch das Problem mit der Transitstrecke, die Behinderungen gelten vor allem für die durchreisenden Türken.

Auch die Ausreise aus Bulgarien klappt vorzüglich, erst hinter der jugoslawischen Grenze kommt es zu einem leichten Stau, well die Leute einfach nicht weiterfahren. In Jugoslawien besuchen wir ‑ wie kann es anders sein ‑ noch zunächst zwei Klöster: mehr aus Zufall das Kloster Ravanica (1381), wo die Nonnen gerade eine Andacht halten „gospodi pomilju" (Herr erbarme ich) verstehe ich, sehr stimmungsvoll ‑ , und weiter von der Autobahn entfernt Manasija (mit starker Festungsmauer). Beim ersten Kloster zeigt uns ein Jugoslawe den Eingang zu einer Höhle, die 47 km lang sein soll (leider keine Zeit!).

Den Rest Jugoslawiens schaffen wir mit einer Übernachtung problemlos, in Zagreb decken wir uns noch mit Alkoholika ein (so auf dem Markt Slivovitz von einer Bäuerin in Cola‑Flaschen für 3 DM/Liter). In Österreich wählen wir die Route über Eisenerz (Führung durch den Erztagebau)

und Admont (berühmte barocke Klosterbibliothek). In Freilassing (bei Salzburg) auf bayrischer Seite besuchen wir meinen Cousin H.J., der dort eine gut gehende Praxis als Heilpraktiker hat, dann Prien und Herrenchiemsee (Schloß Ludwig II.), Stiftskirche Weyarn und schließlich zu Freunden nach Biberach. Beim TÜV, den wir gleich dort erledigen wollen, fallen wir mit Pauken und Trompeten durch, fahren noch zur Wallfahrtskirche Steinhausen (schönste Dorfkirche der Welt), und dann geht's nach Hause. Unsere Mädchen sind auch schon eingetrudelt bzw. trudeln etwa mit uns ein, U. per Flugzeug und Elke per Bus und Schiff von Rhodos aus. Auch sie sind zufrieden.

(Website basisreligion mit basislexikon, basisdrama, basisgesprächen, basisreisen)